Aber nicht die von irgendeinem kleinen Vogel oder Huhn, wie das Thema eigentlich gedacht war, sondern gleich die Knochen-Aufbereitung eines ganzes Wildschweins. Bei seinem Versuchsobjekt handelte es sich zwar nur um einen sogenannten "Überläufer" von gerade mal 10 Kilogramm (ein ausgewachsenes Schwein kann schon mal 100 Kilogramm wiegen), aber trotzdem war der Weg vom ausgenommenen und abgehäuteten Schwein bis zum Anatomie-Unterricht tauglichen Skelett ein sehr langer.
Während andere Bio-Leistungskursler Pflanzen beim Wachsen zusahen, ging es für Christian als erstes daran, das Fleisch von den Knochen zu schneiden, was in mühsamer Handarbeit erledigt werden musste. Das heiße Wetter sorgte dafür, dass der Wildgeruch sich nicht nur in der Nase und an den Händen, sondern auch im ganzen Haus festsetzte, wie Christian berichtete. Die noch weitgehend zusammenhängenden Knochen mussten daraufhin zwei Wochen in Wasser eingelegt werden, um das wasserlösliche Knochenmark zu entfernen. Der tägliche Wasserwechsel stellte sich hierbei angesichts der einsetzenden Verwesungsprozesse und damit verbundenen Gerüchen allerdings als echter Härtetest heraus. Außerdem hatte der Abiturient vergessen, die Augen heraus zu schneiden: nach eigenen Angaben wäre es für ihm ohne Zuhilfenahme einer stark riechenden Salbe für die Nase nicht möglich gewesen, die Augen des halb verwesten Wildschwein-Kadavers zu entfernen. Vom anschließenden Abkochen zum Entfernen von Knorpel und Fleischresten blieben dann rund 300 Einzelteile in einer Knorpel-Geleemasse übrig, die zum Bleichen in Wasserstoffperoxid eingelegt wurden. Erst jetzt waren die Knochen werkstoff-ähnlich und stabil.
Damit begann, wie Christian Schineis sagt, der wirklich interessante Teil seiner Facharbeit. "Faszinierend", bemerkte der Schulabgänger "wie alle Knochen und Wirbel zusammenpassten". Und so entstand aus einem reisigen Knochen-Haufen endlich ein vollständiges Wildschwein-Skelett. Erst das Sortieren und Zusammensetzen der Teile, die ganz genau auf ihr Gegenstück passten, war aber so richtig aufwändig. Allein ein Fuß nahm dabei schon rund acht Stunden Zeit in Anspruch. Die Knochen mussten angebohrt, geklebt, das Sklelett an einem Gestell befestigt werden: "Lego-Bauen für Erwachsene" nannte es Christian.
Für so ein ausgefallenes Thema hat sich der Abiturient, wie er sagte, deshalb entschieden, weil ihm die Knochen eines Vogels zu zerbrechlich erschienen und er aufgrund einiger Kontakte zu Jägern keine Probleme hatte, an geschossene Wildschweine heran zu kommen. Auch für das geplante Medizin-Studium war die Facharbeit eine ideale Vorbereitung, ganz nach dem Motto: Wenn ich "damit" schon nicht zurecht komme...
Auf die Frage, ob er "das Ganze" noch einmal machen würde, antwortete der Abiturient, der anfangs nicht wirklich wusste was auf ihn zukommt: "Ja, aber nur wenn die Knochen fertig präpariert sind!" Das Bauen, betont er, hat nämlich wirklich Spaß gemacht, auch wenn am Anfang noch kein Ende abzusehen war.
Nicht nur schul-intern wurde Christian Schineis zusammen mit Marion Königer (Thema: Präparation eines Vogel-Skeletts) für besonders gelungene Facharbeiten ausgezeichnet, sondern auch beim Landes-Wettbewerb "Jugend forscht" erhielten die beiden einen Preis. Alles in allem kann Christian also mit seiner Einser-Facharbeit und seinem Wildschwein-Skelett wirklich zufrieden sein.