Dass Kleider ein Stück kulturelle Identität spenden, wird heute vermehrt beachtet. Trachten erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, gerade bei jungen Leuten. Rund um den Ellertshäuser See hat diesen Gedanken die sogenannte Ideenwerkstatt Seestern aufgegriffen, die das Ziel hat, die Orte besser miteinander zu vernetzen.
Eine eigene Tracht wäre ein weiteres Symbol der Zusammengehörigkeit, dachten sich Ute Weisensee und Alice Sterzer. Das Problem: Eine historische Tracht gab es in diesem Gebiet nicht. Also musste eine neue, auf jeden Fall fränkische Kleidung kreiert werden, mit professioneller Hilfe.
Die kam von der Schneidermeisterin Gabriele Ilius, die sich auf das Entwerfen und Fertigen von Trachten spezialisiert hat. Sie hatte in einer Trachtenschneiderei in Grettstadt gelernt, nach der Meisterprüfung den Betrieb übernommen und sich inzwischen mit ihrem Atelier in Würzburg auf Trachten- und Ledermaßanfertigungen spezialisiert. Viele Ideen holt sie sich aus historischen Darstellungen.
„Die fränkische Tracht ist eher klassisch“, erklärt die Schneidermeisterin, „in den evangelischen Gebieten dunkel bis schwarz, in den katholischen bunt und eher überladen.“ Die Schnittformen sind ähnlich, aber in den Details unterscheiden sie sich je nach Gebiet und Zeit ihrer Entstehung.
Für die Seestern-Tracht forschte Gabriele Ilius in Quellen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zwei Trachten aus der näheren Umgebung nahm sie zum Vorbild. Auffallend in der Region war, dass die Schürzen einen Volant hatten. Das Mieder war nicht angenäht und wurde auch nicht in den Rock gesteckt, sondern eher spitz zulaufend über dem Rockbund getragen.
Neben diesen Vorgaben griff Ilius die typischen Seesternfarben grün, orange, blau auf. Die traditionellen Schnitte aufzugreifen sei wichtig, so Ilius, aber man müsse das Ganze mit „einem modischen Touch versehen, sonst ist es fürs Museum und keiner zieht's an“. Auch gute Stoffe seien wichtig. So könne man beispielsweise die Modelle jederzeit ändern, ohne dass dies auffalle. Eine erste Tracht schneiderten mit ihrer Hilfe die beiden Seestern-Engagieren Ute Weisensee und Alice Sterzer. Das Ergebnis präsentierten sie nun in Stadtlauringen einigen Frauen.
„Es gibt für eine solche Tracht auch viele Gestaltungsmöglichkeiten“, betonte Gabriele Ilius. „Das ist keine Uniform“, die Farben könnten individuell gewählt werden, die Röcke lang oder kurz sein, die Schürzen breit oder schmal. Jede Frau könne in einem gewissen Rahmen ihre eigenen Vorlieben einbringen.
Eine Besonderheit hat die Seestern-Tracht noch: Den Rock ziert eine Kordel, an deren Ende mit Garn umspannte Holzperlen hängen. „Das ist sozusagen das i-Tüpfelchen an der Tracht“, freut sich die Schneiderin.
Jetzt hoffen die Initiatorinnen, viele Frauen von dieser neuen Tracht begeistern zu können. Fast 30 kamen zur Vorstellung, bei der interessiert diskutiert wurde über Stoff, Schnitt, Details und über die mehr oder weniger vorteilhafte Figurbetonung.
Neben dem Angebot, sich eine Tracht maßgeschneidert anfertigen zu lassen, bot Gabriele Ilius den Seesternfrauen auch einen Nähkurs an. Ute Weisensee und Alice Sterzer machten Mut dazu. Sie hatten es an einem Sonntag, einem Abend und etwas Heimarbeit auch geschafft.
Nähkurs ab Februar
Ab Februar wird es einen Nähkurs mit maximal zwölf Teilnehmerinnen geben. Bei einem ersten Treffen werden die Stoffe ausgesucht, Maß genommen und die Details abgesprochen. Ilius fertigt dann die individuellen Schnittmuster. An sechs Abenden zu je drei Stunden können die Teilnehmerinnen dann ihre eigene Seestern-Tracht nähen.
Materialkosten von rund 200 Euro und der Nähkurs für 229 Euro werden vom Bezirk Unterfranken mit je 20 Prozent bezuschusst. Dazu kommt eine Förderung für 20 Nähstunden. Das gilt aber nur für die ersten Kurse.
Interessentinnen aus dem Schweinfurter Oberland, bevorzugt aus den Gemeinden rund um den Ellertshäuser See, können sich bis 6. Januar anmelden bei Ute Weisensee, Tel. (0 97 24) 426, oder per E-Mail: uweisensee@yahoo.de