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Schweinfurt: Schlaganfall-Risiko durch Vorhofflimmern

Schweinfurt

Schlaganfall-Risiko durch Vorhofflimmern

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    Den Herzrhythmus kann man heute auch schon per Smartphone messen. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Knapp zwei Millionen Bundesbürger leiden darunter.
    Den Herzrhythmus kann man heute auch schon per Smartphone messen. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Knapp zwei Millionen Bundesbürger leiden darunter. Foto: Preventicus GmbH

    Als Novum für Schweinfurt bezeichnete Prof. Dr. Karl Mischke, Chefarzt der Medizinischen Klinik I im Leopoldina, den Auftritt von gleich vier Kardiologen bei dem Arzt-Patienten-Seminar "Vorhofflimmern und Gerinnungshemmung".

    "Sie sollen gesundheitlich gut versorgt werden", wandte sich Mischke bei seiner Begrüßung an die mehr als 300 Zuhörer im Evangelischen Gemeindehaus, "deshalb diese enge Zusammenarbeit mit meinen Kollegen". Neben ihm auf dem Podium die Kardiologen Jochen Genzel (MVZ Leopoldina), Dr. Marc-Alexander Katz und Hartmut Schätzlein (Ambulantes Herzzentrum).

    Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung, an der mehr als 1,8 Millionen Menschen in Deutschland erkrankt sind, beginnt Jochen Genzel. Er erläutert Aufbau und Funktion des Herzens und den normalen Sinusrhythmus von etwa 60 bis 100 Herzschlägen pro Minute. Beim Vorhofflimmern entstehen in den Herzvorhöfen eigene Impulse: Erregungswellen mit einer Flimmerfrequenz von bis zu 350 Schlägen pro Minute. Sie werden zwar vom AV-Knoten reduziert, trotzdem entsteht eine ungeordnete Herzschlagfolge mit bis zu 160 Schlägen pro Minute. Dadurch können Blutgerinnsel entstehen, die zu einem Schlaganfall führen können (Blutverdünnung erforderlich).

    Ursachen, Auslöser und Beschwerden

    Das Risiko für Vorhofflimmern steigt mit dem Alter: Bei Menschen unter 50 Jahren liegt die Häufigkeit bei unter 1 Prozent, bei den über 60-Jährigen liegt sie bei 4 bis 6 Prozent, und bei den über 80-Jährigen bei 9 bis 16 Prozent. Als mögliche Ursachen für VHF nennt Genzel: Hoher Blutdruck, andere Herzkrankheiten, Schilddrüsenüberfunktion, Übergewicht, Diabetes, chronische Lungenerkrankungen, Schlafstörungen, chronischen Alkoholmissbrauch. Auslöser können sein: Alkohol, Schlafentzug, Stress, Koffein. Beschwerden sind Herzstolpern, Druckgefühl im Brustkorb, Angst, Atemnot, Schwindel. "Bei diesen Beschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen", empfiehlt Genzel. Da gerade ältere Menschen keine VHF-Symptome spüren, sei bei ihnen die Diagnose schwierig.

    "Wie erkennt der Arzt Vorhofflimmern?" fragt Hartmut Schätzlein: EKG, Langzeit-EKG, externe oder implantierbare Ereignisrekorder für kurze oder dauernde Überwachung. Zunehmend können auch spezielle Apps auf Smartphones komplette Elektrokardiogramme über Oberflächen-Elektroden ableiten. Ist Vorhofflimmern diagnostiziert, geht es zunächst um die Behandlung der Begleiterkrankungen, die unter "Ursachen" bereits erwähnt wurden.

    "Rhythmus-Medikamente (Antiarrhythmika) sind ein zentraler Baustein der VHF-Behandlung", erklärt Schätzlein: Sie können das Auftreten von VHF (zumindest teilweise) verhindern, können die Symptome vermindern, können Herzschwäche bessern und das Schlaganfallrisiko reduzieren. Die Ersteinstellung einer medikamentösen Behandlung sollte nach Absprache mit dem Patienten im Krankenhaus durch einen Kardiologen erfolgen, regelmäßige EKG-Kontrollen dann beim Hausarzt oder Kardiologen.

    Schutz durch Gerinnungshemmer

    Dr. Marc-Alexander Katz erläutert das Thema "Gerinnungshemmung bei Vorhofflimmern". Blutgerinnsel sind die größte Gefahr für VHF-Patienten, doch nicht alle haben das gleiche Risiko. Diese Risikofaktoren sind im so genannten CHA2DS2-VASc Score erfasst: Herzschwäche (1 Punkt), Bluthochdruck (1), Alter über 75 Jahre (2), Diabetes (1), Schlaganfall, Thromboembolie, TIA (2), Gefäßerkrankung (1), Alter 65 - 74 (1), weibliches Geschlecht (1). Bei männlichen Patienten wird eine Gerinnungshemmung mit einem Score von 2 und höher empfohlen, bei weiblichen Patienten bei einem Score von 3 und höher.

    Marcumar oder die neuen Gerinnungshemmer (NOAKs)? Ausführlich zeigt Katz anhand von internationalen Vergleichsstudien, Tabellen und Grafiken das oft emotional geführte Pro und Contra dieser beiden Möglichkeiten zur Gerinnungshemmung auf. Marcumar sei unverzichtbar bei Patienten mit mechanischen Herzklappen sowie bei mittleren und schweren Verengungen der Mitralklappe. Katz empfiehlt den Patienten, die zufriedenstellend auf Marcumar eingestellt sind und ausreichend kontrolliert werden, bei diesem Blutverdünner zu bleiben. Bei einer Neueinstellung dagegen wären die neuen, einfacher zu handhabenden Blutverdünnungs-Medikamente (Xarelto und andere) sinnvoll.

    Wenn Medikamente nicht helfen

    Über die Möglichkeiten, Vorhofflimmern mit einer Kardioversion oder einer Katheterablation zu beenden, spricht abschließend Prof. Mischke. Eine Kardioversion ist angezeigt bei deutlichen Beschwerden während des ersten Auftretens von anfallsweisem VHF und bei anhaltendem VHF, um den Sinusrhythmus (60-100 Schläge pro Minute) wieder zu erreichen. Diese Methode kann mit Rhythmusmedikamenten oder mit einem kurzen Elektroschock durchgeführt werden. Dies sei eine Akutbehandlung, sie verhindere nicht, dass erneut VHF auftritt.

    Eine Alternative ist die Katheterablation, die gezielte Verödung von Herzzellen im Bereich der Vorhöfe mit Hochfrequenzstrom oder Kälte. Diese Möglichkeit kommt Patienten zugute, die trotz Behandlung mit Rhythmusmedikamenten unter deutlichen Beschwerden leiden, aber auch jüngeren, sonst gesunden Patienten. In 70 Prozent kann anfallsweises VHF beseitigt werden, häufig muss ein zweiter oder dritter Eingriff erfolgen. Bei anhaltendem VHF ist die Erfolgsrate geringer.

    Das Endergebnis der Behandlung lässt sich erst nach drei Monaten sicher abschätzen. Mischke nennt auch die Komplikationen dieses Eingriffes: Schlaganfall (Risiko unter 1 Prozent), Blutung in den Herzbeutel (1-1,5 Prozent), Einengung Lungenvenen (Risiko weniger als 1 Prozent), Blutung Punktionsstelle in der Leiste (Risiko etwa 2 Prozent). "Leider ersetzt die Katheterablation die Notwendigkeit der Gerinnungshemmung nicht", räumt Mischke ein.- Nach den vier Referaten beantworteten die Kardiologen die Fragen der Zuhörer.

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