2002 sind die Tsymbalovs von Omsk (Russland) mit ihrem (damals) kleinen Sohn Valerie nach Deutschland übergesiedelt. Seit 2003 wohnen sie in Schweinfurt, seit elf Jahren in einer 89-Quadratmeter-Wohnung mit vier Zimmern in der Georg-Schäfer-Straße. Die vier jüngeren Kinder kamen hier zur Welt, alle besuchten den Kindergarten der Dreieinigkeitskirche, gehen hier zur Schule – außer dem jüngsten Spross, Konstantin (1). Vater Nikolaj arbeitet als Berufskraftfahrer.
Der Käufer macht Eigenbedarf geltend
Mit ihrer Vier-Zimmer-Mietwohnung ist die Familie, im Lauf der Jahre auf sieben Personen angewachsen, zufrieden. Sie wäre es auch weiterhin, aber sie muss raus – in wenigen Tagen schon. Vor einem Jahr wurde die Wohnung von den vorherigen Eigentümern verkauft und der neue macht Eigenbedarf geltend. Dagegen ist nichts zu machen, wie ein Anwalt der Familie bestätigte. Im August letzten Jahres kam die Kündigung mit korrekter Frist von neun Monaten. Schon Wochen vorher begann die Familie mit der Suche nach einer neuen Bleibe, in Zeitungen, auf Internetportalen, bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWG – bis heute jedoch ohne Erfolg.
Gut gemeintes Angebot von der SWG
Ein gut gemeintes Angebot kam von der SWG, sagt Erika Tsymbalov: zwei nebeneinander liegende, aber separate Mietwohnungen in der Breslaustraße – eine mit drei und eine mit zwei Zimmern. Damit aber wäre die Familie getrennt worden – für die Mutter nicht vorstellbar. Ein Wanddurchbruch aber, wie von der Mutter angeregt, wäre laut SWG ein enormer Aufwand gewesen, weil es sich um tragende Wände handle. Das Angebot der zwei nebeneinanderliegenden Wohnungen als Übergangslösung habe die SWG eine Zeit lang offen gehalten, von den Tsymbalovs aber nichts mehr gehört.
Die Angst, auf der Straße zu landen
Erika Tsymbalov kontaktierte in ihrer Not auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé persönlich. „Dringende Wohnungssuche“ schrieb sie im „Betreff“ ihre Briefes. Weil sie Angst habe, am 1. Juni „auf der Straße zu landen, bitte ich Sie, uns in dieser schwierigen Situation mit der Wohnungssuche zu helfen“.
Die Stadt teilt auf Anfrage mit, Remelé habe Frau Tsymbalov dringend geraten, das Angebot der SWG – die zwei nebeneinanderliegenden Wohnungen – vorerst anzunehmen, um kurzfristig eine Lösung des Problems zu erreichen. Er habe auch gesagt, dass es aufgrund der vielen Zuwanderer, die ebenfalls häufig kinderreiche Familien hätten, bei der SWG nur noch wenige große zur Verfügung stehende Wohnungen gibt. Sollte die Familie im schlimmsten Fall kein Dach über dem Kopf haben, würde die Obhutspflicht der Stadt greifen und eine Unterbringung in der Euerbacher Straße ermöglicht – als letzte Alternative. Das ist die Obdachlosenunterkunft.
„Warum haben Sie so viele Kinder in die Welt gesetzt?“
Von anderen Vermietern haben die Tsymbalovs so manches gehört, warum es mit einer Wohnung für sie leider nicht klappt. Etwa: „Wir würden ja gerne, aber die Nachbarn sind dagegen.“, Oder: „Warum haben Sie auch so viele Kinder in die Welt gesetzt?“ Vier bis fünf Zimmer braucht die Familie, doch in dieser Größenordnung sind Angebote selten.
Jüngst gab es eines, ein Haus in der Gartenstadt – aber viel zu teuer: 1700 Euro warm. Das kann sich die Familie nicht leisten. 1100, allerhöchstens 1200 Euro Inklusivmiete könnten zahlen, sagt Mutter Erika, die jetzt zusammen mit ihrem Mann und den fünf Kindern auf ein kleines Wunder hofft.
Nur noch zwei Wochen bis zum Auszugstermin
Sie suchen weiter – in Schweinfurt und den Umlandgemeinden im Kreis von rund zehn Kilometern. Doch bis zum Auszugstermin sind es nur noch zwei Wochen.
Eva Loos, Pfarrerin der Dreieinigkeitsgemeinde, hat die Redaktion über die Notsituation der netten, bescheidenen Familie informiert. Sie kennt die Tsymbalovs gut, alle Kinder hätten den Dreieinigkeit-Kindergarten besucht. Die Pfarrerin hofft sehr, dass die siebenköpfige Familie nicht obdachlos wird, weil sie mehr Kinder als üblich hat.