Wer an diesem Samstagfrüh vorbeikommt, dem verraten es schon die aus der alten Schule in Michelau nach draußen dringenden dumpfen Schläge: Hier gibt momentan bei der Heimatkapelle nicht der filigrane Dirigentenstab, sondern der wuchtige Vorschlaghammer den Takt an. Beim Umbau des Ostflügels neben dem Haupteingang vertauschen die Mitglieder seit Wochen Trompete, Klarinette, Tenorhorn, Tuba oder Schlaginstrumente mit Schlagbohrer, Akku-Schrauber, Schaufel, Schubkarre, Schraubenzieher oder eben mit dem Vorschlaghammer.
Die 1945 gegründete Heimatkapelle investiert viel Eigenleistung und Eigenkapital in ihre eigene Zukunft, aber auch in die des seit dem Sommer 2013 leer stehenden, einst 1965 bezogenen Schulhauses. Dessen Erhaltung wird durch den dauerhaften Einzug der Musiker langfristig gesichert. „Eine klassische Win-Win-Situation“, unterstreicht der aktuelle Dirigent und Vorsitzende Marco Wolf und lobt im selben Atemzug das hervorragende Verhältnis mit der Gemeinde.
40 aktive Musiker
Egal, ob es um Zusammenhalt, Kameradschaft oder darum geht, beim laufenden Umbau anzupacken oder im Blasorchester bei Proben und Auftritten mitzuziehen: Es läuft bei der Heimatkapelle. Marco Wolf und sein Stellvertreter als Dirigent, Matthias Vogt, können aktuell auf 40 aktive Musiker zurückgreifen. 15 Kinder werden in der Bläserklasse von Madeleine Wolf musikalisch herangeführt. Weitere 15 Kinder besuchen den Unterricht in der Flöten- und Gitarrengruppe „SaitenSprung“ von Heidi Siepak-Roth. Dazu kommt der von Nico Heilmann geleitete gemischte Chor „After Eight“ unter dem Dach der Heimatkapelle mit 30 Sängerinnen und Sängern.
Auch wenn man sich momentan auf das große Frühjahrskonzert am 24. März in der Zabelsteinhalle in Traustadt vorbereitet, ist es alles andere als selbstverständlich, dass, wie erst jetzt wieder, 36 Aktive bei der Musikprobe gezählt werden.
„Dann macht man das alles auch gern“, sagt trotz der Doppelbelastung ein sichtlich zufriedener und auch stolzer Vereinschef und Dirigent. Die Mischung aus Alt und Jung mit nicht zuletzt motivierten jungen Leuten in Vorstandschaft und Kapelle mache ihm die Arbeit spürbar leichter, so Wolf.
Bläserklasse seit 2003
Natürlich muss sich auch die Heimatkapelle immer wieder um Nachwuchs bemühen. Dies gelingt aber mit großem Erfolg. Das spricht für die Verantwortlichen an der Spitze von Verein und Kapelle. Marco Wolf wird in diesem Zusammenhang aber nicht müde, die Verdienste seines Vorgängers Heinrich Johannes herauszustellen. Dieser hat 26 lange Jahre den Verein von 1989 bis 2015 zu neuer Blüte geführt und mit der durchgesetzten Bildung der ersten Bläserklasse im Jahr 2003 den Grundstein für die heutige komfortable personelle Situation und den hohen Leistungsstand in der Blaskapelle gelegt.
Bestes Beispiel für die erfolgreiche Jugendarbeit ist Marco Wolf selbst. Er stammt aus Falkenstein. Ein Musikant aus dem kleinen Nachbarort hatte ihn einst als jungen Burschen mit seiner Klarinette im Auto mit zur Ausbildung nach Michelau mitgenommen. Heute steht Marco Wolf selbst als staatlich anerkannter Dirigent an der Spitze der Kapelle und als Vorsitzender an der des Vereins.
Musikanten-Stadl ist zu klein geworden
Der stetige Zulauf führte dazu, dass das Musikanten-Stadl der Heimatkapelle neben dem Bach an der Straße nach Dingolshausen am Ende zu klein geworden war. Ein ausreichend großer Proberaum war zunächst im alten Klassenzimmer auf der Westseite der Schule gefunden worden, bevor es jetzt in der ehemaligen Schule im Flügel rechter Hand vom Haupteingang zur großen und dauerhaften Lösung mit den Räumlichkeiten gekommen ist, die die Gemeinde dem Verein langfristig zur Verfügung stellt. Dies mietfrei. Lediglich die Beteiligung an den Nebenkosten für Heizung, Strom und Wasser schlägt künftig zu Buche.
Dafür bringt die Heimatkapelle nicht nur viel Eigenleistung ihrer Mitglieder ein. Am Ende werden inklusive neuer bequemer Orchesterstühle für die Proben 45 000 bis 50 000 Euro an Eigenkapital in den Umbau und die Einrichtung des neuen Zuhauses gesteckt.
Zu diesem Zweck wurde hier alles durch die fleißigen Helfer auf Rohbauzustand zurückgebaut. Zugleich wurde in Eigenregie bereits die komplette Elektrik erneuert, die neue Heizung eingebaut und eine spezielle Akustikdecke im künftigen Probe- und Aufenthaltsraum eingezogen. Um die Akustik und den Schallschutz zu verbessern, werden die Wände noch mit Dämmelementen verkleidet, damit sich der Verlust am Sound durch die großen Fensterflächen in dem ehemaligen Klassenzimmer auf der Nordseite in Grenzen hält. Hier ist auch Platz für eine Küchenzeile und einen Aufenthaltsbereich, um hier nach den Proben noch zusammensitzen zu können. Auch beim Einbau der angrenzenden zeitgemäßen neuen WC-Anlage durch die Gemeinde und ihren Bauhof haben die Mitglieder der Musikkapelle mit geholfen.
In dem im Gegenzug entkernten, bereits erwähnten früheren Bubenklo entsteht jetzt ein Lagerraum für die Heimatkapelle, um hier zum Beispiel Notenmaterial, Musikanlage oder Uniformen unterzubringen. Um die Räumlichkeiten abtrennen und abschließen zu können, aber auch aus energetischen Gründen, wird im Foyer eine Zwischenwand eingezogen. Das schafft zugleich weiteren Stauraum.
25 ehrenamtliche Helfer
Heinrich Johannes, der erwähnte langjährige Vorsitzende, teilt als Bauleiter die Trupps je nach Bedarf ein und steht auch sonst in vorderster Reihe beim Umbau. Zwischen drei und zwölf Mann sind im Schnitt auf der Baustelle. Samstag ist jeweils Großkampftag. Dann geht es schon früh los. Aber auch sonst vergeht kaum ein Tag, an dem nicht zumindest kleinere Einsätze auf dem Programm stehen. Insgesamt 25 Mitglieder sind beteiligt. Gleich nach der Kirchweih im November hatte man mit den Arbeiten begonnen.
Was selbst gemacht werden kann, wird selbst erledigt, etwa von den Heizungstechnikern, Elektrikern oder Installateuren in den eigenen Reihen. Nur das Verputzen wird mangels eines eigenen Verputzers derzeit vergeben. Die Musikermädchen kochen derweil am Samstagmittag für die Männer auf der Baustelle auf. Auch das spricht für den Teamgeist und die Harmonie innerhalb der Kapelle.
In der einstigen Turnhalle im Untergeschoss sind inzwischen neben der Heimatkapelle die Kirchweih, der Fasching, die Theatergruppe sowie die Faustballer und Tischtennisspieler der DJK zuhause. Für die hier stattfindenden Veranstaltungen stehen jetzt die neuen Toiletten einen Stock höher zur Verfügung. Zudem nutzt die Dorfjugend neben der Theatergruppe in der alten Schule einen Lagerraum.
Tag der offenen Tür
Am 27. Mai soll das neue Musikerheim rechtzeitig zum Musikalischen Bieranstich im Schulhof nebenan fertig sein und die Veranstaltung mit der Einweihung und einem Tag der offenen Tür verbunden werden. Das Ereignis will man zugleich dazu nutzen, vor allem Nachwuchs für die neue Bläserklasse zu werben, die mit Schulbeginn im Herbst loslegen wird. Wer Interesse hat, kann deshalb an diesem Tag bei der Heimatkapelle reinschnuppern und schon einmal Instrumente ausprobieren. Marco Wolf: „Das wird ein recht bunter Tag werden.“