"Zuletzt standen wir auf dem Grundstück und haben uns gefragt, wo denn die Kräne bleiben", erzählt Theresa Schefbeck. Zusammen mit Christian Kern - wie sie Schweinfurter und wie sie Architektur-Student an der Weimarer Bauhaus-Universität - hat sie sich zwei Semester lang so intensiv mit dem Gelände längs der Friedrich-Ebert-Straße befasst, dass die beiden schließlich unwillkürlich jeden Moment mit dem Anrücken der Bagger rechneten.
Doch auch wenn die angehenden Architekten bei ihren Gesprächen mit Vertretern von Stadt und Industrie auf eine Menge Zustimmung und Unterstützung für ihre Ideen stießen, so werden ihre Pläne doch eine akademische Übung bleiben.
Dabei klingt das Großprojekt durchaus schlüssig. In einer ersten Analyse des Standorts und seines Umfelds haben Schefbeck und Kern herauszufinden versucht, was Schweinfurt fehlt. Die Antwort: ein aktives Bindeglied zwischen Fachhochschule und ortsansässiger Industrie. Der Bekanntheitsgrad der Stadt als hervorragender Studienort sei eher "unterdurchschnittlich".
"Stadt, Fachhochschule und Industrie könnten mehr tun, um die FH bundesweit und international bekannter zu machen", sagen Schefbeck und Kern. Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass viele der Studenten aus Schweinfurt und Umgebung kommen. "Wer von außerhalb will schon in Schweinfurt studieren? Hier fehlt einfach die studentische Infrastruktur. Und wer von zu Hause weggeht, der möchte eher in einer größere Stadt", sagt Theresa Schefbeck.
Die Abhilfe: Der Grüne Markt, derzeit Eigentum der WAG, wird Standort eines "Kooperationszentrums FH". Dieses wäre keine Campus-Erweiterung der Fachhochschule, sondern eine gemeinsame Einrichtung von FH, Stadt und Industrie. Hier sollen angehende Ingenieure wohnen und arbeiten. Industrie und Fachhochschule würden Entwicklungsaufträge ausschreiben, die hier umgesetzt werden könnten - idealerweise von international besetzten Teams, die sich hier in WGs auf Zeit zusammenfinden könnten.
Drei Baukörper haben Theresa Schefbeck und Christian Kern entworfen: Längs der Friedrich-Ebert-Straße, gegenüber der Kilianskirche, das "Studentenhaus". Der dreigeschossige Quader beherbergt Service-Einrichtungen wie Studien- oder Bafög-beratung, ein Café - der bislang in Schweinfurt fehlende studentische Treffpunkt -, und zwei Geschosse voller Arbeitsräume mit versetzbaren Wänden, vom Studierzimmer für zwei Personen bis zum Vortragssaal. Die bauliche Ausführung hat Jürgen Hauck betreut, der in Grafenrheinfeld ein Architekturbüro hat und zusätzlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl "Entwerfen und Baukonstruktion" an der Bauhaus-Universität Weimar arbeitet.
Zwei weitere - ebenfalls quaderförmige - Gebäude entstehen hinter dem Studentenhaus, die Projekthäuser. Sie enthalten zwei beziehungsweise vier Wohnungen für maximal je vier Personen. Schefbeck und Kern haben große, offene Räume gezeichnet, erhellt von Glaswänden bis unter das Dach, die das gemeinsame Leben und Arbeiten fördern würden. Privatsphäre bieten Kuben für jeden Bewohner, die in der offenen Konstruktion unter dem Dach hängen.
Gestalterisch merkt man den Plänen die Herkunft ihrer Schöpfer an: Bauhaus-typische Strenge der Formen, sorgfältig gewählte Materialien. So haben Theresa Schefbeck und Christian Kern Fassaden aus Polykarbonat erdacht, einem milchig-durchscheinenden Kunststoff, der dank seiner Wabenstruktur stabil, leicht, gut isolierend und vor allem preiswert ist. Zur Friedrich-Ebert-Straße hin könnte man seine transparente Eigenschaft für Licht-Akzente nutzen.
Planen und Bauen müsste ein solches Projekt ein Runder Tisch aus Stadt, FH und Industrie, so der Vorschlag der Architektur-Studenten. Die Investitionskosten könnten bis zu 80 Prozent mit Fördergeldern bestritten werden, weiteres Geld könnte eine Stiftung aufbringen. Teil der Semester-Arbeit ist auch ein ziemlich detaillierter Kostenplan - von den Bau- bis zu den Betriebskosten. Erstere würden sich auf 5,5 Millionen Euro belaufen, letztere könnten aus Einnahmen von 7600 bis 10 000 Euro monatlich bestritten werden. Denn neben den Sach- und Geldleistungen der Träger würden die Projekthäuser und die Tiefgarage Miete bringen, das Café Pacht.

Ob sie bedauern, dass ein so akribisch durchdachtes Konzept Fiktion bleiben wird? Ja, schon, sagen Theresa Schefbeck und Christian Kern. Aber einerseits fühlen sie sich noch nicht so weit, die Verantwortung für ein solches Großprojekt zu übernehmen. Und andererseits sind sie schon an der nächsten Sache dran: Ein Industrie-Museum für Schweinfurt.