Mit der Natur erwacht im Frühling ein summender Superorganismus. Die Bienen schwärmen zwecks Bestäubung hinaus auf blühende Wiesen. Gerd Götz, Vorsitzender sowohl des Schweinfurter Imkervereins wie des Kreisimkerverbands, spricht sogar von "dem Bien". Das wuselnde, schwirrende Honigsammler-Völkchen gilt manchen Forschern tatsächlich als einziges, hochkomplexes Wesen, mit der Königin als Kopf, ihren Drohnen und Arbeiterinnen quasi als (Staats-)Organen.
Seit 150 Jahren beschäftigt sich der Bienenzuchtverein Schweinfurt mit der emsigen Schwarmintelligenz von nebenan, die sich am Erdmagnetfeld orientiert oder mit Hitzekugeln gegen Eindringlinge wehrt. Eine kleine Ausstellung würdigt die Geschichte des Vereins, hinter den Schaufenstern eines ehemaligen Nähmaschinengeschäfts in der Oberen Straße 13, wo demnächst das Kulturforum gebaut werden soll.
Gründung des Imkervereins schon 1872
Der Pulverdampf der Reichsgründung war gerade erst verflogen, als sich Imker aus "Schweinfurt und Umgegend" zusammenschlossen. Darüber berichtete "Die Biene", Sprachrohr des Unterfränkischen Bienenzüchter-Vereins. Rund 40 Bürger trafen sich am 17. April 1872 zur Gründung in der "Schads Schanze", einer lauschigen Gartenwirtschaft an Stelle des späteren Saalbaus Mayer, des heutigen Theaters. Zum Ersten Vorsitzenden wurde Sattlermeister Wilhelm Pfirsch gewählt, Kassier war der Fabrikant und Magistratsrat Friedrich Herding.

Nach urtümlich-mystischer Zeidlerei im Mittelalter, dem Sammeln von Honig halbwilder Waldbienen, hielt zu dieser Zeit schon die Wissenschaft im Bienenstock Einzug. August von Berlepsch hatte 1853 das moderne Wabenrähmchen eingeführt, mit dem sich Honig ernten lässt, ohne die "Beute", den Bau, zu zerstören. Im gleichen Jahr war ein Mittüftler, der "schlesische Bienenvater" Johann Dzierzon, auf die Parthenogenese bei Bienen gestoßen. Der Geistliche deutsch-polnischer Abstammung hatte festgestellt, dass männliche Drohnen vaterlos aus unbefruchteten Eiern schlüpfen.
"Mobilbau" erleichterte Trennung von Volk und Bau
Die "gotteslästerliche Behauptung" einer Jungfrauengeburt im Bienenstock hatte noch für einen handfesten Skandal und Konflikt mit seiner Kirche gesorgt. 1872 erhielt Dzierzon dafür höhere akademische Weihen, als Ehrendoktor der Universität München. Die Einführung des "Mobilbaus" war ein erklärtes Ziel des jungen Schweinfurter Vereins: Dank beweglicher Waben ließ sich Volk und Bau leicht trennen oder beobachten.
Rund um die Stadt gab es "Konkurrenzvereine", etwa rund um Kloster Heidenfeld, Sennfeld, Hesselbach, Grafenrheinfeld oder Röthlein, die nach und nach im Stadtverein und später im Kreisverband aufgingen. Zu diesem zählen heute neben Schweinfurt noch Gerolzhofen und Schonungen. In der Ausstellung sind eine Honigschleuder von 1900 und andere Geräte ebenso zu sehen wie ein Schutzanzug oder Zeitungsartikel. 1917 mussten die Imker ihre Produkte an den weltkriegführenden Staat abgeben: Honig diente auch zur Wunddesinfektion. Zucker war rar, Wachs sollte der Schmierstoff-Produktion dienen, teilweise auch hochexplosiven, stoßempfindlichen Sprengstoff für die Lagerung "zähmen".

In der NS-Zeit wurden die Züchter in der "Reichsgruppe Imker" gleichgeschaltet. Am 12.Juni 1946 kam es zur Neugründung des Vereins, in der "Herzogbrauerei" am Zürch. Das einst altväterliche Image von "Biene Maja" hat sich zwischen dem Buch (1912) und der TV-Serie der 70er stark gewandelt. Heute geht es vor allem um Aufklärung, Naturschutz, Kurse und Imagewerbung. Nur das Einheits-Honigglas im Design von 1926 ist geblieben.
"Imkern ist voll im Trend."
Gerd Götz,Vorsitzender des Schweinfurter Imkervereins
Über Nachwuchssorgen kann der Röthleiner Götz jedenfalls nicht klagen: "Imkern ist voll im Trend." Der Schweinfurter Verein steuert derzeit die Marke von 200 Mitgliedern an. Dazu zählen allein dreißig Jungimker. Immer häufiger widmen sich Frauen dem Hobby, das früher als reine Männersache galt und gerne von Pfarrern oder Lehrern betrieben wurde: "Die haben ihr Wissen nicht weitergegeben."
Schwarzimker schwirren unter dem Radar
Heute seien eher "Schwarzimker" das Problem: nicht angemeldete Züchter, deren Bienen gewissermaßen unter dem Radar schwirren, wenn es um meldepflichtige Krankheiten wie die Faulbrut geht. Die parasitäre Varroamilbe und invasive Arten wie die asiatische Hornisse setzen heimischen Immen heute ebenfalls zu. Bis kurz vor die Alpen ist der kleine Beutenkäfer vorgedrungen, dessen Larven Waben zerfressen.
Auf der anderen Seite wächst das Bewusstsein der ökologischen Bedeutung von "Apis mellifera", der westlichen Honigbiene, die anders als die Wildbiene nicht bedroht ist. Spätestens seit dem bayerischen Volksbegehren von 2019 sind Blühwiesen statt Schottergärten im Trend. Der Verein hat einen Lehrbienenstand bei Schleerieth und beteiligt sich am digitalen Projekt TrachtNet, der Online-Verwiegung von Bienenstöcken. 1972, in der Festschrift zur Hundertjahrfeier, hatte ein Kommunalpolitiker noch festgestellt, dass bei der Bienenzucht die Freude höher eingeschätzt werde als der Nutzen. Heutzutage gelten die Nutzinsekten bereits als überlebenswichtig für die Natur und damit die gesamte Menschheit.