Etwas haben Detroit und Schweinfurt gemeinsam: Sie sind beide Motor-Cities. Kein Wunder, dass das Publikum am Samstag in der Stadthalle voll abfuhr auf den vibrierenden Sixties-Motown-Sound der legendären „The Temptations“.
Mit „The Temptations feat. Glenn Leonard“ und ihrer „Motown Gold – Greatest Hits Tour 2016“, lieferte die Truppe um Leadsänger Glenn Leonard (dabei seit 1975) eine mitreißende Show ab. Von Bass bis Falsett, jeder Ton saß – genauso wie die blendendweißen Anzüge und die Choreografie der fünfköpfigen Formation. Die Ur-Besetzung der Temptations existiert schon lange nicht mehr, doch in welcher Formation auch immer, Soul und Spirit von einst leben weiter und fuhren dem Publikum in alle Glieder. Die Stadthalle war voll bis unters Dach und von Beginn an hielt es niemanden ruhig auf seinem Platz.
1999 wurden die Temptations in die „Vocal Group Hall of Fame“ aufgenommen und gelten als die „Emperors of Soul“, sie sind überhäuft mit Awards, Gold- und Platinplatten. Als sich im Jahr 1960 Paul Williams, Elbridge Bryant, Otis Williams, Eddie Kendricks und Melvin Franklin in Detroit das erste Mal über den Weg liefen, ahnten sie nicht, was sie mit den Temptations in der Musikszene bewegen würden. Auch die Choreografie der Truppe hat unzählige Soul- und Popkünstler inspiriert, Michael Jackson und viele andere.
Die Temptations wurden produziert von Berry Gordy, dem Gründer des legendären Motown Label, der Hitfabrik aus Detroit in Michigan, USA.
Die Temptations erstürmten in den 1960/70er-Jahren mit Hits wie „Papa was a rolling stone“, „My Girl“ , „Get ready“die Charts. Und natürlich hatten die Chartbreaker ihre Hits am Samstag in Schweinfurt alle mit im Gepäck, auch eine musikalische Hommage an die Ur-Temptations fehlte nicht.
Temptation bedeutet übersetzt Versuchung – und keiner im Publikum konnte den Temptations widerstehen. Die fünf Performer spulten ihr Programm in keiner Minute einfach nur ab, alle Akteure waren emotional präsent. Funk(en) und Soul sprangen jederzeit auf das Publikum über, das sich tanzend an die Bühne drängte oder zwischen den Reihen mitgroovte.
Beeindruckend die Begleitband, die immer auf den Punkt war und für die satte Soul-Soundkulisse sorgte, wie einst die Funk Brothers. Am Ende stiegen die Fünf von der Bühne und mischten sich singend unters Publikum, schüttelten Hände und umarmten die Menschen.
Man kann die Gesten und den Sound der Temptations durchaus als positive Message verstehen, wonach sich die Menschen in Krisenzeiten sehnen mögen. Die Wärme und Menschlichkeit im Soul, der ja auch Gospel-Elemente enthält, erinnert immer etwas an eine enthusiastische Messe einer Südstaaten-Church.
Verknüpft ist die Soulmusik auch mit Kampf der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung gegen Rassentrennung und für Gleichberechtigung. Sound und Message der Temptations kamen jedenfalls voll rüber an diesem Samstagabend in Schweinfurt und niemand im Saal wollte die Formation ohne Zugaben ziehen lassen. Andreas Schuller