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Schweinfurt: Wie ein Schweinfurter Kindergarten die Coronakrise erlebt

Schweinfurt

Wie ein Schweinfurter Kindergarten die Coronakrise erlebt

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    Fast leer ist die Katholische Kindertagesstätte KiZ St. Maximilian Kolbe in Schweinfurt. Nur zwei Kinder wurden Anfang der Woche hier betreut.
    Fast leer ist die Katholische Kindertagesstätte KiZ St. Maximilian Kolbe in Schweinfurt. Nur zwei Kinder wurden Anfang der Woche hier betreut. Foto: Martina Müller

    Die Katholische Kindertagesstätte St. Maximilian Kolbe in Schweinfurt wollte die Zeit der Schließung nutzen, um große Projekte anzugehen: Die Werkstatt herrichten, damit die Kinder nach Corona darin werkeln können. Den Garten schön machen. Warum die Erzieher trotzdem arbeiten müssten, hätten immer wieder Leute gefragt, sagt Erzieherin Martina Müller, wenn doch alle Kinder zuhause seien. Seit der Anordnung zur Schließung haben sie Sandspielsachen gesäubert, Fahrräder auf Mängel geprüft, die Werkstatt gestrichen, Textilien gewaschen. Sie hielten sich an Abstandsregelungen bei Besprechungen. "Ein Kindergarten ohne Kinder fühlt sich ganz komisch an", sagt Müller.

    An diesem Montagmorgen werden zwei Kinder in der Einrichtung betreut, ansonsten etwa 140. Die Pläne sind über Bord geworfen. Es ist der Montag, nachdem Ministerpräsident Söder Ausgangsbeschränkungen in Bayern verhängt hat. Für das 27-köpfige Personal heißt es nun: Homeoffice, Überstunden abbauen, Urlaub nehmen. "Niemand, der keinen triftigen Grund hat, hier zu sein, darf das", sagt Leiterin Ninette Schmitt. Eine Anweisung, die für alle Katholischen Einrichtungen gelte, sei von Generalvikar Thomas Keßler gekommen. 

    Einen Tag vor den Ausgangsbeschränkungen fand eine Besprechung im Freien und mit nötigem Sicherheitsabstand statt.
    Einen Tag vor den Ausgangsbeschränkungen fand eine Besprechung im Freien und mit nötigem Sicherheitsabstand statt. Foto: Martina Müller

    Einzelne Erzieherinnen sind zur Notbetreuung eingeplant. Von montags bis freitags, von sieben bis 17 Uhr. "Wir stehen in einer gewissen Verantwortung", sagt Schmitt. "Die Leute daheim haben große Probleme, in vielen Situationen sind normalerweise Oma und Opa eingeplant." Seit Samstag gebe es neue Regelungen. 

    Der Kreis der zur Notbetreuung Berechtigten wurde mit Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung vom 21. März 2020 ausgeweitet, heißt es in einem Newsletter des Bayerischen Familienministeriums. Anspruch auf Notbetreuung bestehe nun auch dann, wenn nur ein Elternteil entweder in der Gesundheitsversorgung oder der Pflege – darunter zählen auch Jobs, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs dienen, also auch das Reinigungspersonal oder die Küche, nötig sind – tätig seien. 

    "Wir haben die Kinder der Leute aus den kritischen Berufen."

    Ninette Schmitt, Leiterin der Katholischen Kindertagesstätte St. Maximilian Kolbe in Schweinfurt.

    Wie viele Kinder betreut werden müssen, erfahren die Erzieher jeden Morgen aufs Neue, "notfalls, wenn sie vor der Tür stehen", sagt die 54-Jährige. Die Situation stellt das Team vor Herausforderungen. Es gebe so viele Dinge, die man jetzt bedenken müsse, sagt Schmitt. "Wir sind ein Rädchen in dem gesamten System. Und ein entscheidendes, wenn es darum geht, ob eine Krankenschwester arbeiten kann oder nicht."

    Ein Projekt der kinderlosen Zeit sollte die Umgestaltung einer Werkstatt in eine geeignete Kinderwerkstatt werden.
    Ein Projekt der kinderlosen Zeit sollte die Umgestaltung einer Werkstatt in eine geeignete Kinderwerkstatt werden. Foto: Martina Müller

    Gleichzeitig macht sich die Leiterin auch Sorgen. Schließlich müsse man auch aufpassen, dass sich in der Einrichtung niemand infiziere. "Wir haben die Kinder der Leute aus den kritischen Berufen." Fragen über Fragen würden sich ergeben: Wie ist der Sicherheitsabstand einhaltbar zwischen Erzieher und Kind, zwischen Kind und Kind? "Was, wenn ich ein kleines Kind füttern, ihm den Mund abwischen oder ihm die Windel wechseln muss?", fragt sich die 54-Jährige. "Wie groß dürfen die Betreuungsgruppen sein?"

    Schmitt und Müller denken aber auch schon weiter, an die Zeit nach der Krise. Auch hier stehen Fragen im Raum, Antworten hat niemand oder "kann man noch nicht geben", sagt Schmitt. Wie kommen die Kinder nach den Wochen zuhause in die Einrichtung zurück? Was hat all das mit ihnen gemacht? Wie viel Angst ist in den Familien vorhanden? Wie wird das Thema aufgearbeitet, wie wird mit den Kindern gesprochen? "Was macht das mit einem kleinen Kind, wenn es die Bewegung nicht hat, die es braucht", fragt sich Schmitt.

    Martina Müller, die für die Sprachförderung im Kindergarten zuständig ist, zeigt sich besorgt, wenn es darum geht, ob die Kinder womöglich Rückschritte machen, wenn Sprache nicht geübt werde. Schon vor der Schließung hätten Kinder am Esstisch über Corona gesprochen. "Die Kinder hatten das voll drauf, was das ist", berichtet Ninette Schmitt. "Sie erleben, was das in der Lebenswelt ihrer Eltern ausmacht."

    Leiterin Ninette Schmitt bereitet den Briefkasten des Kindergarten KiZ St. Maximilian Kolbe vor, damit die Kinder ihren Erziehern kleine Brief oder Nachrichten schicken können. Mit dieser Aktion soll der Kontakt in der "Corona Zeit" zu den Kindern gehalten werden.
    Leiterin Ninette Schmitt bereitet den Briefkasten des Kindergarten KiZ St. Maximilian Kolbe vor, damit die Kinder ihren Erziehern kleine Brief oder Nachrichten schicken können. Mit dieser Aktion soll der Kontakt in der "Corona Zeit" zu den Kindern gehalten werden. Foto: Martina Müller

    Der Kindergarten will trotz Schließung mit seinen Kindern in Kontakt bleiben – auf anderen Wegen. Eine Idee kam ihnen erst an diesem Montagmorgen. Sie wollen ihren Briefkasten gestalten, damit die Kinder ihren Erziehern Briefe schreiben können. Diese wollen sie dann beantworten. Für den Fall, dass die Eltern mit ihren Kindern am Kindergarten vorbeispazieren, haben die Erzieherinnen die Linde auf dem Kirchplatz mit Ostereiern geschmückt. Damit es zumindest wie normal wirkt. Sie wollen wie jedes Jahr eine Kindergartenzeitung machen und den Familien zukommen lassen.

    Das Schlimmste wäre, so sagt es Ninette Schmitt, wenn sich einer von ihren Mitarbeitern infiziert und alle in Quarantäne müssten. "Dann wäre die Einrichtung zu", weiß sie. "Dann müssten wir unsere Kinder in fremde Betreuung geben. Das wäre arg für uns. Dass wir kein zuverlässiger Partner mehr für die Eltern sein können."

    Die Projekte der ersten Woche der Schließung sind inwischen auf Eis gelegt. Doch die Erzieherinnen sind sich einig: "In der jetzigen Situation sind wir für die eine Woche dankbar." 

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