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Wamme schneiden gilt nicht

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Wamme schneiden gilt nicht

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    Dass man Unregelmäßigkeiten im Fell nicht einfach schneiden darf, erklärt
Rainer Steinmüller, Vorsitzender des KZV B 1126, dem zehnjährigen
Nachwuchszüchter Benni.
    Dass man Unregelmäßigkeiten im Fell nicht einfach schneiden darf, erklärt Rainer Steinmüller, Vorsitzender des KZV B 1126, dem zehnjährigen Nachwuchszüchter Benni. Foto: FOTO SUSANNE MARQUARDT

    Allerdings würden klangvollere - und längere - Namen schlicht nicht auf die Ohren der betroffenen Zuchttiere passen. Schließlich muss der Vereinsname von einem auserwählten Tätowiermeister zur Kennzeichnung in das rechte Ohr tätowiert werden. Im linken stehen Geburtsdatum und eine fortlaufende Nummer. Spätestens jetzt weiß der Laie, warum Kaninchen so lange Ohren haben müssen. Ohne diese Nummerierung hätten weder Züchter noch Preisrichter auf großen Ausstellungen eine Chance, die Tiere auseinanderzuhalten.

    Zum hundertjährigen standen jüngst 200 Langohren aus 19 verschiedenen Rassen bei der Kreisjungtierschau auf der Anlage des Vereins zur Begutachtung bereit. Es ist das erste Mal in ihrem jungen Kaninchenleben, dass sich die Tiere von ihrer besten Seite präsentieren müssen. Während der Bewertung sind nur der Preisrichter und seine beiden Helfer im Ausstellungsraum. Hier wird kein Schmu betrieben, Bestechung ist unmöglich, schöne Augen dürfen nur die Kaninchen selber dem Preisrichter machen.

    Drei Jahre Ausbildung zum Richter

    Etwa drei Minuten braucht der erfahrene Richter nach seiner dreijährigen Ausbildung für eine Begutachtung. Körperbau, Proportionen, Fellbeschaffenheit und Kopfform werden genau unter die Lupe genommen. "Wenn das Kaninchen eine kleine Wamme hat, dann kann man ein bisschen das Fell am Hals schneiden", gibt Benni gleich ein paar Insider-Tipps. Doch der Vorsitzende des Kaninchenzuchtvereins, Rainer Steinmüller, klärt den Juniorzüchter auf, dass dieser Trick nicht so ganz erlaubt ist. "Bei einer kleinen Wamme, kann man die Haare am Hals ein bisschen glatt kämmen, mehr geht nicht", rückt Steinmüller den Trick beim Hasen-Doppelkinn zurecht.

    Der Begriff "Hase" hat jedoch in der idyllisch gelegenen Zuchtanlage am Sauranken gar nichts verloren. "Hase und Kaninchen sind etwas völlig anderes", verrät Rainer Steinmüller. So komme das Kaninchen im Gegensatz zum Hasen ohne Fell auf die Welt. Auch eine Kreuzung zwischen beiden Gattungen würde nicht funktionieren, und das steht schließlich in einem Zuchtverein im Vordergrund. Gilt es im ersten Kaninchenjahr noch, sich von seiner besten Seite den Preisrichtern zu präsentieren und gute Bewertungen einzuheimsen, so beginnt im zweiten Jahr die Paarungszeit.

    Doch hier gilt nicht das geflügelte Wort von der Vermehrung wie die Karnickel: Höchstens dreimal pro Jahr soll die Häsin Junge werfen. "Man braucht pro Rasse und Farbe mindestens zwei Rammler und zwei Häsinnen", rechnet Helmut Seuffert vor. Da es bei seiner Zuchtrasse "Kleinsilber" allein sechs Farbschläge gibt, hat der ambitionierte Züchter schon mindestens 24 Kaninchenbuchten besetzt. Bei drei Würfen im Jahr mit jeweils vier bis fünf Jungtieren wären das zusätzlich 150 Jungtiere. Geht es in den Buchten also doch zu "wie bei den Karnickeln"? Vereinsvorsitzender Rainer Steinmüller beruhigt: "Wenn ein Tier nicht zur Zucht geeignet ist, dann wird es entweder als Streicheltier verkauft oder landet im Kochtopf."

    Der Kochtopf ist kein Tabu

    Was dem Laien wie eine Tabufrage vorkommt, ist in Züchterkreisen gang und gäbe. "Die Züchterfrauen haben sogar ein eigenes Kochbuch herausgegeben mit verschiedenen Kaninchenrezepten", klärt der Schwanfelder Züchter Helmut Seuffert auf. Er selbst jedoch steht weniger auf Rollbraten, Ragout oder Rouladen seiner Rassetiere. Nicht jedoch aus Gründen der Pietät, sondern weil derartige Gerichte auf dem elterlichen Bauernhof früher jeden Sommer mehrmals auf den Tisch kamen.

    Doch Schlachten und Zubereiten steht dennoch auf seinem Plan. "Ich hatt' schon mal einen Rammler auf dem Tisch, der hat so viel gekostet, wie drei ausgewachsene Säu", erinnert sich der ehemalige Kaninchen-Tätowiermeister an einen Fehlkauf. Die Züchterei rechnet sich sowieso nicht, da sind sich alle einig. Schließlich schlagen neben den jährlichen Impfungen gegen die Kaninchenseuche RHD auch Tätowierungs-, Futter- und Ausstellungskosten zu Buche.

    Auch Benni weiß über die Preispolitik Bescheid: "Wenn ein Kaninchen nicht zur Zucht taugt, dann verkauf' ich es für zehn Euro als Streichelkaninchen." Doch die Hälfte davon bekommt der Opa. Schließlich muss wieder neues Futter gekauft und angebaut werden. Über den Opa oder die Eltern kommen die meisten Kinder zur Kaninchenzüchtung. Benni füttert "nur so ab und zu", während sich der vierzehnjährige Adrian bereits jeden Tag um seine Langohren kümmert. Und wen einmal das Fieber gepackt hat, der kommt immer wieder zur Züchterei zurück, sind sich die "alten Hasen" des Züchterhobbies sicher.

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