Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadtkultur Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Tier und Mensch im MGS: Gegenstand oder Gefährte?

Stadtkultur Schweinfurt

Tier und Mensch im MGS: Gegenstand oder Gefährte?

    • |
    • |
    Minutiöse Inszenierung: Wilhelm von Kobell, Ackernde Bauern in Voralpen-Landschaft/Rast beim Pflügen, 1800, Aquarell über Feder in Grau, Spuren von Deckweiß.
    Minutiöse Inszenierung: Wilhelm von Kobell, Ackernde Bauern in Voralpen-Landschaft/Rast beim Pflügen, 1800, Aquarell über Feder in Grau, Spuren von Deckweiß. Foto: Fotos: Museum Georg schäfer

    Wehe dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.“ Ein beunruhigender Gedanke, den Christian Morgenstern da formuliert. Schließlich hat sich im Umgang des Menschen mit dem Tier seit den Tagen des Dichters (1871–1914) nicht allzu viel verändert. Anders gesagt: „Die Haltung zum Tier war damals genauso ambivalent wie heute“, sagt Grafik-Kuratorin Karin Rhein.

    Die Sonderausstellung „Das Tier und der Mensch – Gemälde und Grafik von Wilhelm von Kobell bis Franz Marc“ im Museum Georg Schäfer zeigt bis 6. November 141 Arbeiten aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert, 61 Gemälde und 80 Zeichnungen meist aus dem Bestand, ergänzt durch Leihgaben aus Privatbesitz, darunter zwei Gemälde von Franz Marc. Unter Mottos wie „Malerei ohne Mitleid“, „Im Dienst des Menschen“ oder „Geliebtes Tier“ wird das vielschichtige und eben oft widersprüchliche Verhältnis des Menschen zum Tier deutlich – ist das Tier nun ausbeutbarer Besitz oder Lebensgefährte? Ist es tumber Gegenstand oder fühlende Kreatur?

    So kann man sich darüber mokieren, dass Bayern erst 1881 ein Tierschutzgesetz bekommen hat, nach England (1822) und Sachsen (1838), und ließe dabei doch außer Acht, dass es heute Massentierhaltung und Tierversuche gibt. Die Ausstellung sagt also naturgemäß mehr über den Menschen aus als über das Tier.

    Es geht aber nicht um die Systematisierung des Verhältnisses Mensch/Tier. Witzig das Motto des ersten Saals: „Schafe, Schafe, Schafe. Rinder, Rinder. Ziegen. Und etwas Pferd.“ Hier hat Museumsleiterin Sigrid Bertuleit aus der Not eine Tugend gemacht: „Wir hatten kein Geld, die Wände zu streichen, also haben wir sie gepflastert.“ Eben mit Schafen, zum Beispiel. Eine ganze Wand ist Schafen in den unterschiedlichsten Gemütszuständen gewidmet. Mit einer idyllischen Schafschur des Schaf-Spezialisten (und Sohn eines Schafhalters) Heinrich Zügel oder der dramatischen Szene „Schafherde mit Raben“ von Anton Braith.

    Die Kunstgeschichte kennt jede Menge Tierspezialisten, von denen etliche hier auftauchen: der Enten-Koester, der Pferde-Krüger, der Löwen-Dill (der hier ein paar rasante Pferdestudien beisteuert) oder der Katzen-Adam. Wilhelm von Kobell, der Meister des Aquarells, ist ein wenig vielseitiger, Blätter wie „Rast beim Pflügen“ sind minutiöse Inszenierungen, eingefrorene Augenblicke, in denen Mensch und Tier miteinander in Beziehung treten.

    Das tun sie freilich woanders auch, meist ist es der Mensch, der über das Tier verfügt, es knechtet oder gar quält. Heinrich Bürkels „Steinbruch“ von 1827 zeigt, wie drei Pferde, die einen schweren Karren ziehen, erbarmungslos eine Böschung hochgetrieben werden. Historische Aufnahmen von Heinrich Sattler, die das Schweinfurter Stadtarchiv beigesteuert hat, zeigen den Viehmarkt am Roßmarkt in Schweinfurt am 30. Juli 1890 – ein Meer von Leibern und Hörnern, das die paar versprengten menschlichen Gestalten dazwischen jederzeit zermalmen könnte, wenn es denn wollte. Dass das Tier den Menschen eben erduldet, auch das sieht man in dieser Ausstellung oft.

    Lovis Corinth hat in einer frühen Arbeit dem Hund Hipp ein Denkmal gesetzt, während die beiden Gemälde von Franz Marc zwei Pole seines Schaffens zeigen: „Große Landschaft I (Landschaft mit roten Pferden)“ kündigt schon den Rückzug Marcs von belebten Motiven an, die beiden schlafenden Katzen allerdings atmen tiefe Empathie mit dem Mitgeschöpf. Wir begegnen Nutztieren, Haustieren, Tieren als Statussymbol, gejagten Tieren und wilden Tieren in unterschiedlichsten Stilen und Graden der Anteilnahme seitens des Malers. In Spitzwegs „Der Naturforscher in den Tropen“ besteht die Pointe darin, dass der ungeschickte Mann es fertigbringt, mitten im Dschungel eben keinem einzigen Tier zu begegnen. Den größtmöglichen Gegensatz dazu liefert im Grafik-Trakt Heinrich Merté mit der Bleistiftzeichnung „Bei Verdun“, die zeigt, wie ein Granateneinschlag Menschen und Pferde durch die Luft wirbelt wie trockenes Laub.

    Programm im September

    Tag es offenen Denkmals: Sonntag, 11. September, freier Eintritt für die Ständige Sammlung, Themenführungen um 11, 13 und 15 Uhr mit Birgit Höhl und Karla Wiedorfer. Siehe Seite 27.

    Lesung: Hund, Huhn und weiße Mäuse – Tiergedichte des 19. und 20. Jahrhunderts von Heine, Rückert, Fontane, Storm, Ringelnatz, Morgenstern und Heinz Erhardt. Mit Karin Rhein. Donnerstag, 15. September, 19 Uhr.

    Komponistenporträt: Das Klavierduo Michaela Schlotter und Rudolf Ramming spielt „Schumanniana – Melodram in zwölf Szenen für Sprecher und zwei Klaviere“ nach Robert Schumanns Klavierzyklus „Papillons“ von Gernot Tschirwitz. Der bestreitet selbst die Uraufführung seiner Klavierfantasie „Ein Meister aus Deutschland“ nach einem Gedicht von Paul Celan. Eingangs spielt Michaela Schlotter Schumanns „Papillons“. Gernot Tschirwitz wurde 1944 in Schlesien geboren. Er war Kapellmeister, Klavierpädagoge und Leiter der Bad Kissinger Klaviertage. Seit 2006 konzentriert sich der Bertold-Hummel-Schüler aufs Komponierten. Donnerstag, 29. September, 19 Uhr, Eintritt frei.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden