In einigen Wochen beginnen im AWO-Kindergarten am Bergl die Arbeiten für einen Anbau. Endlich soll es genug Platz für die Krippenkinder ab einem Jahr geben, von denen bisher nur wenige aufgenommen werden konnten. „Das ist der neue Weg, wir müssen dabei sein“, sagt Renate Koch und hat für einen Moment wohl vergessen, dass sie selbst nicht mehr dabei sein wird. Nach 42 Jahren als Kindergärtnerin bei der Arbeiterwohlfahrt, davon 37 Jahre als Leiterin in der Hermann-Barthel-Straße, geht Renate Koch in den Ruhestand.
Noch während die Gäste der Abschiedsfeier, bepackt mit Blumen und Geschenken, eintreffen, zeigt sie den Platz für die zwei neuen Gruppenräume. „Schade, dass ich das nicht mehr erlebe“, sagt sie. Die Bemerkung aus der Runde von Kollegen und Familienmitgliedern, auf den Baustress könne sie doch gut verzichten, winkt sie ab. Das hätte sie nicht gestört. Ihr war immer wichtig, neue Wege zu gehen, auch wenn die erst einmal unbequem waren.
Als Renate Koch vor 37 Jahren als frischgebackene Leiterin den Neubau ihres Kindergartens mitplanen durfte, galt der als einer der modernsten in der Stadt. Es gab Platz zum Turnen und sogenannte Intensivräume, in denen Kinder einzeln oder in kleinen Gruppen gefördert werden konnten. Damals ahnte man noch nicht, wie sehr gerade ein Kindergarten wie dieser die Möglichkeiten zur intensiven Förderung brauchen würde. Ab den 1980er Jahren war jede Zuwandererwelle am Bergl spürbar. Es gab Zeiten, in denen Kinder aus elf Nationen in den Kindergarten kamen. „Jeder Tag brachte eine neue Herausforderung“, sagt Renate Koch. Am schlimmsten sei die Erfahrung mit Kindern aus dem Kosovo gewesen, die Gewalt erfahren hatten.
Lange bevor Deutschkurse offiziell gefördert wurden, bevor es Unterrichtsmaterialien und Kurse für die Erzieherinnen gab, war Renate Koch und ihren Kolleginnen klar, dass diese Kinder erst einmal Deutsch lernen und etwas über das neue Land, in dem sie nun lebten, erfahren mussten, um später in der Schule eine Chance zu haben. Daraus entwickelten sich Projekte, die die Eltern miteinbezogen, wie „Mama lernt Deutsch“.
Mit dem Kindergarten- und Betreuungsgesetz von 2005 habe dieser Prozess der Weiterentwicklung einen Namen bekommen, sagt Renate Koch. Sie stand immer hinter den Veränderungen. Das wird bei der kleinen Abschiedsfeier deutlich, bei der AWO-Vorsitzender Werner Bonengel und Geschäftsführerin Helga Königer ihr Wirken würdigen. Einige Mütter sind gekommen und etliche Vertreterinnen der benachbarten Kinderpflegeschule, mit der eine enge Zusammenarbeit gepflegt wird. Endlich dürfen auch die Kinder, die wochenlang heimlich geprobt haben, ihre Lieder singen und Geschenke überreichen.
Die neue Leiterin des Kindergartens ist Eleonore Schaller. Renate Koch hat sich für den Ruhestand einiges vorgenommen. Sie wird endlich Zeit zum Reisen haben und für ihr ehrenamtliches Engagement als Frauenbeauftragte des Deutschen Schützenbundes.