„Keen Bangen, Papa. Dat is nich gefährlich, een verjaagt sik blot's beten“. Obwohl auch Stücke in englischer und französischer Sprache auf dem Spielplan stehen – Plattdeutsch wollte Theaterleiter Christian Kreppel seinen Senioren nun doch nicht zumuten. So wurde im Gastspiel des Hamburger Ohnsorg-Theaters mit der Farce „Weiße Pracht“ feinstes Hochdeutsch gesprochen. Übrigens: Der plattdeutsche Anfangssatz heißt: „Keine Angst, Papa. Das ist nicht gefährlich, man erschreckt sich nur ein bisschen“.
In Zeiten des Theatersterbens – das betrifft auch die für Schweinfurt wichtigen Tourneetheater – gelang es Christian Kreppel, eine alte Verbindung zu reanimieren: 1971 gastierte im Schweinfurter Theater wohl erst- und einmalig das Ohnsorg-Theater mit seinem Star Heidi Kabel (1914-2010). Künftig werden die Hamburger Komödianten hier wieder ab und zu für gute Laune sorgen. Für Hamburg-Besucher: Heute befindet sich das kleine Theater im Hamburger Bieberhaus, am Heidi-Kabel-Platz, direkt am Hauptbahnhof.
Trügerische Weihnachtsidylle
In einem liebevoll gestalteten Bühnenbild (Kathrin Reimers) steckt Oma Ida (Edda Loges) bis zum Hals in Weihnachtsvorbereitungen. Doch sie ist guter Dinge: Sie freut sich auf den Besuch ihrer Tochter Edith (Meike Meiners), die alle Jahre wieder mit Ehemann Herbert (Robert Eder) und ihren inzwischen fast erwachsenen Kindern Christine (Aline Krohn) und Sebastian (Patric Dull) am Heiligen Abend zu Besuch kommt. „Das wird ein wunderschönes Fest“. Für eine erste Ahnung kommender Disharmonien sorgt der grantelnde Opa Jakob (Wilfried Dziallas). Ihn nervt die Harmoniesucht seiner Frau, der Stress mit der Verwandtschaft und dann noch kein Schnee: „Womit habe ich das verdient, erst der Russlandfeldzug, und dann das“, mosert Jakob.
Mit dem Eintreffen der Gäste, dabei auch Idas Bruder Eugen (Olaf Kreutzenbeck) und ihre Freundin Trudi (Annett Daus) kommt noch mehr Zündstoff ins weihnachtliche Heim: Sebastian begrüßt seinen Opa mit einem Elektroschock-Händedruck, der beginnt die obligatorischen Streitigkeiten mit seinem Schwiegersohn. Edith glaubt, dass Ehemann Herbert sie betrügt und Christine hat einen neuen Freund, von dem sie ein Kind erwartet. Der heißt Ulas, und ist ein Nachfahr des letzten Sultans von Izmir (Evangelos Sargantze).
Eine Katastrophe nach der anderen
Autor Stefan Vögel und Regisseurin Sandra Keck lassen eine Katastrophe auf die nächste folgen, sparen dabei nicht mit Klischees. Das Publikum amüsiert sich über die Streitigkeiten, die Pannen und das furiose Durcheinander, das die Komödianten mit viel Tempo und Spielwitz auf der Bühne entfachen. Doch hat nicht der eine oder andere Zuschauer schon Ähnliches an besonders geplanten Festtagen erlebt?
Aber zum Schluss siegt dann doch der Geist des Weihnachtsfestes. Auch die Generationen vertragen sich wieder, Ulas, der künftige junge Vater, verblüfft mit einem gekonnten Breakdance. Großer, langer Schlussapplaus für die Gäste aus Hamburg.
Manfred herker