Ein Bundesminister a.D. hat selten viel zu lachen: Einerseits ist er Spitzenpolitiker außer Dienst. Andererseits sieht man ihn gerne als Wegbereiter für Dinge, die aktuell für Kritik sorgen. Auf Facebook wird Hans-Peter Friedrich, der als Bundeslandwirtschaftsminister 2014 über die Edathy-Affäre gestolpert ist, schon mal für Mautpläne und Atomausstieg mitverantwortlich gemacht.
Im Niederwerrner Gemeindezentrum, wo der Vize-Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU als Ehrengast beim 13. Starkbierabend des Ortsverbands auftritt, ist der Empfang freundlich. Anja Weisgerber begrüßt ihn als „Minister der Herzen“. Immerhin war der Oberfranke ab 1993 persönlicher Referent ihres Vorgängers im Bundestag, Landesgruppenchef Michael Glos.
Wenig Gäste, aber gute Stimmung
Seit 1998 vertritt Friedrich die Union im Bundestag. In seiner Zeit als Bundesinnenminister, von 2011 bis 2013, galt er vielen als Hardliner, wenn es um Videoüberwachung oder gesetzliche Bändigung der Neuen Medien ging.
Die Turnhalle ist nicht wirklich gut gefüllt, als Friedrich ans Mikrofon eilt, aber die Stimmung nicht schlecht. Gerade eben standen Marco Breitenbach und Doris Paul von der „Schwarzen Elf“ am Pult, Alleinunterhalter Dieter Mathes greift in die Tasten. In den Krügen schäumt das helle Starkbier einer regionalen Brauerei, bei der sonst eher grüne Politiker gesichtet werden. Schwarz ist es jedenfalls nicht.
„Dunkles Bier wird nur in der dunklen Jahreszeit gebraut“, hat Martin Pensel als Ortsverbandsvorsitzender erfahren, der auch 2017 in markanten Schuhen antritt. Es hat sich kalendarisch alles ein wenig nach hinten geschoben in diesem Jahr.
Die Laune ist mit dem Bier aufgehellt, als Friedrich den Mikrofonständer vor das Pult holt, mit selbstironischen Anspielungen: „High-Heels“ habe er leider keine, auch nicht die außergewöhnlichen Schuhe eines Martin Pensel. Früher sei er öfters in der „Fast-Heimat“ Unterfranken gewesen: „Sie können sich nicht mehr an mich erinnern. Ich kenne Sie noch alle“, flachst der einstige Innenminister, der unlängst 60 geworden ist. Es folgen Lobesworte für Anja Weisgerber, die vor ihm eine kämpferische Wahlkampfrede gehalten hat.
„Wir werden nur gemeinsam eine Zukunft haben in Europa, zwischen China, Russland, Amerika.“
Hans-Peter Friedrich, Vize-Fraktionsvorsitzender CDU/CSU
Friedrich spricht von Zeiten, in denen die Dinge wieder in Bewegung sind wie seit Ende der 80er-Jahre nicht mehr, aber mit umgekehrten Vorzeichen und unberechenbaren Spielern wie Erdogan und Putin. Außerdem heterogenen Interessen in Europa, wo der Süden auf eine Angleichung der Lebensverhältnisse hinarbeite, während die Staaten im Norden vor allem wirtschaftliche Interessen verfolgen würden.
„Wir müssen den Stier bei den Hörnern packen“, fordert Friedrich, der vor allem Deutschland in der Pflicht sieht. Die Sicherheit der Bürger sei eine Kernaufgabe. Man müsse die Ordnungshüter moralisch stärken, jeder körperliche Angriff auf einen Polizisten sei ein Angriff auf den Staat.
„Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt“, sagt der Abgeordnete zum „rot-rot-grünen Berlin“, wo er in der Nähe zum Alexanderplatz wohnt: „Irgendwas ist immer.“ Anders als in München weigerten sich die Behörden aber, dort Kameras aufzustellen.
Friedrich fordert eine EU der Eigenverantwortung
Der Vizevorsitzende verweist auf Quasi-Vollbeschäftigung in Bayern, auf den kleinen Handwerker, der die Zeche zahlen müsse für die Bürokratie sowie auf Umweltministerin Hendricks und deren Bauernregel-Plakate. „Hetze gegen Landwirte“ nennt er das und will die SPD in die Schranken gewiesen sehen. „Deswegen dürfen die nicht allein an die Macht kommen.“ Schulz wolle Eurobonds und damit die gemeinsame Schuldenhaftung, sowie eine europäische Arbeitslosenversicherung. Ein Länderfinanzausgleich genüge. „Wir werden nur gemeinsam eine Zukunft haben in Europa, zwischen China, Russland, Amerika“, sagt Friedrich. Man wolle aber eine EU der Eigenverantwortung. Jeder solle die Konsequenzen seines Handelns tragen. Auch die Türken:
„Es ist mir wurscht, ob sie Erdogan zum Großmufti machen oder nicht.“ Allerdings dürften türkische Konflikte nicht in Deutschland ausgetragen werden. Entsprechend spricht sich Friedrich gegen doppelte Staatsbürgerschaft aus, für Integration und die „christlich-jüdisch-abendländische Kultur“. Zitat Beckstein: „Wir brauchen die, die uns nutzen. Nicht die, die uns ausnutzen.“
Viel Applaus für eine oft emotionale, aber nicht unsachliche Rede. Anschließend darf gelacht werden. Faschingspräsident Hans Karl Wedler schlüpft in die Rolle des Bruder Erasmus, um nach Herzenslust zu derblecken auf dem „Niederwerrner Nockherberg“. Mit eigenen Bauernregeln, Gedanken zu Merkel im Badeanzug, beim Wahlkampf in der Türkei oder Seitenhieben auf die an- wie abwesende CSU-Prominenz. Inspiriert ist die Büttenfigur vom Renaissance-Mönch Erasmus von Rotterdam, Satiriker und früher Europäer.