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Vom Postler zum Brecht-Botschafter

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Vom Postler zum Brecht-Botschafter

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    Szenenfoto von „Vor Sonnenuntergang“: Im Bild Peter Bause und Nadine Nollau.
    Szenenfoto von „Vor Sonnenuntergang“: Im Bild Peter Bause und Nadine Nollau. Foto: FOTO Euro-Studio Landgraf

    Auch für den Schauspieler Peter Bause ist „mit 66 noch lange nicht Schluss“. Am 24. und 25. April gastiert er mit Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenuntergang“ in Schweinfurt. Im Gespräch berichtet der Schauspieler über seinen Berufsstart beim Postamt Magdeburg, seine 15 Jahre beim Berliner Ensemble und die Chance des Tourneetheaters.

    Frage: Jetzt während der Tournee-Pause ist sicher relaxen angesagt.

    Peter Bause: Aber ja. Obwohl, nachher will ich mit meiner Tochter noch Kuchen backen.

    Sie wohnen heute mit Ihrer Familie noch im Ostteil von Berlin, ist das auch ein Stück Ostalgie?

    Bause: Ostalgie nicht gerade, Liebe zur alten Heimat schon eher. Wir haben im damaligen Ostberlin ein Haus gekauft und das halten wir natürlich. Wir wohnen in einem Außenbezirk und so lieben wir unser Berlin: Mit dem Wirbel in der Stadt und Ruhe hier draußen.

    Historiker sprechen von der DDR-Diktatur. Haben Sie Ihr Land auch so empfunden?

    Bause: Nein, ich war ja am Berliner Brecht-Ensemble engagiert, was ja einen flotten und sehr schönen Ton an sich hatte. Dadurch wurde viel abgefangen, und durch die vielen Gastspiele im Ausland hatte ich schon ein privilegiertes Leben. Dazu kam, dass ich schon damals immer wieder Ein-Personen-Abende hatte, an denen ich mich satirisch abreagieren konnte. Kabarett, Kritik im kleinen Kreis im Theater war ja erwünscht als Ventil für die Bevölkerung. Bei Rundfunk und Fernsehen war das was anderes.

    Haben Sie mit dem Berliner Ensemble vor allem in sozialistischen Ländern gastiert?

    Bause: Nein, natürlich auch. Aber als die Mauer fiel, kannte ich die Welt von Jerusalem bis Oslo. Wir waren mit dem BE in Lateinamerika, London, Paris, Stockholm, hatten wochenlange Italien-Tourneen. „Das Leben des Galilei“, „Dreigroschenoper“ und die anderen Brecht-Stücke wurden bejubelt, wir waren bekannt wie ein bunter Hund. Wir waren ja für die DDR auch ein erstklassiges Aushängeschild, wir kamen gleich nach den Sportlern.

    Dann fiel die Mauer. Wie ging es weiter?

    Bause: 1991 wurde das alte Ensemble aufgelöst und ich habe seitdem das Theater nie mehr betreten. Aber ich fiel in kein Loch: Das Landgraf-Tourneetheater bot mir gleich die großen Brecht-Stücke an („Kaukasischer Kreidekreis“, „Puntila“ oder „Arturo Ui“). Dazu kommen Stückverträge am Staatsschauspiel Dresden, am Volkstheater München und bei Funk und Fernsehen sowie Soloabende mit Süskinds „Der Kontrabass“. Sie sehen, auch heute ist mein Terminkalender gut gefüllt.

    Vor einigen Jahren waren Sie der „Götz“ bei den Freilichtspielen in Jagsthausen?

    Bause: Ja, das war irgendwie eine besondere Herausforderung: Meine Bühnenpartnerin war Hellena Büttner – meine Ehefrau – deren Vater einst selbst ein gefeierter Götz-Darsteller war. Sie ist ja beim Schweinfurter Gastspiel von „Vor Sonnenuntergang“ auch mit im Ensemble (Bettina Clausen), wie auch meine Tochter Anna als Ottilie Klamroth.

    Wie ist es, mit der eigenen Frau und der Tochter auf der Bühne zu stehen?

    Bause: Es ist das reine Glück, dass ich das kann. Seit mehr als 15 Jahren ist meine Frau immer dabei, allein auf Tournee zu gehen, kann ich mir gar nicht vorstellen. Und wir genießen das beide. Jetzt ist auch noch Anna dabei – die studiert allerdings nach der Tournee weiter Wirtschaftswissenschaft an der Universität Herdecke. Junge Schauspieler haben es heute verdammt schwer.

    Kommen Sie auch aus einer Theaterfamilie, mit dem Wunsch, selbst Schauspieler zu werden?

    Bause: Nein, angefangen hat bei mir alles viel prosaischer. Mit 17 Jahren leitete ich in Magdeburg ein Jugendpostamt, liebäugelte mit einer vielversprechenden Beamtenlaufbahn. Doch da gab es den Dramatischen Zirkel der Post – eine schicksalhafte Fügung. Man erkannte wohl meine schauspielerische Begabung, unterstützte mich, dass ich bald die Theaterhochschule in Leipzig besuchen konnte. Übrigens: Nächstes Jahr habe ich 45-jähriges Bühnenjubiläum.

    Sie haben beides kennen gelernt: Mitglied eines festen Ensembles und freiberuflicher Künstler. Fühlen Sie sich jetzt wirklich freier?

    Bause: Auf jeden Fall. Durch meine Position kann ich mit Landgraf reden, kann Stücke vorschlagen, darf bei der Besetzung mitbestimmen. Und diese Landgraf eigenen Produktionen sind dann beides: Von hoher Qualität und erfolgreich. „Vor Sonnenuntergang“ läuft ausgezeichnet.

    Das Drama hat ja auch ein aktuelles Thema, den Konflikt der Generationen.

    Bause: Da kann man schon fast von Krieg sprechen – der Geheimrat Clausen wird ja regelrecht vernichtet. Früher habe ich etwas naiv gedacht, das Thema des Stückes sei die angefeindete Liebe zwischen einem alten Mann und einer jungen Frau. Nein, es geht weniger um Moralnormen als um den unerbittlichen Erbschaftsanspruch der Kinder. Clausen fragt: „Habt ihr, was mich betrifft, das Recht der Inquisition?“ Meine Mitspieler attackieren mich schon recht fies. Doch sie trösten mich: „Je besser wir das spielen, desto mehr Beifall bekommst du“.

    Sind Tourneen nicht sehr anstrengend?

    Bause: Natürlich ist es kein Zuckerschlecken. Andererseits bleibt man auch geistig fit, wenn man jeden Abend die Hauptrolle im gleichen anspruchsvollen Stück spielen muss. Ja, es ist anstrengend, aber auch sehr schön.

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