Schweinfurt (RICH) Mehr als ein halbes Jahrtausend war Schweinfurt die einzige selbstständige, "freie" Reichsstadt im heutigen Unterfranken. Das Ende dieser auch ruhmreichen Zeit vollzog sich allerdings unspektakulär. Schweinfurt wurde vor 200 Jahren am 4. Dezember 1802 bayrisch, was die Bürger der Stadt damals übrigens zwiespältig aufnahmen. In der aktuellen "Schweinfurter Mainleite" des Historischen Vereins beschäftigt sich Stadtarchivar Dr. Uwe Müller ausführlich mit dem Ereignis.
Mit der Kriegserklärung des revolutionären Frankreichs an Preußen und Österreich begannen im April 1792 die so genannten Revolutionskriege, die nach dem Eintritt des Heiligen Römischen Reiches in den Krieg auch der Reichsstadt Schweinfurt große Lasten zugunsten des Reiches aufbürdeten. Am 30. April rückte das 48 Soldaten starke Schweinfurter Kontingent aus. Es gehörte zu den Truppen des Fränkischen Reichskreises. Aber auch die Einwohner der Stadt selbst hatten unter den französischen Besatzungen der Jahre 1796/97 und 1800/01 schwer zu leiden. Am Ende des Krieges war die Reichsstadt de facto bankrott.
Die Nachricht vom lang ersehnten Frieden zu Lunéville erreichte Schweinfurt am 19. Februar 1801. Pfarrer Heinrich Christian Beck berichtete in der Stadtchronik von 1841 über die am gleichen Tag veranstaltete Friedensfeier: ". . . das Militär trat auf dem Markte in Reihen, die Botschaft zu vernehmen, und rief . . . Viva la République. Musik ertönte, und vom Bleichrasen erschollen 16 Kanonenschüsse . . . Ein Ball im Gasthofe zum Raben beschloß die Feier".
Am 17. April 1801 verließen die letzten französischen Soldaten die Stadt, die im Jahr darauf ihren Status als kaiserlich freie Reichsstadt verlieren und einer Zukunft als kaiserlich bayerische Stadt zweiter Klasse entgegengehen sollte. Am 4. Dezember 1802 versammelten sich die Schweinfurter letztmals öffentlich als Reichsstädter auf dem Markt, um die gute Stube als kurpfalzbayrische Untertanen wieder zu verlassen.
Im Friedensvertrag von Lunéville war nämlich festgelegt worden, dass die weltlichen Reichsfürsten für ihre linksrheinischen Verluste an Frankreich auf Kosten anderer Reichsstände entschädigt werden sollten. Dem so genannten Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 fiel auch die Reichsstadt Schweinfurt zum Opfer. Das Ergebnis hatte aber schon vorher festgestanden: am 2. August 1802, als der Entschädigungsplan der Reichsdeputation vorgelegt wurde. Der bayerische Kurfürst Maximilian IV. Joseph zögerte nicht, er ließ von Schweinfurt am 6. September 1802 militärisch und an besagtem 4. Dezember 1802 zivil Besitz ergreifen.
Begeistert waren die Schweinfurter nicht. Die zwiespältige Haltung spiegelt sich in der Chronik des Weinhändlers Johann Heinrich Wirsing wider: "Es ging manchen doch sehr nahe, da unsere Reichsstättische Verfassung sich ändern sollte, und manche Leute hatten geweint".
Mit dem Rescript vom 28. März 1805 war der bisherige reichsstädtische Rat aufgehoben und die neue Behörde mit Stadtgericht, Verwaltungsrat und Polizeidirektion installiert. De facto bestimmte die Geschicke der königliche Polizeikommissar, zugleich Polizeidirektor. Der Bürger blieb ohne Einfluß. Diese für den bayerischen Staat der Ära Montgelas charakteristische Vorenthaltung jeglicher kommunaler Selbstverwaltungsrechte beseitigte erst das 1818 erlassene "Edikt über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinde". In den Städten und Märkten wurden damit die Magistrate mit einem "freyeren und erweiterten Wirkungskreise" wieder hergestellt.