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Schweinfurt: Tempeltänzerinnen und Brahmanen, Liebe, Eifersucht und Mord

Schweinfurt

Tempeltänzerinnen und Brahmanen, Liebe, Eifersucht und Mord

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    Mit Hingabe und Können verkörperten die Tänzerinnen und Tänzer des Sibiu Ballet Theatre ihre Rollen.
    Mit Hingabe und Können verkörperten die Tänzerinnen und Tänzer des Sibiu Ballet Theatre ihre Rollen. Foto: Sibiu Ballett Theatre

    Der Plot ist wohlbekannt: Mann 1 liebt Frau 1, wird aber mit Frau 2 verheiratet. Letztere beseitigt ihre Nebenbuhlerin, welche nach ihrem Tod wieder mit Mann 1 glücklich vereint wird. So weit, so einfach gestrickt. Doch im Ballett "La Bayadère" von Ludwig Minkus (1826 – 1917) ist der Schauplatz das alte Indien, wo der Krieger Solor unsterblich in die Tempeltänzerin (Bayadère) Nikia verliebt ist, jedoch mit des Rajahs Tochter Gamzatti verheiratet wird.

    Das allein regt die Fantasie an, lässt vor dem inneren Auge alte Tempel entstehen, einen prächtigen Palast, Pagoden, exotische Gärten, Tiere, Gebirgsketten – und vermittelt die Illusion schwerer Düfte. Inszenierungen von Tournee-Theatern wie dem Sibiu Ballet Theatre vermögen dies aus technischen Gründen nur schwer auf die Bühne zu bringen. Sie müssen stark auf sparsame Andeutungen, die Ausdruckskraft und das tänzerische Können ihrer Akteure sowie das Vorstellungsvermögen des Publikums setzen.

    Im Schweinfurter Theater im Gemeindehaus gastierte das international zusammengesetzte Ensemble aus Rumänien mit diesem Werk, und zwar in der heute üblichen auf drei Akte gestrafften Version (immerhin zweieinhalb Stunden!). Rund 300 Besucher und Besucherinnen erlebten einen angenehmen Abend, in dem es lediglich gegen Ende werkbedingte Längen gab. Die Musik, hier eine technisch zwar einwandfreie Zuspielung, bei deren Aufnahme aber nicht unbedingt die Erstklassigkeit eine Rolle gespielt hatte, sondern die hörbar aus mehreren Mitschnitten bestand, ist bekannt und gängiges Rundfunkrepertoire; viele Nummern haben Ohrwurmcharakter.

    Zeremoniell einherschreitende Tempelpriester mit einem eifersüchtigen, Autorität ausstrahlenden Großen Bramahnen, archaisch anmutende Krieger um den Anführer Solor, ein sehr jugendlich wirkender Rajah als Vater der als Braut triumphierenden Gamzatti, ein "heiliger Teich" – in dieser Inszenierung wird ein Brunnen später zur Feuerstelle - , Requisiten wie bunte Vögel, Trommeln, Krummdolch, indische Fächer, Feuerschalen, dazu farbenprächtige Kostüme mit Schleiern, bauchfreien Gewändern, Pluderhosen, Blumentutus und Glitzer nutzten die Ausstatter als Attribute, um das alte Indien anzudeuten. Etwas mehr als ein großes Tempeltor, sparsames Mobiliar, ein dunkler Hintergrund und Beleuchtungseffekte als Bühnenbild hätten es durchaus sein dürfen und können; so waren die Betrachter weitreichend auf eigene Imagination angewiesen.

    Kunstvoll die Solovariationen

    Doch die Tänzer und Tänzerinnen verkörperten ihre Rollen mit Hingabe und Können. Die ausgesprochen schlanke Bayadère Nikia beeindruckte durch ihren biegsamen Körper, den sie zu tiefen Celloklängen in der Trauer über den verlorenen Geliebten zu einem großen Klagegesang formte, um dann wieder in einen Freudentanz auszubrechen. Ihre Verzweiflung, ihre Wut spürte man kochen, als ihr von der hämisch auftrumpfenden Gamzatti der Bräutigam weggeschnappt wird.

    Kunstvoll die Solovariationen, Pas de deux und Ensembleszenen, mit raumgreifenden Sprüngen, Pirouetten, Fouettés, flinker Fußarbeit, kraftvollen, dennoch elegant entwickelten Attitüden und Arabesken mit vielen Penchés. Ein "Goldenes Idol" forderte mit quirligen Kapriolen den Beifall heraus; die Hebefiguren gelangen perfekt; die zwölf jungen Tänzerinnen der Ensembleszenen im Schattenreich des 3. Aktes, einem nahezu eigenständigen Ballett blanc in entsprechenden weißen Tutus, boten den klassischen Anblick.

    Viel Beifall für das Sibiu Ballet Theater, viel Beifall für ein Werk, das in der zu Grunde liegenden Choreographie von Marius Petipa (1877) einer Zeit entstammt, in der Exotik noch unter einem anderen Aspekt diskutiert wurde als dem kultureller Aneignung.

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