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Gerolzhofen: Von Nazaret-Heimat und Kafarnaum-Heimat

Gerolzhofen

Von Nazaret-Heimat und Kafarnaum-Heimat

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     Mit dem ursprünglich emotional belanglosen juristischen Begriff „Heimat“ befasste sich Pfarrer Stefan Mai beim Vortrag für die katholischen Verbände im Pfarrer-Hersam-Haus.

    Josef Stumpf, der Sprecher des Leitungsteams der die Veranstaltung ausrichtenden Kolpingsfamilie, hatte zuvor die zahlreich gekommenen Frauen und Männer ebenso wie den Referenten willkommen geheißen.

    Zum Einstieg verwendete der Seelsorger unter anderem die Frage: „Was hässt des ´dahemm is dahemm`?“ Laut Mai sei der Begriff „Heimat“ in gewisser Weise an die Natur gekoppelt, vor allem etwa an die Berge, also an das Althergebrachte, das im Gegensatz zur Moderne einer Stadt stehe. Die Nationalsozialisten hätten seinerzeit den Begriff eher verfälscht gebraucht. Mais persönlicher Heimat-Begriff ist mit einer Kuh verbunden – „dahemm in Üchtelstücht" (Üchtelhausen). Heimat sei auch dann quasi spürbar gewesen, wenn auf seinem Schreibtisch im Internat ein Brief seiner Mutter gelegen habe, oder wenn er selbst mit dem Flugzeug wieder heimischen/deutschen Boden erreicht habe.

    Zu einem Heimatbesuch gehörten für ihn drei Stationen, nämlich der Besuch im Elternhaus, der Besuch der Felder und schließlich ein Friedhofsgang.

    Heimat sei auch etwas, was alle Sinne berühre. So rieche sie - zum Beispiel nach einem warmen Hefezopf, nach frischer Bettwäsche oder nach Omas Schürze. Zum zweiten schmecke sie - unter anderem nach Kaba oder Bratensoße. Drittens klinge sie – auch nach der ersten Schallplatte oder den Geräuschen eines Motors. Er selbst habe als Kind jeden Bulldog im Dorf am Klang erkannt. In einem eingespielten Lied, das von Heimat spricht, lautet der Text: „Vergiss die Heimat nicht – am aller-/allerschönsten ist`s daheim“. Heimat könne aber auch der Ort werden, an dem jemand zwar nicht geboren oder aufgewachsen, aber heimisch geworden sei.

    Heimat sei für viele Menschen verbunden mit einer großen Sehnsucht. Je chaotischer sich die Welt entwickle, desto mehr sehnten sich Menschen nach Heimat, die ihnen die ersehnte und benötigte Sicherheit gebe.

    Im weiteren Verlauf befasste sich Pfarrer Mai auch mit der Heimat in Sprichwörtern und Zitaten oder mit der "neuen Sehnsucht Heimat“, wobei der letztgenannte Aspekt auch am „In-Sein“ von Trachten und Dirndln- selbst bei Jugendlichen - zu erkennen sei. Sehnsüchtige Heimatlieder gebe es auch wieder, so unter anderem von „voXXclub“.

    Unbeheimatet fühlten sich nach Stefan Mais Aussage nicht nur oft jene, die an fremden Orten lebten. Viele Taufeltern wählten für den Taufgottesdienst Bibeltexte, die von Angst und Furcht sprechen. Die Antwort auf seine eigene Frage, was denn da los sei, gebe er sich selbst: Es sei das Unsicherheitsgefühl. Dazu passend ließ Pfarrer Mai den Text „Irgendetwas das bleibt“ der Gruppe „Silbermond“ mit einfließen, in dem es unter anderem heißt: „. . . Gib mir was, irgendwas, das bleibt . . . Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit . . . und . . . Gib mir einfach nur ein bisschen Halt . . .".

    Beim Durchforsten der biblischen Geschichten sei oft wenig von einem romantischen Heimat-Idyll zu finden. Genau das Gegenteil sei der Fall: aufbrechen und zurücklassen.

    Weitere Themen des Vortrags waren „Heimat kann auch fremd werden“, „Nazaret-Heimat“: Jesus kehrte zurück in sein Heimatdorf Nazaret und lehrte. Die Leute nahmen Anstoß an ihm – „Wir wissen doch, wo er herstammt. Seine Familie, so einfache Leute – und der will plötzlich was Besseres sein.“

    Stefan Mai warf die Frage in den Raum, ob denn die Kirche auch heute für Jesus eine Nazaret-Heimat sei. Was wäre, wenn Jesus zurückkehren würde in die neue Heimat, die sich auf ihn beruft und sich „Kirche“ nennt ? Ob er sich verstanden fühlen würde? Wo er wohl zuerst hingehen würde? Kafarnaum, der Lieblingsort Jesu, stehe laut Mai für eine andere Art von Heimat. Kafarnaum-Heimat sei dort, wo es mir geistesverwandte Menschen gebe, die unvoreingenommen auf jemand zugingen.

    Weiter sprach der Referent die Projekt-Heimat an und nannte dafür als Beispiel das hiesige „Kleine Stadttheater“, in dem er selbst mitwirkt. Nach anfänglicher Skepsis („Ist das nicht eine Schuhnummer zu groß?“) existiere jetzt sogar ein eigenes Theaterhaus, in dem das erste große Projekt unter dem Titel „beheimatet“ stehe. Nicht zu glauben sei laut Mai, dass die Jesus-Kafarnaum-Heimat-Idee auch in unserer Zeit eine Chance habe und ihre Bedeutung nie verlieren werde.

    Nach den Unterthemen „Heimat in mir – Heimat im Glauben“ und „Heimat-Glaube“ neigte sich der sehr interessante Vortrag langsam dem Ende zu.

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