(maw) Wer war zuerst da – der Chirurg oder der Anästhesist? Eine von vielen Fragen, die bei der Verabschiedung in den Ruhestand des Chefarztes der Anästhesie am Krankenhaus St. Josef, Dr. Julian Köhler, humorvoll gestellt und auch beantwortet wurden. Eine andere: Welches Gewerbe ist nun wirklich das älteste der Welt? Der Chirurg und Leitende Oberarzt Dr. Anton Götschl beantwortete beide Fragen schlüssig und – wie es sich für ein katholisches Krankenhaus gehört – unter Zuhilfenahme der Bibel. Da steht nämlich im 1. Buch Mose: „Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm seiner Rippen eine und schloss die Stätte zu mit Fleisch. Und Gott der Herr baute ein Weib aus der Rippe. . .“
Ganz klar: Gott war also zuerst als Anästhesist und erst danach als Chirurg tätig. Womit auch bewiesen wäre, dass die Kunst der Narkotisierung das älteste Gewerbe der Welt ist und nicht das horizontale. Dieser biblische Exkurs in Götschls mit Rockmusik und Woodstock-Videos garnierter Power-Point-Biografie blieb allerdings die einzige Anspielung auf das Klischee des Halbgottes in Weiß – alle Redner würdigten Köhler als humorvollen, offenen und aufmerksamen Kollegen und Vorgesetzten.
Dr. Michael Mildner, Ärztlicher Direktor der Klinik, berichtete, wie der Anästhesiechef „manchen Konflikt mit treffenden Kommentaren und manchmal nicht ganz ernst gemeinten Ratschlägen auf einfache Art und Weise entschärfen“ konnte. „Bösartigkeit lag dir dabei immer ferne.“ Mildner schloss mit dem vielleicht größten Kompliment, das man einem scheidenden Kollegen machen kann: „Die Zeit mit dir als Chef war für uns alle eine sehr gute Zeit.“
Eingangs hatte Krankenhausdirektor Martin Stapper Köhlers über 30-jähriges Engagement in St. Josef gewürdigt. Immer sei ihm die motivierende Führung der Mitarbeiter gelungen – „durch die Unruhen, die Umbaumaßnahmen, Umzüge, Strategiewechsel, wechselnde Chefärzte mit ihren individuellen Anforderungen an den Dienstleister Anästhesie, wechselnde Krankenhausleitungen und veränderte gesetzliche Anforderungen“. Mit Zitaten aus Songs von Joe Cocker – „im OP gilt wegen der Hygiene: You can leave your hat on (die Haube bleibt darauf)“ – leitete Stapper schließlich zu einem der Abschiedsgeschenke für den Rockfan Köhler über: zwei Eintrittskarten für das Joe-Cocker-Konzert am 18. August in Coburg. Generaloberin Schwester Juliane Friedrich von den Würzburger Erlöserschwestern dankte Köhler für Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein und wünschte ihm, er möge jetzt all das genießen können, wofür bisher keine Zeit war.
„So, dann ist's an mir“, sagte Julian Köhler und trat ans Pult, um für all die Würdigungen zu danken. Vor allem aber seinem Team dafür, „dass ich nach 30 Jahren ohne schwere Vorkommnisse, ohne Gerichtsprozess, ohne Hadergasse aus diesem Beruf aussteigen kann“. Und das, obwohl man in den 30 Jahren – rein rechnerisch – jeden Bewohner Schweinfurts „zweieinhalb Mal schlafen gelegt“ habe. Dank der Sorgfalt aller Mitarbeiter sei das Risiko von Narkosen heutzutage beherrschbar – bis auf „schicksalhafte Ereignisse“, so Köhler nachdenklich. Deshalb auch sei es wichtig, dass die hohen Sicherheitsstandards nicht durch Sparmaßnahmen in den Kliniken unterlaufen würden. „Was das Schicksal anbelangt: Jeder ist seines Glückes Schmied“, so Köhler.