„Opa Pfeif“, wie ihn alle nennen, hat den Finger als erster oben. Und auch Ludwina meldet sich sofort, als Jacqueline Eidam fragt, wer sich mit hinein traut in den Streichelzoo im Wildpark an den Eichen.
Johannes Pfeif und Ludwina Streng leben im Pflegezentrum Am Wasserturm und dort in der Demenzabteilung. Wohnbereichsleiterin Eidam hatte die Idee, mal rauszufahren. Und alle waren begeistert.
Schon die Busfahrt waar für viele Heimbewohner ein Ereignis
Das Ende 2014 eröffnete Pflegezentrum am Bergl wird von dem Familienunternehmen „Kranken- und Altenpflege Geißler GmbH“ betrieben. Im Haus leben derzeit 98 Senioren, darunter die 18 Senioren der Demenzabteilung. Alle sind mitgefahren zum Waldspielplatz. „Schon die Busfahrt war für viele ein Ereignis“, sagt Eidam.
Die Betreuung der 75- bis über 90-Jährigen – die bisher mit 102 älteste Mitbewohnerin ist kürzlich gestorben – findet in der Regel im Haus statt. Zum Team gehören ein Dutzend Mitarbeiter.
Das Team zieht mit, sogar die Urlauber opfern Freizeit
Die Idee zum Ausflug gerade jetzt in der Sommerzeit offenbarte die Abteilungsleiterin zunächst den Kolleginnen. Sie weiß, dass das stressiger ist als in der für die Senioren gewohnten Umgebung. Möglichst viele Mitarbeiter mussten deshalb mitziehen. „Alle haben Ja gesagt“, freut sich Eidam. Dass zum Wildpark auch Sandra Smuda nach einem Dienst in der letzten Nacht und die urlaubenden Kolleginen Susann Günther und Michaela Meier mitgekommen sind, zeige den Teamgeist.
Das Ausflugsziel lag deshalb nahe, weil die Bewohner mit „Stationshund“ Ludwig, der altenglischen Bulldogge von Eidam, Tiere gewohnt sind und „auf Tiere eigentlich immer gut reagieren“. Auch Chefin Mirjam Geißler ist mit dem Ausflug einverstanden. Im Wildpark hat man sich vorsichtshalber angemeldet und das Team um Thomas Leier hat Tische für die Brotzeit reserviert und abends den Grill angeworfen.
Um 13 Uhr kommen alle 18 Senioren und die zehn Mitarbeiter am Wildpark an. Einige sitzen im Rollstuhl, einigen hilft der Rollator beim Vorwärtskommen, einige werden geführt, zwei laufen alleine.
Die unterschiedlichen Grade der Demenz erkennt auch der Reporter sehr schnell. Ruth Schäfer-Stühler ist noch recht fit, verrät dem Zeitungsmann ohne Probleme ihr Alter: „Ich bin 84“. Auch Johannes Pfeif hat seine 85 Lebensjahre sofort parat.
Eine Dritte ruft bei der gleichen Frage „Zwanzig“. Als einige der Altenpflegerinnen lachen, lacht sie mit und ruft „120“. Sie weiß ihr Alter wohl wirklich nicht mehr. Aber Martha Schwab antwortet auf die Frage, wie ihr der Ausflug gefällt, begeistert: „Wunderbar, wunderbar“.
Abteilungsleiterin Eidam: Berührung ist wichtig
Berühren und Umrarmen ist wichtigEine Seniorin ist sichtlich unzufrieden. Das sei bei ihr öfter der Fall, der Grund sei aber eher die Unzufriedenheit „mit dem Durcheinander in ihrem Kopf“, erklärt die Wohnbereichsleiterin. Sie geht zu ihr hin, umarmt sie. Die Laune bessert sich schlagartig. „Berührung ist wichtig und ohne Feingefühl geht das auf so einer Station überhaupt nicht“, stellt Eidam fest. An dieser Stelle berichtet die Abteilungsleiterin über die jüngste Anschaffung: Einen Schallplattenspieler. Fast alle singen mit, die alten Schlager sind „hängen geblieben“.
Dann geht und rollt das mutige Trio hinein in den Streichelzoo neben dem Wildschweingehege. Die Betreuerinnen Alba Sanchez, Gisela Täschner und Verena Hümpfer im Schlepptau. Angst hat wirklich keiner. Die Ziegen scheinen an diesem Tag aber schon satt zu sein. Sie trotten aber, als Johannes Pfeif, Ludwina Streng und Ruth Schäfer-Stühler das zuvor gekaufte Futter reichen, doch los und fressen den Senioren aus der Hand.
Bleibt ein solches Erlebnis hängen? „Ja“, sagt Abteilungsleiterin Eidam. Viele speichern das und erinnern sich noch einige Zeit später daran wie wir an den letzten Urlaub, an den sich zu erinnern den Alltags-Stress besser zu bewältigen.