Die Folge: 150 der 250 Arbeitsplätze fallen weg. Am Ende soll Schweinfurt ein „Entwicklungs- und Service-Standort“ mit rund 100 Mitarbeitern werden.
„Unsere Kunden erwarten, dass wir mit unserer Produktion vor Ort in Asien sind“, begründet Geschäftsführer Werner Pickel die völlige Aufgabe der Nabenproduktion in Schweinfurt. Praktisch alle Fahrradhersteller hätten ihre Fertigung in den vergangenen Jahren dorthin verlegt. „Aufträge, die wir vor zwei Jahren noch hatten, sind komplett weggebrochen.“ Zwar seien die Herstellungskosten in Schweinfurt nicht höher als an den fernöstlichen Standorten, aber Fracht und Zölle verteuerten die Produkte, der Versand kostete überdies viel Zeit.
So sozialverträglich wie möglich
Der Abbau der Nabenproduktion soll sich über mehrere Phasen erstrecken und parallel dazu der Standort für Produktentwicklung, Tests, Design, Logistik, Versand, Händlerservice und Europa-Marketing ausgebaut werden, sagt Pickel. Gefährdet sei der Standort auf keinen Fall. Bei SRAM gelte die Philosophie, dass die Entwicklung dort erfolgt, wo die Produkte vermarktet werden – und das ist nach wie vor Europa. In Asien würden sie nur gefertigt.
Gleichwohl bedeutet die Entscheidung, zu deren Verkündung auch SRAM-Vizepräsident Danis Kelleher anwesend war, dass 150 Stellen gestrichen werden. Das soll „nach Möglichkeit so sozialverträglich wie möglich“ geschehen, betonte Pickel. Ein Mittel, aber kein billiges, sind Abfindungen – die Belegschaft hat ein hohes Durchschnittsalter.
Über die Folgen der Unternehmensentscheidung werden die Verhandlungen erst beginnen, sagt Heinz Amling – bis vor kurzem Betriebsratsvorsitzender – nun als Mitglied der IG Metall. Sie sollten konsensorientiert geführt werden. Ein Streik oder Warnstreik brächte mangels Aufträgen auch gar nichts, der Betrieb ist seit langem in Kurzarbeit.
„Für die betroffenen Mitarbeiter ist das ein schlechter Tag“, sagte der im Januar gewählte neue Betriebsratsvorsitzende Ernst Gößmann. Mit Befremden habe der Betriebsrat diese Entscheidung aufgenommen, durch die „eine Menge Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben“. „Die schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden“, sagte die Betriebsrätin Edeltraud Keidel. Sie habe viele ratlose, enttäuschte Gesichter gesehen.
Gerüchte gibt es seit einem Jahr
Gerüchte über Stellenabbau gebe es seit einem Jahr, gleichwohl sei die Belegschaft von der Entscheidung völlig überrascht worden, so Gößmann. Am Donnerstag werde eine Klausurtagung des Betriebsrats stattfinden, bei der die Lage analysiert und dann entschieden werde, wie weiter vorzugehen ist. Amling erinnerte an frühere Verlagerungsabsichten bei SRAM: 2002 sollte das mit viel Steuergeld geförderte Werk schon mal geschlossen und nach Tschechien verlagert werden. Der massive politische und Gewerkschaftswiderstand verhinderte dies.
„Wir haben überwiegend ältere Mitarbeiter mit langem Kündigungsschutz, 30 bis 40 Jahre im Betrieb, da geht sowieso nichts von heute auf morgen“, so Amling. Denkbar seien Abfindungsangebote, aber auch eine Auffanggesellschaft. „Das Unternehmen wird Maßnahmen zustimmen müssen, die kostenintensiv sind, sonst werden die meisten in Hartz IV landen“, sagte Amling. Dass der Stellenabbau für SRAM wohl nicht billig werden wird, das sah auch Geschäftsführer Pickel so.
Das Hauptaugenmerk will der Betriebsrat darauf richten, möglichst viele Stellen zu erhalten; erst dann sei die Frage, „welches Paket können wir für die älteren Arbeitnehmer schnüren“, sagte Heinz Amling. Nur noch 100 Arbeitsplätze in Schweinfurt – ist das nicht ein Tod auf Raten? „Im Gegenteil“, sagt der Geschäftsführer, „wir wollen SRAM Europe fit machen für die neue Aufgabe: Entwicklung, Technologie, Service.“