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SCHWEINFURT: We will miss you: Wie spannend ein Besucherbuch sein kann

SCHWEINFURT

We will miss you: Wie spannend ein Besucherbuch sein kann

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    Selten liest sich ein Besucherbuch so spannend wie jenes, das in der Ausstellung „Schweinfurt und seine Amerikaner“ in der Glashalle des Konferenzzentrums auslag. So viele Geschichten, so viele Liebeserklärungen an die „wunderbaren amerikanischen Freunde“, so viele Komplimente für die Ausstellung, so viele Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse, an den Geschmack der ersten Hersheys Schokolade, an Kaugummis und Erdnussbutter, so viel Trauer über den Abschied der Amerikaner nach rund 70 Jahren in Schweinfurt haben die Verantwortlichen der Ausstellung schon überrascht.

    Das Besucherbuch ist eine gute Ergänzung zum Katalog, in dem Kuratorin Daniela Kühnel bereits viele spannende und teilweise sehr private Geschichten veröffentlicht hat, und wird deswegen auch im Stadtarchiv aufbewahrt. Gleich auf der ersten Seite erinnern sich Ilse und Kurt Rosenthal, wie es war, auf der Heeresstraße hinter den Panzern herzurennen und „Hersheys“ zu kriegen. Aber nicht nur die feine Schokolade war verlockend, für manche Frauen waren es auch die Soldaten selbst. Eine Susi B. schreibt sehr freizügig, dass sie „als junge Dinger Amis aufgerissen haben“.

    Franz Z. hat bei den Amerikanern Abenteuer erlebt, von denen Jugendliche heute träumen könnten. Er riss von zuhause aus und besuchte heimlich die GI's im Wald. Dort rauchte er seine ersten Zigaretten und naschte Schokolade aus Manöver-Verpflegung. Die erste Pizza gab es bei einer Soldatenfamilie in Askren Manors.

    Franz Z. hat mit den Soldaten Country Music gespielt und Ice Cream gegessen. Unvergessen auch, als er nach einem Manöver Munition fand und sie auf dem elterlichen Hof anzündete, während die Mutter auf dem Melkschemel saß. „Auswirkung war verheerend“ schreibt er, bevor er sich für die spannende Jugendzeit bedankt.

    Mit „hugs and kisses“, also Umarmungen und Küssen verabschiedet sich Jutta K. von den Freunden. Ihre Eltern arbeiteten als Hausmeister in der „Housing“. Der Vater war kriegsbeschädigt, wurde von den Amerikanern sehr höflich, würdevoll und mit großer Anerkennung behandelt, schreibt sie dankbar. Andere, wie Jutta S., erinnern daran, dass die Amerikaner nicht nur Besatzer waren, sondern den Deutschen ein sehr großes Gefühl von Sicherheit vermittelten. „Es ist ein komisches Gefühl in dieser Zeit der Bedrohung durch Isis und Co, dass sie uns verlassen.“

    Natürlich gibt es zwischen all den Freundschaftsbekundungen und positiven Erinnerungen auch Kritik. Einige Besucher bedauerten, dass der Ausstellung nicht mehr Raum gewährt wurde. Und ein paar wenige haben auch sehr schlechte Erinnerungen. Ein W.D. aus Schweinfurt beschreibt einen Überfall im September 1975. Er war mit dem Rad zwischen Kennedy-Ring und Schuttberg unterwegs, als er von drei Amerikanern in Zivil angehalten wurde. Zwei hätten ihn mit dem Messer bedroht, der dritte habe ihm die Taschen ausgeräumt und 53 Mark erbeutet. Schließlich hätten sie ihm noch die Reifen plattgestochen. George Ohl, der in der Ausstellung oft erwähnte Presseoffizier, hätte sich nur mit acht Männern der Military Police und zwei deutschen Polizisten in die Bar „Lili Marleen“ gewagt, um nach den Tätern zu suchen.

    Etliche Einträge im Besucherbuch stammen von Menschen, die hier stationiert waren, von deren Angehörigen und natürlich von deutschen Frauen, die einen Soldaten geheiratet hatten. Dem Thema Liebe widmet Kühnel ein eigenes Kapitel im Katalog, der auch nach dem Ende der Ausstellung eine spannende Lektüre ist. Mit mehr als 6000 Besuchern war diese Ausstellung eine der erfolgreichsten der Reihe „Made in Schweinfurt“. Der letzte amerikanische Soldat hat inzwischen die Stadt verlassen. Laut Besucherbuch gilt für beide Seiten: We will miss you – wir werden euch vermissen.

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