Der Rock aus hellem Stoff fließt über die Hüften, das Top mit den kleinen Nieten liegt eng am Oberkörper, dazwischen betont ein Paillettengürtel die schmale Taille der Schneiderpuppe. Lisa Weinfurtner zupft hier ein bisschen, steckt dort eine Nadel und gibt den Schneiderinnen letzte Tipps. In ein paar Tagen muss das Kleid fertig sein – und nicht nur dieses eine. Bei der langen Einkaufsnacht „Schweinfurt@night“ am 10. Mai will die Schweinfurter Modedesignerin sieben Modells auf den Laufsteg schicken, in Kleidern, die sie entworfen hat und die drei angehende Modeschneiderinnen aus dem Beruflichen Fortbildungszentrum (bfz) gefertigt haben.
Um ganz genau zu sein, machen nur Lisa Vogel und Esma Edirneli die Zusatzausbildung zur Modeschneiderin. Fatima Djafer, die Dritte im Bunde, wird im Sommer ihre Lehre als Modenäherin beenden. Alle mit guten Ergebnissen, was nicht ganz selbstverständlich ist. Denn die drei machen ihre Ausbildung in der Schweinfurter Produktionsschule des bfz, einem „Arbeits-, Lebens- und Lernort für Jugendliche und junge Erwachsene mit Startschwierigkeiten“, wie die offizielle Bezeichnung heißt.
Lisa Weinfurtner arbeitet seit Februar einen Tag pro Woche bei einer bfz-Tochter, deren Aufgabengebiet die Nachmittagsbetreuung in mehreren Schulen der Region ist. Bei ihrem Kreativtag in der Ganztagsschule in Werneck dürfen die Kinder Schmuck gestalten, malen, Improvisations-Theater spielen oder nähen. Im Hauptberuf entwirft die 30-Jährige Mode und Accessoires für ihr Label „Schnieke&Schmitz“. Ihr Markenzeichen ist ein Mix aus neuen und gebrauchten Materialien. Das können Stoffe oder schöne Knöpfe vom Flohmarkt oder alte Broschen sein, Vintage eben. Weinfurtner ist es wichtig, schöne, alte Dinge wiederzuverwerten und dabei in einen neuen Kontext zu stellen.
Als sie hörte, dass auch in der Produktionsschule des bfz mit Recycling-Material gearbeitet wird, kam ihr die Idee, ihre Entwürfe für die Modenschau dort fertigen zu lassen. Die Azubis in der Holzwerkstatt stellten kleine Schiffchen her. Eine Perle als Fracht und eine Lederschnur machen aus dem Schiffchen eine Halskette. Holzreifen wurden mit großen Knöpfen aufgepeppt, gebrauchte Handtasche mit Neonfarbe. Lisa, Esma und Fatima nähten unter Anleitung Seidentuniken und ein Brautkleid.
„Alle Beteiligten sind zur Modenschau eingeladen, was die jungen Leute motiviert hat, dran zu bleiben“, sagt Pasqualina Leone, die Leiterin der Produktionsschule. Bei manchen Jugendlichen, die hier arbeiten, hapert es am Durchhaltevermögen, anderen fällt es schwer, unter Zeitdruck zu arbeiten. Leone kann es sich durchaus vorstellen, dass es künftig noch mehr Kooperationen mit Lisa Weinfurtner gibt.
Die Schneiderwerkstatt wird allerdings im Sommer geschlossen. Der Hintergrund: für Modeschneiderinnen gibt es in der Region kaum Arbeitsplätze. Weil es für benachteiligte Jugendliche noch schwerer ist, nach der Lehre unterzukommen, wird diese Ausbildung am bfz nicht mehr von der Agentur für Arbeit gefördert. Leone will allerdings in der Holz- und Metallproduktion eine kleine Textilwerkstatt einrichten.
Die Modenschau findet am 10. Mai um 19.30 und 20.30 Uhr im Geschäft WohnArt, Metzgergasse statt. Mehr Infos über das Label unter www.schniekeschmitz.de.