Ende August letzten Jahres lief die 60. Minute im Fußball-Regionalliga-Derby zwischen dem FC 05 Schweinfurt und Eintracht Bamberg im Sachs-Stadion. Soeben war das 2:0 für die Gastgeber gefallen, als im Fanblock des FC 05 eine sogenannte Blockfahne aufgezogen wurde, unter der sich einige Personen, in Sturmhauben gehüllt, versammelten.
Als die Fahne weg war, wurden neben Pyrotechnik auch Feuerwerksraketen gezündet. Die Tribünen-Randale landete mit finanziellen und sportlichen Folgen für den FC05 vor dem Sportgericht – und ein Sportsfreund aus der Rhön vor dem Schweinfurter Amtsgericht.
Dem 22-Jährigen wurde vorgeworfen, dass er sich mit einer Sturmhaube vermummt habe, was gegen das Versammlungsrecht verstößt und eine Straftat darstellt. Den jungen Mann, der wegen einiger Körperverletzungsdelikte aus seiner Jugendzeit vorbestraft ist, aber nicht lange vor der Vermummungstat auch im letzten Jahr schon zweimal vor Gericht stand, verurteilte die Amtsrichterin zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen á 70 Euro: 2100 Euro. Genau so hatte es der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragt. Der 22-Jährige nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an.
Staatsanwaltschaft: "Das Strafmaß wird der Tat nicht gerecht"
Staatsanwaltschaft und Angeklagter einig – damit hätte es sein Bewenden haben können. Wenn, ja wenn die Staatsanwaltschaft nicht gegen das Urteil, das ihrem eigenen Antrag voll entspricht, Berufung eingelegt hätte. Der Grund: "Das Strafmaß wird dem Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten nicht gerecht. Es hätte eine höhere Strafe verhängt werden müssen." So zitierte der Vorsitzende Richter der 3. Kleinen Strafkammer nun im Berufungsverfahren aus der Begründung der Staatsanwaltschaft, die ihr Rechtsmittel ausdrücklich auf die Strafhöhe beschränkt hatte.

Um den Sachverhalt selbst gehe es nicht mehr, erklärte der Vorsitzende dem jungen Angeklagten, der nach eigener Aussage mangels finanzieller Mittel ohne Anwalt erschienen war. Ja, so der 22-Jährige, der im Ersturteil festgestellte Sachverhalt stimme. "Das habe ich damals schon so gesagt." Und: Von der Fanszene habe er sich schon längst verabschiedet.
Staatsanwältin: "Ja, da ist was schiefgelaufen"
Viel erklärungsbedürftiger erschien, warum diese zweite Instanz von der Staatsanwaltschaft überhaupt angerufen wurde. "Ein offenes Wort" richtete der Vorsitzende deshalb an die Staatsanwältin. Es liege nahe, dass "vielleicht kommunikativ etwas schiefgelaufen ist". Den Antrag, eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen auszuwerfen, habe zwar kein Staatsanwalt, sondern ein Rechtsreferendar als Sitzungsvertreter gestellt, der aber auch nicht unerfahren gewesen sei.

Wenn dieses Gericht nun eine höhere Strafe auswürfe, hätte der Angeklagte auch noch die Kosten für diese Instanz zu tragen. "Ja, da ist intern kommunikativ was schiefgelaufen", räumte die Staatsanwältin ein. Andererseits hätte eine erfahrene Richterin das Urteil gesprochen und nach eigenem Ermessen angesichts der Voreintragungen des Angeklagten über den gestellten Antrag hinausgehen können.
Da sich laut einer Polizeizeugin der Angeklagte seit dem Vermummungsvorfall nichts strafrechtlich Relevantes mehr geleistet hatte, nahm die Staatsanwältin ihre Berufung zurück. Das Amtsgerichtsurteil wird rechtskräftig. "Nehmen Sie das als Geschenk von uns mit", so der Vorsitzende, "wir wollen Sie hier nicht wiedersehen und die Staatsanwaltschaft nichts mehr von ihnen hören."