Susanne Kastner, Abgeordnete im Bundestag. Für viele gehört das zusammen. Kein Wunder, sitzt die SPD-Politikerin aus Maroldsweisach doch seit dem Jahr 1989 im Parlament. Zu ihrem Wahlkreis gehören die Landkreise Haßberge, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen. Zunächst war sie in Bonn, seit dem Umzug 1999 nach Berlin im Reichstag. Im September endet für die 66-Jährige dieser Lebensabschnitt. Sie kandidiert nicht mehr für den Bundestag. Damit rückt ihr Lebensmittelpunkt wieder stärker in den Weisachgrund. Beim SPD-Ortsverein ihres Heimatortes ist sie seit Januar Vorsitzende, ebenso ist sie Mitglied im Kreistag. Gut denkbar, dass sie sich künftig stärker in die Lokal- und Kreispolitik einmischen wird. Im Gespräch mit dieser Zeitung verrät sie ihre Zukunftspläne.
Frage: Wird Ihnen nach Ihrer Zeit im Bundestag etwas fehlen in Maroldsweisach?
Susanne Kastner: Ich bin froh, wenn mich beim Metzger nicht jeder auf jeden Gesetzesentwurf anspricht. Ich hatte gemerkt, dass man auf der einen Seite stolz war, dass man eine Bundestagsabgeordnete im Dorf hatte, auf der anderen Seite hat man sich nicht mehr so an mich herangetraut. Diese Hürden abzubauen, das ist meine Aufgabe.
Ihre Rumänienhilfe setzen Sie fort?
Kastner: Na klar. Es gibt ja auch keinen im Deutschen Bundestag, der da so schnell einspringen kann und so tief drin ist wie ich. Ich mache das seit 20 Jahren.
Seit fast 25 Jahren hatten Sie kaum ein freies Wochenende . . .
Kastner: . . . außer im Urlaub. Ich hatte das Glück, dass mein Mann als Pfarrer in Maroldsweisach am Samstag und Sonntag auch sehr eingebunden war und ich da keine Auseinandersetzungen hatte. Ich weiß von Kollegen, die sich da deutlich schwerer tun. Freitags, wenn ich heimkam, bin ich auf der Couch neben meinem Mann eingeschlafen. Samstags bin ich früh fort. Aber ich hatte eine heilige Zeit: sonntags, nach dem letzten Festzug bis abends.
Haben Sie mal zusammengerechnet, wie viele Kilometer Sie zwischen Maroldsweisach und Berlin gependelt sind?
Kastner: Als Bundestagsvizepräsidentin hatte ich einen Wagen mit Fahrer. Der hat immer gesagt, dass wir im Jahr circa 110 000 Kilometer gefahren sind, in ganz Deutschland. Jetzt fahre ich mit dem Zug. Als Geschäftsführerin bin ich allein im Wahlkreis 30 000 Kilometer im Jahr gefahren.
Im neuen Lebensabschnitt: Was möchte Susanne Kastner da als Erstes machen?
Kastner: Nach der Aufgabe meiner Wohnung muss ich mein Haus in Maro in Ordnung bringen, weil das dann ein einziges Möbellager ist. Dann relaxe ich. Zum Beispiel im Garten oder beim Radfahren.
Nachdem wir schon von Heimat reden: Was muss denn ein Landratskandidat der SPD mitbringen?
Kastner: Jetzt wollen Sie ein Profil haben? (lacht) Er muss den Landkreis kennen. Mehr will ich wirklich nicht sagen. Das muss derjenige, der sich entschieden hat, zu kandidieren. Deswegen können Sie jetzt nicht unbedingt ein Profil von mir verlangen.
Was muss der künftige Landrat generell für den Landkreis Haßberge bewerkstelligen? Es stehen harte Zeiten bei der demografischen Entwicklung bevor.
Kastner: Der Landrat kann nichts alleine, da müssen die Bürgermeister mitmachen. Die sind vor Ort. Ich habe Rudolf Handwerker schon gesagt: Es war ein eklatanter Fehler, den oberen Landkreis abzuschneiden von der Metropolregion Nürnberg. Wie er das aufholen will, weiß kein Mensch. Aber das muss aufgeholt werden, weil sonst die Menschen aus den Dörfern wegziehen. Es muss etwas passieren mit der Familienfreundlichkeit. Das Wichtigste ist, dass die Menschen Arbeit haben, dezentral. 100 Kilometer entfernt, das ist keine Alternative. Im oberen Landkreis, bis nach Bundorf, das sind aussterbende Dörfer.
Haben Sie Regionen kennen gelernt, die es besser machen als der Haßbergkreis?
Kastner: Natürlich. Ich kenne Regionen, die sehr viel im Tourismus erreicht haben, ebenso im wirtschaftlichen Bereich und in der Wohnqualität; die haben Wohnungen, wo Alte und Junge zusammenleben, wo Ältere auf die Kinder aufpassen. Das sind tolle Synergien. Das liegt bei uns alles noch ein bisschen konservativ im Argen. Es kann nicht mehr so weitergehen. Da hilft auch keine Stelle für ländliche Entwicklung im Landratsamt, gefördert mit EU-Geldern. Da setzt man zwei Managerinnen hin, die eine Bestandsaufnahme von Leerständen in Dörfern machen - die kennt jeder Bürgermeister, da brauche ich keine Managerinnen dafür. Ich brauche erst mal eine Arbeit für die. Da ist der Landrat gefragt.
Wo wurden konkrete Fehler gemacht?
Kastner: Ich nenne ein Beispiel: die Rummelsberger - die sind bekloppt. Die verlegen ihre Einrichtung von Ditterswind nach Ebelsbach und Zeil mit der Begründung der Inklusion. Mehr Inklusion als in Ditterswind und Hofheim (Außenstelle, Anm. d. Red.) kann man gar nicht bieten. Stattdessen verlagert man Arbeitsstellen. Mit der Folge, dass die Angestellten sagen: Ich fahre für mein bisschen Verdienst nicht nach Ebelsbach und zurück. Wir haben ewig mit den Rummelsbergern, dem Landrat und seinem Stellvertreter geredet. Sicher, Schloss Ditterswind war sanierungsbedürftig, aber die Neubauten in Ebelsbach und Zeil kosten auch Geld. Und wenn man im Schlosspark einen Neubau hingestellt hätte, dann wäre das Schloss anderweitig genutzt worden.
Ein Manko ist auch die Breitbandversorgung.
Kastner: Wenn die Junge Liste das Thema im Kreistag noch 20-mal auf die Tagesordnung schreibt, dann haue ich Fraktionsvorsitzendem Steffen Vogel ein Paar auf den Deckel. Ich kann das nicht mehr hören. Wenn der Freistaat Bayern wenigstens so viel Geld in die Hand nähme wie der Bund, dann wäre das Thema längst erledigt. Jetzt geht er (Vogel) ja in den Landtag, da kann er das Geld besorgen.
Erst muss er noch gewählt werden . . .
Kastner: Glauben Sie, jetzt wählen alle im Landkreis die SPD, weil Steffen Vogel bei der CSU ist? Dann zieht Matthias Kihn als Direktkandidat für die SPD in den Landtag.
Maro hat einen CSU-Bürgermeister . . .
Kastner: . . . noch. Ich mache alles, was nötig ist, dass sich das ändert. Auch wenn Wilhelm Schneider kein Landrat wird, ist er trotzdem weg. Er war nicht sehr kooperativ mit anderen Fraktionen, das hat tiefe Wunden hinterlassen in Maroldsweisach. Vielleicht wählen viele Maroldsweisacher ihn als Landrat, dass sie ihn loshaben.
Ihre Lieblingskollegen im Kreistag?
Kastner: Ludwig Leisentritt und Alfred Hahn.
Und außerhalb der SPD-Fraktion?
Kastner: (überlegt kurz) So enge Freunde habe ich nicht in den anderen Fraktionen. Mit Siegmund Kerker kann ich gut umgehen, weil ich ihn einschätzen kann. Solche Leute finde ich richtig gut. Leute, die noch etwas werden wollen, die kann ich nicht einschätzen, das ist mein Problem.
Sie würden also auch mal sagen: Siegmund, ich koche heute Abend, willst du nicht zum Essen vorbeikommen?
Kastner: Ja. Das würde ich auch mit dem Landrat machen.
Und was gäbe es zu essen?
Kastner: Wahrscheinlich mein Lieblingsgericht: Semmelknödel mit Pilzen. Und dann würde Siegmund sagen: Die Pilze esse ich nicht, vielleicht esse ich die nur einmal. (lacht) So viel Humor hätte der dann auch.
Würden Sie auch eine Frau aus dem Kreistag einladen?
Kastner: Es sind ja bedauerlicherweise sehr wenige Frauen dort. Rosl Pflaum würde ich natürlich einladen.
Und Dorothee Bär von der CSU?
Kastner: Die eher nicht.
„Ich bin froh, wenn mich beim Metzger nicht jeder auf jeden Gesetzesentwurf anspricht.“
Susanne Kastner über ihre Zeit nach dem Bundestag