Reservisten gehören, so könnte man sagen, zu den gefährdeten Arten in Deutschland. Es gibt sie noch und sie üben auch noch, aber sie haben schwer Federn lassen müssen, wie bei der Pressekonferenz anlässlich der jüngsten Übung in Schweinfurt deutlich wurde.
Seit 1999 verbindet die Reservelazarettgruppen der Bundeswehr und das Leopoldina-Krankenhaus eine zivilmilitärische Partnerschaft, die bei Übungen im Zwei-Jahres-Rhythmus mit Leben erfüllt wurde. 2004 wurde in ganz großem Stil der Ernstfall geprobt, noch vor zwei Jahren gab es dickes Lob für das Konzept und die Ankündigung einer weiteren Übung 2008 – die zwar nun stattfand, aber unter völlig veränderten Bedingungen.
Denn Reservelazarettgruppen gibt es nicht mehr. 120 000 Mann hatten sie zu Zeiten des Kalten Krieges, wurden seitdem immer mehr reduziert und Ende 2007 ganz aufgelöst. Der kleine Rest von 4000 Mann bundesweit ist in so genannten „Verstär-kungselementen Klinik“ zusammengefasst, eine Organisationsform mit eher zivilen Strukturen, deren Chefs ganz unmilitärisch „Leiter“ heißen.
„Das ist Absicht“, sagte Oberstarzt Dr. Markus Vollmuth, stellvertretender Kommandeur des für Bayern und Baden-Württemberg zuständigen Sanitätskommandos IV. bei der Pressekonferenz im Leo. Vollmuth hatte schon in den Jahren vorher nie ein Blatt vor den Mund genommen, jetzt wurde er noch deutlicher, sprach von einer Schwächung der Reservisten. Mit Blick auf die Neufassung des Wehrpflichtgesetzes vom September 2008 sagte er: „Wir dürfen das, was wir immer schon gemacht haben, nun auch nach dem Gesetz“.
Darin stehe, dass Reservisten jetzt jederzeit zu Hilfeleistungen im Inneren (also bei Naturkatastrophen und großen Unfällen) herangezogen werden und einen solchen Fall auch üben können. Genau das hatten sie aber in den Jahren zuvor gemacht. Die Frage, ob das alles logisch sei, konnte bei dieser Pressekonferenz nicht geklärt werden.
Betont wurde jedenfalls, dass das Leopoldina das einzige Haus in Nordbayern ist, mit dem es einen solchen Kooperationsvertrag gibt, der nicht mit aufgelöst wurde, sondern auf die neue Organisationsform übertragen wird. Dieser Vertrag regelt, dass im Fall eines Falles am Leo so genannte militärische Verstärkungsmodule andocken und Verletzte versorgen können, ohne die Grundversorgung des Hauses zu gefährden.
Bei der diesjährigen Übung wurde allerdings kein Notfall geprobt. Die Ärzte und Pfleger in Uniformen klinkten sich zwei Tage lang in den normalen Klinikalltag ein und assistierten den Ärzten und Pflegern vom Leo, beschrieb es Dr. Herbert Kollaschinski, Oberstarzt der Reserve und Leiter des Verstärkungselementes Klinik. Außerdem suchten sie das Gespräch mit Vertretern des Roten Kreuzes und den Katastrophenschutzbeauftragten von Stadt und Landkreis. Die Übung sollte auch eine Demonstration sein, dass die Reservisten durchaus noch sinnvolle Aufgaben wahrnehmen können und wollen.