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OBBACH: Viele kleine Schritte für mehr Artenvielfalt

OBBACH

Viele kleine Schritte für mehr Artenvielfalt

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    Entdeckung: Den seltenen Ackerrittersporn, eine gefährdete Art auf der Roten Liste, haben Bernhard Schreyer (links), Verwalter des Biobetriebs Gut Obbach, und die Landschaftsökologin Katharina Schertler (rechts) im lichten Getreidefeld entdeckt. Ein Erfolg im Bemühen um konkreten Naturschutz.
    Entdeckung: Den seltenen Ackerrittersporn, eine gefährdete Art auf der Roten Liste, haben Bernhard Schreyer (links), Verwalter des Biobetriebs Gut Obbach, und die Landschaftsökologin Katharina Schertler (rechts) im lichten Getreidefeld entdeckt. Ein Erfolg im Bemühen um konkreten Naturschutz. Foto: Foto: Silvia Eidel

    Der kleine, lila blühende Ackerrittersporn hat sich im licht gesäten Getreidefeld ein Plätzchen gesucht. Das Wildkraut, das auf der Roten Liste gefährdeter Pflanzen steht, fühlt sich offensichtlich wohl im Bio-Acker von Gut Obbach. Ein sichtbarer Erfolg für die Artenvielfalt, für den ganz praktischen Naturschutz eines Öko-Betriebes.

    Mit vielen, kleinen, alltagstauglichen Maßnahmen kann ein Bauernhof nachhaltig für den Naturschutz arbeiten. Der Obbacher Bio-Hof zeigt, wie es gehen kann: Für ihn wurde im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau ein eigener Kulturlandplan erstellt.

    Sichtlich angetan von der lila blühenden Pflanze ist Katharina Schertler, Landschaftsökologin und Naturschutzberaterin für Bio-Betriebe in Süddeutschland. „Der Ackerrittersporn ist wirklich selten“, weiß die Fachfrau, „etwas Wertvolles. Das muss man den Landwirten bewusst machen.“

    Sie hat für das private Schlossgut Obbach, einer von 200 sogenannten Demonstrationsbetrieben der Bundesregierung für Ökolandbau, eine staatlich geförderte Forschungsarbeit geschrieben. 20 Bio-Bauernhöfe in Deutschland konnten für ihre individuelle Ausrichtung und Lebensmittelproduktion praktisch ausarbeiten lassen, wie Naturschutz bei ihnen konkret umsetzbar ist und wie der Verbraucher, der normale Bürger dies auch wahrnehmen kann. Gut Obbach ist der einzige Hof im nördlichen Bayern, für den diese Handlungsanweisung erarbeitet wurde.

    Beratung in Hinsicht Naturschutz gibt es sonst keine, weder für Bio-Höfe, noch für konventionelle Betriebe. Und im Lehrplan der landwirtschaftlichen Ausbildung spielt Naturschutz ebenfalls keine Rolle, so dass dem Bauern das Handwerkszeug fehlt.

    Damit nun jeder sehen kann, was Naturschutz und Artenvielfalt bedeuten, haben Gutsverwalter Bernhard Schreyer und seine Frau Petra Sandjohann Interessierte zu einer Umweltbildungsveranstaltung eingeladen, bei einem Abendspaziergang mit offenen Augen die Flur um Obbach wahrzunehmen. Sie selbst wollen ebenfalls hinzulernen.

    „Das sind ganz kleine Maßnahmen“, weiß Schreyer. „Wenn ich beispielsweise den Saum am Feld um 50 Zentimeter verbreitere, dann verbessert das die Lebensbedingung für Tiere, etwa Rebhühner oder Wachteln“, sagt der studierte Landwirt. Oder wenn er stellenweise beim Getreide die Saatdichte reduziert, können besondere Pflanzen, wie eben der Ackerrittersporn, wachsen. Auch wenn dann etwas weniger Ackerfläche für die Produktion zur Verfügung steht: „Wir müssen großzügiger denken“, mahnt Schreyer.

    Natürlich müsse er wie alle Berufskollegen wirtschaftlich handeln, aber solche kleinen Aufmerksamkeiten Pflanzen und Tieren gegenüber würden ihm so gut wie nichts kosten, aber letztlich der Allgemeinheit zugute kommen. Man müsse, als Landwirt, als gemeindlicher Bauhof, als normaler Bürger nur offener sein. „So viel Spielraum hat jeder Betrieb.“

    „Wenn am Feldrand nicht drei- bis viermal im Jahr gemäht würde, sondern nur einmal, dann würden sich dort Pflanzengesellschaften entwickeln“, führt die Referentin Katharina Schertler ein weiteres Beispiel an. „Mit den unterschiedlichsten Blüten das ganze Jahr über“. Diese seien wiederum für die Bienen als Nahrungsquelle wichtig, schließlich gibt es 530 Wildbienenarten in Deutschland. Und Bienen braucht man für die Bestäubung der Pflanzen.

    „Letztlich geht es um unsere Nahrungsmittelproduktion“, ergänzt der Bio-Bauer. Zustände wie in Kanada, wo Imker für teures Geld mit ihren Bienenstöcken auf den Lastwagen zu den Landwirten fahren müssten, um die Feldpflanzen zu bestäuben, seien doch alarmierend.

    „Man muss sich klar machen, dass die Orte für die Lebensmittelproduktion auch der Lebensraum für Tiere ist.“

    Katharina Schertler, Landschaftsökologin und Naturschutzberaterin für Bio-Betriebe

    „Man muss sich klar machen, dass die Orte für die Lebensmittelproduktion auch der Lebensraum für Tiere ist“, so die Beraterin. Die Vielfalt sei wichtig für die Zukunft, für den gesamten Lebenskreislauf, sagt Schreyer. Da müsse beispielsweise in der Streuobstwiese auch ein abgestorbener Baum stehen bleiben können, damit Tiere oder Pilze ihre Heimat und Nahrung dort finden. „Immer alles sauber zu halten, ist nicht sinnvoll“.

    Als großes Manko, gerade für den konkreten Naturschutz, empfinden der Öko-Landwirt und die Beraterin die staatliche Förderstruktur, die sogenannte Ausgleichsförderung mit ihren restriktiven Vorgaben. „Das erschwert den Naturschutz“, so beide unisono. Dem Landwirt werde nicht zugetraut zu entscheiden, was gut und recht ist.

    Deshalb beinhaltet der Serviceteil des Kulturlandplanes für Gut Obbach auch Hinweise, wie beim aktiven Naturschutz auf die Betriebsprämienregelung geachtet werden müsse oder auf Cross Compliance.

    „Das ist kompliziert und sehr komplex“, weiß Schertler um das Förderwesen. Viele Verbraucher denken, der Landwirt würde quasi einen Blanko-Scheck erhalten, sagt Gutsverwalter Schreyer. Dass aber die staatlichen Gelder für die Pflege der Kulturlandschaft nur durch ein äußerst aufwändiges, kompliziertes und bürokratisches Handeln für den Landwirt möglich sind, wissen die wenigsten. „Deshalb gibt es auch keine breite Diskussion“, so Schreyer, denn man müsse viel wissen, um mitreden zu können.

    Nachhaltigkeit und Wachstumsgleichgewicht

    Das BÖLN, das „Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft“, hat sich zum Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft und andere Formen nachhaltiger Landbewirtschaftung in Deutschland zu verbessern und die Voraussetzungen für ein gleichgewichtiges Wachstum von Angebot und Nachfrage zu erzielen. Das Programm wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) finanziert. Es startete Ende 2001. Im Fokus der Maßnahmen stehen insbesondere Information und Aufklärung, um Landwirte, Verarbeiter, Händler, Verbraucher und Wissenschaftler gleichermaßen für den ökologischen Landbau zu sensibilisieren.

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