Schweinfurt
(ue)
Mit den Endlos-Ehren-Touren legendärer Bands ist es so eine Sache: Outet man sich schon als Grufti, wenn man einen grammyüberhäuften Gitarristen, wie Al McKay als Gott des Groove feiert? Ist man noch ein junger Schnösel, wenn man die Songs seiner Truppe „Earth, Wind & Fire“, wie „September“, „Fantasy“ , „Shining star“, „After the love has gone“ oder „Boogie Wonderland“, nicht mitsummen kann? Für eine fast volle Stadthalle hat die „Earth, Wind & Fire Experience“-Show jedenfalls gesorgt, beim größten und einzigen Konzert in Nordbayern. Die heutigen Frontmänner schauen aber auch ziemlich cool aus in ihren Glitzer-Westen: Der besonders agile „Rastaman“ Tim Owens, der smarte Claude Woods unter dunkler Kappe und der ruhelose Devere Duckett schwitzten auf der Bühne der Stadthalle im Trio. Mit an der roten Gitarre dabei: Besagter Veteran McKay, der schon vor 30, 40 Jahren Musikgeschichte schrieb.
Let's groove: Am Freitag Abend entspannte sich eine leichtfüßige, ausdauernde „Gute Laune“, Disco & Party-Choreographie, eine Reise zurück ins Goldene Zeitalter von Motown, Funk und Soul. Letzterer ist gerade wieder in, wie die Kasselerin Romana Reiff mit der Vorband bewiesen hat, Preisträgerin für das beste Soul-Album des Jahres 2009. Dann, ab halb elf, die EWF-Erfahrung. Die hellen Falsett-Stimmen der Amerikaner, a la Bee Gees, und das poppig-bunte Bühnenlicht vertreiben schnell jede Winterdepression.
Anders als die Rapper-Generation waren und sind sie mehr Typ Schwiegersohn, die „Earth, Wind & Fire“-Jungs, die auch „schwarz“ und „weiß“ unbekümmert zu einem musikalischen Cocktail verbinden. Auf der Bühne gelingt die Mischung nicht zuletzt dank des blonden Saxofonisten Ed Wynne. Der legt nicht nur beeindruckende Soli hin, sondern überzeugt auch im Duett mit der geschmeidigen Stimme Tim Owens. Dafür gibt's wahre Beifallsstürme. Eine Riesenbatterie an Technik hat die Truppe aufgebaut, mit einem Dutzend Musikern, Trompeten und Keyboards im Doppelpack, der Rest ist Traditionspflege. Im kecken Hüpfschritt geht's über die Bühne, mal werden die Köpfe zusammengesteckt, mal schwirrt die Formation auseinander, es wackeln die Hüften, Senior Al McKay lässt sich am Schluss ein bisschen feiern. Ein paar Mädels jüngeren Semesters tanzen begeistert im Publikum mit. Owens springt nach vorne auf die Verstärker, bezieht, nette Geste, auch eine Rollstuhlfahrerin vor der Absperrung mit ein.
Fast zwei Stunden vibriert so die „schwarze“ Seele des Soul. Beim Auszug haut ein begeisterter Fan seinen Idolen auf die Hände, die kommen natürlich im Gänsemarsch wieder, für die Zugabe und das Handsignieren ihrer CDs. Unter der Erde von über 40 Jahren Bandgeschichte war noch Feuer, in Schweinfurt bekam es wieder frischen Wind.