Im März 2012 begrüßte die evangelische Christuskirche ihren neuen Pfarrer Marcus Döbert. Jetzt schon, nach gut vier Jahren, müssen die Gemeindemitglieder wieder Abschied nehmen. Döbert wechselt nach Bad Kissingen. Der gebürtige Nürnberger studierte Theologie in Erlangen und Neuendettelsau, absolvierte eine Landwirtschaftslehre, machte eine Ausbildung in Logotherapie (einer sinnzentrierte Psychotherapie nach Viktor Frankl), fuhr Taxi und promovierte schließlich an der Universität Erlangen-Nürnberg. Vor seinem Gemeindedienst in Schonungen war er am evangelischen Bildungszentrum Hesselberg und als Schulseelsorger tätig.
Frage: Landwirtschaft und Theologie, Taxifahren und Logotherapie – sind Sie ein Suchender?
Marcus Döbert: Ich habe immer versucht, ein differenziertes Bild von den Menschen und der Welt zu bekommen und mich dabei für vieles interessiert. Ich habe aber nie Dinge angefangen und liegen lassen, sondern alles zum Abschluss gebracht. Und ich habe danach immer davon profitiert. Meine landwirtschaftliche Ausbildung beispielsweise habe ich in der Fachstelle „Kirche im ländlichen Raum“ gut brauchen können. Das Taxifahren war anfangs nur ein Zuverdienst während des Studiums, aber es hat meinen Horizont enorm erweitert.
Es hat mir geholfen, mich auch in Menschen hineinzuversetzen, die aus völlig anderen Schichten kommen. Und von der Logotherapie profitiere ich heute in fast jeder Predigt und in der Notfallseelsorge. Gleichzeitig bringe ich meine Erfahrungen aus der Gemeinde- und der Notfallseelsorge in die Ausbildung von Logotherapeuten als Referent ein.
Bei ihrer Einführung in Schonungen haben Sie gesagt, dass sie sich viel Zeit für die Seelsorge nehmen wollen, vor allem die Sorge für Menschen in Notlagen. Ist dies gelungen?
Döbert: Nicht in dem Maße, wie ich mir das erhofft habe. Gerade in dieser Gemeinde war viel Zeit gebunden durch Verwaltungsaufgaben und das Gebäudemanagement. Andererseits ist es aber auch mehr gelungen, als ich erwartet habe, zum Beispiel in meinem Einsatz als Notfallseelsorger. Der war anfangs nicht geplant. Aber nachdem ich durch Zufall zu einem schweren Unfall in Hausen dazugekommen war, haben mich die Kollegen eingeladen, im Team der Notfallseelsorge mitzumachen. Daraus ist entstanden, dass ich in meinem neuen Wirkungskreis Beauftragter für die Notfallseelsorge im Landkreis Bad Kissingen werde.
Nach vier Jahren Einzelkämpfertum sehnen sie sich nach Teamarbeit, haben Sie in Ihrem Pfarrbrief geschrieben. Was verstehen sie unter Einzelkämpfertum? Hatten sie nicht genug Mitkämpfer?
Döbert: Ich hatte einen kleinen Stamm sehr engagierter Mitarbeiter. Aber ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich immer wieder dieselben Leute um Unterstützung bitten musste. Auch zwischen den Pfarrern in der Region ist die Zusammenarbeit gut und partnerschaftlich, dennoch habe ich mich hier in Schonungen mit seiner Diasporasituation und seiner Randlage im Dekanat Schweinfurt manchmal recht allein gefühlt. Die Kollegen der umliegenden Gemeinden hatten in ihren oft vorwiegend evangelischen Dörfern eine völlig andere kulturelle Situation. Schonungen ist sehr katholisch geprägt, deshalb scheitert vieles schon an strukturellen Gegebenheiten.
Sie bedauern, dass es Ihnen nicht gelungen ist, aus „Kunden“ Beteiligte zu machen. Glauben Sie, dass dies in Bad Kissingen anders sein wird?
Döbert: Da erlaube ich mir keine Prognosen. Mir persönlich ist das aber wichtig, vielleicht ist mein Bild von Kirche da auch nicht mehr zeitgemäß. Ich wünsche mir eine starke Gemeinschaft, deren Gestaltung für die Mitglieder Lebensaufgabe ist. Heute wird Kirche von vielen vor allem als Dienstleister für stilvolle Familienfeiern wahrgenommen.
Wie stand es mit der Ökumene? Waren die katholischen Seelsorger Partner auf Augenhöhe?
Döbert: Mit Pfarrer Thomas Amrehn habe ich mich ausgezeichnet verstanden, auch mit Diakon Joachim Werb gab es gute ökumenische Anknüpfungspunkte. Mit dem nachfolgenden Pastoralteam war dies leider nur noch unter großen Einschränkungen möglich. In einer Diasporasituation wie in Schonungen ist es aber schwer, Fuß zu fassen, wenn die Ökumene nicht geht.
Wenn Sie auf ihre vier Jahre in Schonungen zurückblicken, ergänzen Sie bitte folgende Sätze:
Gefreut habe ich mich über …
Döbert: ... viele gute Begegnungen, intensive Gespräche, inspirierende Gottesdienste.
Schwierig war für mich ...
Döbert: ... die Pfarrhaussituation. Das Pfarrhaus ist sehr schön hergerichtet, aber man lebt wie auf dem Präsentierteller, man hat kaum Privatsphäre.
Erreicht hätte ich gerne, dass …
Döbert: ... sich mehr Gemeindemitglieder am Gemeindeleben aktiv beteiligen.
In Zukunft will ich ...
Döbert: … mir nicht jeden Schuh anziehen, der mir angeboten wird.
Von der neuen Stelle erhoffe ich mir ...
Döbert: ... eine abwechslungsreiche Tätigkeit, denn es gibt ja einerseits die feste Gemeinde vor Ort mit all ihren Aufgaben als auch die wechselnden Gäste der Kurseelsorge – und natürlich ein gutes Zusammenwirken im Team.
Verabschiedung: Am Sonntag, 19. Juni, um 16 Uhr findet der Verabschiedungsgottesdienst von Pfarrer Marcus Döbert in der Christuskirche statt. Danach gibt es ein geselliges Beisammensein. Am Sonntag, 17. Juli, um 9.30 Uhr wird Dekan Oliver Bruckmann Döbert in der Erlöserkirche in Bad Kissingen einführen.