Nele Brüggemann hat eine große Leidenschaft, sie reist gerne. Im Januar war sie in Vietnam unterwegs - von Norden nach Süden hat sie den 1650 Kilometer langen Küstenstaat in Südostasien durchquert. In 18 Tagen, "man hätte eigentlich die doppelte Zeit gebraucht", stellt sie fest.
Begonnen hat ihre Reise in Hanoi, der Hauptstadt Vietnams. "Eine wuselige Stadt", erzählt die junge Frau "und sehr chinesisch geprägt". Kein Wunder, die Grenze zu China ist nicht weit, aber viele Vietnamesen mögen die Chinesen nicht, das hat Brüggemann auf ihrer Reise erfahren. Sie fallen busweise ins Land ein, schauen sich alles an, gehen aber nur in chinesische Restaurants und Hotels, erfuhr die Reisende. Im Gegensatz zu den russischen Touristen lassen sie kein Geld im Land.
Buddhistische Tempel und christliche Kirchen stehen in Hanoi friedlich nebeneinander und auch der Zug fährt mitten durchs Wohngebiet. Da kann man in einem kleinen Café sitzen und plötzlich rauscht die Eisenbahn direkt an einem vorbei", erzählt Brüggemann, "und das nicht in Schrittgeschwindigkeit!" Die traditionelle vietnamesische Suppe Pho wird überall auf der Straße zubereitet, auf Gas- oder Petroleumkochern. "Da wo viele Leute sitzen, da kann man hin zum essen", meint Brüggemann.
In der Nacht ist Hanoi "mit krassen LED-Lichter, zehnmal stärker als unsere" illuminiert. Das passe zu der flippigen, aufgeregten Stadt, meint Brüggemann. Von dort aus ging es per Bus weiter. 14 Stunden war die junge Frau in einem Bus unterwegs, in dem in drei Reihen Etagenbetten standen. "Nichts für große Europäer", kommentiert Brüggemann. Sie war wohl froh, in Hoi An ihre Beine wieder ausstrecken zu können. Die historische Altstadt von Hoi An wurde im Vietnamkrieg nicht zerstört, heute gehört sie zum Weltkulturerbe. Hier tummeln sich busweise die Touristen, vor allem Russen, Chinesen und Koreaner.
Die Europäer haben Vietnam noch nicht als Urlaubsland entdeckt
"Die Europäer haben Vietnam noch nicht als Urlaubsland entdeckt", meint Brüggemann, aber sie ist sicher, dass dies nicht mehr lange dauern wird. Das Land sei abwechslungsreich, interessant und billig, ein Mittagessen mit Vorspeise und Getränk kostet höchstens 4,50 Euro. Außerdem habe sie menschenleere Strände gesehen, an denen riesige Hotelanlagen gebaut werden.
Von der kleinen Küstenstadt am südchinesischen Meer im Zentrum des Landes wurden Ausflüge gemacht, unter anderem zu den Marmorbergen, fünf Berge, die nach den fünf chinesischen Elementen Metall, Wasser, Holz, Feuer und Erde benannt sind und von Heiligtümern in Tunneln und Tempeln durchzogen sind. An typischen klassischen Reisfeldern vorbei ging es dann mit dem Zug zehn Stunden lang ins touristische Zentrum nach Nha Trang.
Inzwischen ist die Reisende auch in den Tropen angekommen. Hatte es in Hanoi noch rund 18 Grad, sind es hier zwischen 30 und 35 Grad. Nha Trang war früher ein Militärstützpunkt der Amerikaner, und den Bergen sieht man die Schneise der Verwüstungen durch den Krieg noch an, erzählt Brüggemann. Was sie immer wieder neu faszinierte, ist die Bauweise. Ein Zimmer Wohnungen, aber diese zehn Stockwerke oder mehr übereinander.
Auf dem Motorrad weiter Richtung Süden
Auf dem Motorrad und mit einem Guide ging es dann weiter Richtung Süden nach Da Lat. Allein wegen der Schlaglöcher auf der Straße sei der Guide bitter nötig gewesen, meinte Brüggemann. Aber auch sonst hat er den Kontakt zu den Einheimischen garantiert. Sie besuchte eine Familie, die aus Schilfgräsern die traditionellen Teppiche webt und eine andere, in der Reispapier hergestellt wird. Der Reis wird zu Brei vermahlen, der über Nacht im Wasser aufquillt. Anschließend werden die dünnen Fladen ausgerollt und auf der Straße in der Sonne getrocknet. Auch eine Familie, die bereits in der fünften Generation die traditionellen Hüte herstellt, lernte Brüggemann kennen. Das Blätter-Material dafür bekommt sie aus dem Dschungel.
Von Da Lat aus geht es von Wasserfall zu Wasserfall. Das sei ganz einfach, erzählt sie. Man kauft sich eine vietnamesische Handycard, gibt Wasserfall ein und dann wird man von einem zum nächsten navigiert. Überall gibt es WLAN und ein funktionierendes Handynetz - ganz im Unterschied zu Deutschland, stellt Brüggemann fest.
In Ho-Chi-Minh-Stadt angekommen hat es 35 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Die Hauptstadt, das frühere Saigon, sei "wesentlich sauberer, strukturierter, westlich geprägter als die anderen Orte", erklärt Brüggemann. Was sie von ihrer Reise mitnimmt, sind viele exotische Eindrücke wie Schlangenschnaps und Wasserkokosnüsse, aber auch Speisezettel mit der Aufschrift "Heute Hunde im Angebot". Vor allem aber lernte sie einen Menschenschlag kennen, der glücklich schien, gerne lebte und überhaupt nicht aggressiv war.



