Ein Warnstreik war es nicht, "nur" eine so genannte aktive Mittagspause. Diese opferten etwa 150 Beschäftigte des Bezirkskrankenhauses Werneck am Dienstagmittag, um auf dem Wernecker Marktplatz vor der Schlosskulisse für ihre Forderungen zur besseren Personalausstattung in aller Öffentlichkeit zu demonstrieren. Unterstützt wurden sie dabei durch Abordnungen aus Lohr, vom Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt und aus Würzburg.
"Mehr von uns ist besser für alle"
"Mehr von uns ist besser für alle!" lautet das Motto, das der Fachbereich Gesundheit und Soziales der Dienstleistungsgesellschaft ver.di ausgegeben hat. Dessen Vorsitzender Dieter Rottmann fordert insbesondere in der Psychiatrie "eine gute Personalausstattung, damit die Patientinnen und Patienten in der Region auf die beste Weise behandelt werden können". Genau dies sei jedoch in Gefahr, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin von ver.di Schweinfurt, Marietta Eder.

In den letzten Wochen habe der Gemeinsame Bundesausschusses (GBA) über die neue Personalbemessung in Psychiatrien und weiteren Bereichen des Krankenhauses verhandelt. Die bisherige Regelung, knapp 30 Jahre alt, müsse auf die Höhe der Zeit gebracht werden. Daher fordere ver.di seit langem eine Anpassung der Personalausstattung, so Marietta Eder weiter. Laut Fachverbänden fehlten bis zu 30 Prozent Personal - Pfleger, Ärzte, Therapeuten, Psychologen. "Wir haben neue Aufgaben und Berufsgruppen, diese müssen in der neuen Verordnung berücksichtigt werden", ergänzt Rottmann.
Problem: Gewalt gegen Beschäftigte
Ein weiteres großes Problem sei Gewalt gegenüber den Beschäftigten und die sogenannte 1:1-Betreuung, die viel Personal binde. Dem könne nur mit ausreichender personeller Besetzung wirksam begegnet werden. "Wir stehen hier nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Patienten und ihre Angehörigen, die eine gute Versorgung verdient haben", so Rottmann. Doch statt Verbesserungen drohten sogar Verschlechterungen bei der Personalausstattung für die Kliniken.
Die Schülerin Juliane Vormwald will mehr Zeit für die Menschen statt einen großen Teil davon vor dem Computer mit Dokumentationen zu verplempern. "Wenn keine Verbesserung kommt", sagt sie, "bin ich sicher, dass viele von uns in andere Bereiche wechseln werden. Wer pflegt dann einmal uns?"
Mitleid mit dem Personal
"Viele Patienten haben inzwischen schon Mitleid mit dem Pflegepersonal", sagt Wilfried Bils, Personalratsvorsitzender des Psychiatrischen Krankenhauses in Lohr. Er fordert die im GBA versammelten Vertreter von Pharmaindustrie, Kassen und Verbänden auf, die Personalsituation dringend zu verbessern. Und: Grünen-MdL Paul Knoblach (Garstadt, Lkr. Schweinfurt), früher selbst 36 Jahre lang Krankenpfleger in der Wernecker Psychiatrie, sagt seine Unterstützung des Anliegens zu, weil er die Situation aus eigener Erfahrung kenne.
"Die Zeit drängt", ruft Marietta Eder den Psychiatrie-Beschäftigten zu. Bereits am Donnerstag, 19. September, werde im GBA über neue Regeln zur Personalausstattung entschieden, die dann für Jahre die Arbeitsbedingungen bestimmen würden. Deshalb der Aufruf zu dieser 45-minütigen "aktiven Mittagspause". Die Psychiatrie-Personalverordnung von 1991 müsse dringend verbessert werden.