Der Film ist nur ein paar Minuten lang. Fotos und kurze Videosequenzen lösen sich ab: Tobi gesund, Tobi auf der Intensivstation, dem Tod nahe, Tobi zuhause, auf dem langen Weg zurück ins Leben. Der Film zeigt dramatische und hoffnungsvolle Situationen – und damit ist das Leben der Familie Weigand beschrieben, seit ihr Sohn Anfang Oktober 2008 an der Bluterkrankung Hämophagozytose (HLH) erkrankt ist, die sein Gehirn schwer geschädigt hat. Eigentlich hatte Ruth Tellert-Weigand den Film für Tobis Taufe zusammengestellt. Als sie ihn kürzlich in der Uni
-
Kinderklinik Erlangen zeigte, gratulierte der Professor und sagte, bei diesen Fortschritten könne er die Transplantation nicht länger ablehnen.
Auch die extrem große Gefahr, dass Tobi an Lymphknotenkrebs erkrankt, ist damit gebannt. Die behandelnden Neurologen in Würzburg hatten die Schäden seines Gehirns als so aussichtslos eingestuft, dass sie die Transplantation für überflüssig hielten, die Erlangener Ärzte warteten ab.
Ein Jahr ist es her, dass wir über den Kampf der Familie Weigand berichtet haben, die sich mit diesem Urteil nicht abfinden wollte. Weil immer noch viele Menschen Anteil am Schicksal ihres kleinen Jungen nehmen, war Ruth Tellert-Weigand wieder zu einem Gespräch bereit.
Tobias ist ein ganzes Stück gewachsen, er ist lebendiger und aufmerksamer als noch vor einem Jahr. Beim Reiten kann er Kopf und Oberkörper alleine balancieren, er isst jeden Tag ein paar Löffel Brei und kann seine Arme bewegen. Anfang November fuhren seine Eltern mit ihm nach England, um die Scotson-Therapie zu lernen, die speziell für hirnverletzte Kinder entwickelt wurde. Dabei wird mit einer Handtuchrolle sanfter Druck auf den Brustkorb ausgeübt. Schon nach einem Tag konnte Tobias in Bauchlage seinen Kopf heben. Inzwischen kann er sich auf seine Unterarme abstützen.
Spendenkonto ist leer
Jetzt muss er Stück für Stück aus der Bauchlage hochkommen. Dazu brauchen Weigands einen speziellen Lagerungskeil, der rund 1000 Euro kostet. Das Problem: ihre finanzielleb Mittel sind erschöpft und das Spendenkonto ist leer. Rund 25 000 Euro hat die Behandlung zuhause in den vergangenen eineinhalb Jahren gekostet – zusätzlich zu den Leistungen der Krankenkasse, die beispielsweise die Krankenschwester finanziert, die täglich mehrere Stunden kommt. Einen Teil hat die Familie selbst aufgebracht, weit mehr als die Hälfte wurde gespendet.
Der Alltag der Familie wird immer noch von der Doman-Therapie bestimmt, die Ruth und Jürgen Weigand im Family Hope Center in Philadelphia gelernt haben. Wie berichtet, steht die Therapie auf vier Füßen: Osteopathie, einer Behandlung, die Spannungen im Körper abbaut; Überdrucktherapie in der Kammer, die bei Tobias wunderbar anschlägt; spezielle Ernährung – über eine Magensonde bekommt er gekochtes und passiertes Gemüse, Obst, Fleisch, das mit Ziegenmilch und Ölen angereichert ist – und schließlich die eigentlichen Übungen, mehrere Stunden am Tag, bei denen mit starken Reizen wie Licht oder Piksen in die Haut die Sinneswahrnehmungen angeregt werden.
Dank der Übungen kann Tobias sehen
Durch diese Übungen wiederholt Tobias quasi seine Entwicklung vom Säugling zum Kleinkind noch einmal. Dank der Übungen kann er wieder sehen, obwohl sein Sehzentrum zerstört ist. Reize mit einer sehr starken Taucherlampe haben andere Bereiche seines Gehirns angeregt, diese Funktion zu übernehmen. Die beste Therapeutin ist übrigens Tobis kleine Schwester Laura, die erst wenige Wochen alt war, als ihr Bruder erkrankte. Sie streichelt und schaukelt ihn, macht ihm Geräusche vor und liegt gerne neben ihm und kuschelt. Nächstes Jahr darf Laura endlich in den Kindergarten. Bisher war das Risiko zu groß, dass sie das Pfeiffersche Drüsenfieber mit nach Hause bringen könnte. Gegen diese Krankheit hat Tobias keine Abwehrkräfte, deswegen ist die tückische Viruserkrankung entstanden, die sein Gehirn angegriffen hat.
Es war ein anstrengendes Jahr für Weigands. Neben dem Kampf um jeden kleinen Fortschritt und damit um die Transplantation gab es Ärger mit unzähligen Problemen auf der Baustelle des neuen Hauses. Das war schon lange geplant, der Bauplatz gekauft, bevor Tobias krank wurde.
Schon beim letzten Gespräch trat Ruth Tellert-Weigand Gerede entgegen, wie es wohl dazu komme, dass die Familie jetzt baue. Natürlich würden sie das Haus selbst finanzieren, die Spenden fließen ausschließlich in die Therapie. Der Umzug ist vor Weihnachten geplant. Weigands können es kaum erwarten. Endlich wieder ein Wohnzimmer, das nicht aussieht wie eine Mischung aus Behandlungsraum und Zeltlager.
Abends, wenn die Kinder schlafen, setzt sich Ruth Tellert-Weigand an den Computer, tauscht sich mit anderen betroffenen Eltern im deutschsprachigen Raum aus, gibt Tipps und Anregungen. Sie könnte viele Geschichten voller Hoffnung erzählen – von Kindern, die auch blind waren und wieder sehen können, von Paul aus München, der dank Überdrucktherapie so gut wie keine epileptischen Anfälle mehr hat. Auch von ihrer Freundin, die seit 26 Jahren an Fibromyalgie leidet und schmerzfrei ist und schlafen kann, seit sie in Tobis Überdruckkammer lag. Weigands sind überzeugt, dass gerade diese Therapie vielen Menschen helfen kann. Deswegen geben sie auch Tipps zum Import des 8000 Euro teuren Gerätes aus den USA.
Unterstützung aus der Region
Ruth Tellert-Weigand schöpft Kraft aus den Fortschritten, die Tobi und die anderen Kinder machen, die von der Schulmedizin schon aufgegeben waren. Auch die bis heute spürbare Unterstützung der Menschen aus der Region hilft ihr. Und da gibt es noch jenes Lied, das ihre Freundin Christina Siebert für Tobi geschrieben hat, als er im Sterben lag. „Kleine Freuden“ heißt es, ist auf der jüngsten CD der Gruppe „Sternallee“ erschienen und handelt von der Hoffnung, die Welt neu ins Leben zu holen.
Informationen über alle Therapien auf der Website www.tobias-weigand.de. Das Spendenkonto des Rotaryclubs SW Peterstirn „Hilfe für Tobias“ läuft weiter bei der Flessa Bank Schweinfurt, Konto 1119, BLZ 793 301 11.