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Schweinfurt: Roadmovie über Holocaust-Überlebenden im KuK

Schweinfurt

Roadmovie über Holocaust-Überlebenden im KuK

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    Thomas Keller mit dem Plakat zum Film "Der letzte Jolly Boy".
    Thomas Keller mit dem Plakat zum Film "Der letzte Jolly Boy". Foto: Susanne Wiedemann

    Leon Schwarzbaum ist 98. Er hat lange geschwiegen. Aber nach dem Tod seiner Frau hat er angefangen zu erzählen. Von den Konzentrationslagern Auschwitz, Buchenwald, Sachsenhausen. Von der Ermordung seiner Familie. Vom Todesmarsch, kurz vor Kriegsende. Warum er erzählt? Damit die Erinnerung bleibt, damit die Wahrheit am Leben bleibt, sagt Kameramann Thomas Keller, der zusammen mit Regisseur Hans-Erich Viet ein Roadmovie mit Leon Schwarzbaum gedreht hat. Titel: "Der letzte Jolly Boy."

    Warum ein Roadmovie? Keine  Dokumentation? Nach einem Gespräch mit Leon Schwarzbaum in Berlin, wo er seit dem Kriegsende lebt, sei klar gewesen: "Das müssen wir erzählen". Und zwar nicht, indem Schwarzbaum einfach dasitzt und in die Kamera spricht. Stattdessen ist ein "ein Mensch-läuft-rum-und-geht-an-Orte-Film" entstanden. Ein besonderer eben, ein ungewöhnlicher, sagt Keller.      

    Als 17-Jähriger mit den Jolly Boys Swing gespielt  

    Die beiden begleiten in diesem Film, der 2018 in die Kinos kam, Schwarzbaum zu den Stationen seines Lebens.  Der Film "Der letzte Jolly Boy" ist am Dienstag, 7. Mai, um 19 Uhr im KuK in der Ignaz-Schön-Straße in Schweinfurt zu sehen. Mit dabei: Keller, Viet und Schwarzbaum. Keller war es wichtig, den Film, der ihm so wichtig ist, auch in seiner Heimatstadt Schweinfurt zu zeigen. Der Titel ist eine Erinnerung an eine unbeschwerte Station Schwarzbaums: Die Jolly Boys waren die Band, in der er als 17-Jähriger mit drei Freunden in seiner Heimatstadt Bedzin in Polen amerikanischen Swing spielte. Mit 20 kam Schwarzbaum ins KZ.   

    Wenn Thomas Keller über den Film spricht, gibt es Momente, die ihn noch heute betroffen machen und ihm zeigen, wie wichtig es war, so viel Arbeit in dieses Projekt zu stecken. "Da kriege ich Gänsehaut." Große Unterstützung gab es für den etwas anderen Dokumentarfilm übrigens nicht: "Nicht schon wieder ein Film über Auschwitz", das bekam das Team öfter zu hören, als es sich um die Finanzierung bemühte.

    Nebenkläger im Prozess gegen SS-Mann

    Das hat die  Mannschaft aber nicht davon abgehalten. "Es ist schon fast eine moralische Pflicht, diesem Menschen zu helfen", sagt Keller. Die Reise mit Schwarzbaum hat ihn beeindruckt, geprägt. Das Team hat Schwarzbaum begleitet, als er im Gericht als Nebenkläger den Prozess gegen den SS-Mann Reinhold Hanning verfolgte, der Dienst hatte, als 35 Mitglieder seiner Familie ermordet wurden. "Die kamen von der Rampe direkt ins Gas". Vergeben kann und will Leon Schwarzbaum diesem Mann nicht.

    "Aber er trägt keinen Hass in sich." Das beeindruckt Thomas Keller sehr. Wahrscheinlich, weil er und seine Familie selbst Opfer von Hass waren. Und Hass schließlich auch einen selbst zerstört, überlegt Keller. "Ich wollte einfach nur leben", hat er einmal auf die Frage geantwortet, wie er es geschafft hat, weiterzumachen.

    In Auschwitz steht noch die Baracke 

    Auf der Reise mit dem letzen Jolly Boy standen sie in Auschwitz in Schwarzbaums ehemaliger Baracke. Block 11, ganz weit hinten. Es war ein heißer Tag, Keller machte sich Sorgen um den alten Mann. Er wollte ihn mit dem Auto abholen, um ihm den beschwerlichen Rückweg zu ersparen. Das wurde aber nicht erlaubt. Keller fand das empörend, Schwarzbaum legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: "Thomas, das schaffe ich auch noch."         

    Keller, Viet und Schwarzbaum zeigen den Film oft in Schulen, diskutieren nachher mit den Schülern. "Die Leute sind sehr, sehr berührt." Auch nach der Vorstellung in Schweinfurt ist Zeit zum Reden. "Meist dauert das ewig", sagt Keller. Er freut sich darauf. Leon Schwarzbaum sicher auch. Schließlich hat er lange gebraucht, um die Energie zu finden, zu reden und zu erinnern. Sich und andere. 

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