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Wo August Gaul zu finden ist

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Wo August Gaul zu finden ist

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    Die Tierseele fassbar machen: . Junge Bären, 1904/1913, Bronze, Kunsthalle Bremen, und Katze, 1901, Bronze, vergoldete Augen, auf gestuftem Marmorsockel, Museum der bildenden Künste, Leipzig.
    Die Tierseele fassbar machen: . Junge Bären, 1904/1913, Bronze, Kunsthalle Bremen, und Katze, 1901, Bronze, vergoldete Augen, auf gestuftem Marmorsockel, Museum der bildenden Künste, Leipzig. Foto: Fotos: Museum Georg schäfer

    Nur noch bis 26. Juni ist im Museum Georg Schäfer die Ausstellung „August Gaul. Kleiner Tierpark. Das Schicksal der Skulptur“ zu sehen. August Gauls Tierskulpturen fanden Einzug in Wohnhäuser, Villen, Parks und Gärten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie bestimmten Denkmalanlagen und Plätze in Berlin, Norddeutschland und im süddeutschen Raum. Mit dieser Ausstellung machen Sie eine kleine Reise zu ausgewählten Standorten. Die Reise führt zunächst über Kiel nach Berlin. Der Weg geht weiter von Leverkusen nach Hamburg, von dort nach Philadelphia (USA) zurück in die Rhön. Ferner kommen Sie von Darmstadt über Leipzig nach Kaliningrad (ehemals Königsberg) und Poznan (Posen). Gerade in Berlin befanden sich August Gauls Werke an prominenten Plätzen.

    Zu den verlorenen Standorten der Gaulschen Werke in Berlin zählt ein bekannter verkehrsreicher Ort. Es ist die Leipziger Straße und der Leipziger Platz, welche heute zu Berlins Neuplanungsräumen gehören. Wie dieser Platz um 1900 aussah, zeigen fotografische Zeugnisse zum ehemaligen Standort Kaufhaus Wertheim und zur Villa Mosse. Und jetzt kommt der Tierbildhauer August Gaul ins Spiel: Der Architekt Alfred Messel schuf im Zuge von Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen des Kaufhauses Wertheim eine offene Vorhalle, die einen halbrunden Jugendstil beeinflussten Brunnen von August Gaul barg. In der Ausstellung wird die verkleinerte Fassung der beiden Jungbären aus der Kunsthalle Bremen präsentiert.

    Kaufhaus und Brunnen wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, wenn auch die Skulpturen überdauerten. Das ausgestellte, mit „A. Gaul“ bezeichnete Bremer Exemplar auf gestufter Terrainplinthe soll ab 1913 gegossen worden sein, erworben von der Bremer Kunsthalle in den Jahren 1915/16. Die Zuordnung der Einzelfiguren untereinander gelingt Gaul, indem er das Prinzip der Spiegelung (siehe Hintertatzen) und der starken Gestik anwendet. Das auf einer Kugel balancierende Muttertier blickt nieder zu den Kleinen, eines richtet den Blick hinauf. Die Jungbären wurden bei Betrieb des Brunnens von zwei kleinen Fontänen gesäumt. Der Brunnen wurde jahreszeitlich aufwändig dekoriert.

    Der andere dortige Standort, Leipziger Platz 15 beziehungsweise Voßstraße 22, ist ein tragischer. Die hier beheimatete Familie Mosse wurde 1934 von den Nationalsozialisten enteignet. Die Villa des Verlegers und Kunstsammlers Rudolf Mosse beherbergte einst Gauls große Skulptur Ruhender Löwe aus dem Jahr 1904. Rudolf Mosse (1843–1920) selbst war Auftraggeber für diese Arbeit gewesen. Wie so häufig, fiel der Auftrag an August Gaul durch Vermittlung des Galeristen Paul Cassirer. Gleich im Entstehungsjahr 1904 fand die Plastik ihren Platz in der Eingangshalle des Palais Mosse. Aus dem kriegszerstörten Gebäude wurde der Liegende Löwe erst 1951 in die Alte Nationalgalerie überführt. Stilistisch gehört die heute nicht ausleihbare Großplastik aus Kalkstein aus den Jahren 1902/03 zu den in sich geschlossenen Arbeiten, die Gauls Studium der antiken Kunst referieren.

    In diesen Zusammenhang gehört auch Gauls Auseinandersetzung mit antiker und altägyptischer Skulptur, die von Zeitgenossen mehrfach benannt wird. Der Kunsthistoriker Emil Waldmann äußerte im Jahr 1919 in Kenntnis des reiferen Schaffens des Tierplastikers August Gaul: „Erst, wenn er dann ägyptische und etruskische und archaisch-griechische Dinge ansah, wusste er, wie man der Natur gegenübertreten müsse, um ihr zu dienen und über sie zu herrschen im selben Atemzuge.“ Jahre früher, 1913, sah Curt Glaser in dieser Quelle, vor allem der altägyptischen Kunst, Gauls Sinn für Einfachheit und Natürlichkeit begründet: „Wie die alten Ägypter ihre bronzenen Katzen formten, so bildete sie Gaul wieder, nicht weil er ein Rezept ihnen ablernte, sondern weil die Voraussetzungen seines Schaffens ebenso einfach und natürlich sind wie die des Aegypters.“

    So ein rein formgestalterischer Vergleich ist allerdings nicht zu strapazieren. Die symbolische Bedeutung der ägyptischen Kunst bleibt autark. Dies sei hier beispielhaft mit dem Hinweis auf das Motiv der Katze veranschaulicht, zu dem es heißt: „Ihre Domestizierung fand sehr früh in Ägypten statt, spätestens im 3. Jahrtausend. Sie war das heilige Tier der Göttin Bast von Bubastis, aber auch anderenorts verehrt, infolgedessen streng gegen Tötung geschützt, wurde von eigenem Kultpersonal gewartet und nach ihrem Tod betrauert und mumifiziert,“ (Der Kleine Pauly, Bd. 3, Spalte 168, II. Hauskatze).

    Mit diesem hermeneutischen Kosmos hat Gauls Arbeit nichts gemein, ob es sich um Katze, Löwe oder sonstiges animalisches Wesen handelt. Schließlich sah die ägyptische Kunst in der Tierdarstellung einen verwandelten Menschen. Gauls Arbeit berührt dagegen allein in der abstrakten Anschauung, Tierseele fassbar zu machen. Bis zum Dekorativen konnte seine Gestaltungskraft dann sogar reichen. Einen solchen Ausflug unternahm Gaul mit der Katze als Kühlerfigur für das Auto seines berühmten Galeristen Paul Cassirer. Scharf beobachtete der Künstler die Elastizität des Katzenrückens, formal gesteigert durch die punktuelle Stellung auf gestuftem Marmorsockel.

    Auf der dritten Ausstellung der Berliner Secession im Jahr 1901 zeigte Gaul seine Katze erstmals. Im Museum Georg Schäfer sind zwei Exemplare aus Bronze auf Marmorsockel, Leihgaben aus Leipzig und Meran, im „ägyptischen Raum“ zu sehen. Zur Ausstellung ist eine kleine Broschur erschienen. Aufgrund der befristeten Leihgaben aus großen Museen wird diese umfangreiche Ausstellung nicht verlängert.

    Kostengünstige Sommerfeiertage: Vom 1. bis 26. Juni, bis Ende der Sonderausstellung August Gaul, gilt im Museum Georg Schäfer ein ermäßigter Eintrittspreis von 3,50 Euro, auch an den Feiertagen.

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