Erdbeeren, Kirschen, Brombeeren, Rote Johannisbeeren, Himbeeren: Die roten, verlockenden Früchte sind eine kleine Auswahl dessen, was bei „Mainfrucht“ in Gochsheim für die Lebensmittelindustrie weltweit verarbeitet wird. Damit diese die Säfte, Konzentrate, Pürees oder Aromen für Getränke, Milchprodukte oder Babynahrung verwenden kann. Und damit die weihnachtliche Festtafel nicht auf Wild mit Sauerkirschmarmelade und Johannisbeereis im Fruchtspiegel verzichten muss.
Die Eisdiele um die Ecke, der heimische Bäcker, aber vor allem große, international agierende Lebensmittel-Unternehmen wie Getränkehersteller, Molkereien, Eiscreme- oder Joghurtproduzenten beziehen Fruchtkreationen aus Gochsheim. „Wir produzieren individuell nach den Wünschen der Kunden“, sagt Richard Grünewald aus der Leitung der Unternehmensgruppe „Grünewald international“, zu der die „Mainfrucht“ seit 1956 gehört.
Das kann das sprichwörtliche „Eis des Jahres“ sein, für das im Labor in Gochsheim ein Rezept kreiert wird. Das können das spezielle Karotten- oder Obst-Püree für Babynahrung sein, Aromen für Liköre oder Grundstoffe für pharmazeutische oder Wellness-Produkte.
65.000 Tonnen Obst und Gemüse pro Jahr
Die familiengeführte Firma hatte Richard Grünewalds Großvater vor dem Krieg in der Steiermark in Österreich gegründet. Von Anfang an nicht für das Endkunden-, sondern das Industriegeschäft. Mittlerweile ist das Unternehmen auf sechs Standorte in Europa – Deutschland, Österreich, Polen und Serbien – gewachsen. „Gesund gewachsen“, wie Grünewald betont. 250 000 Tonnen Obst und Gemüse werden pro Jahr verarbeitet, davon etwa 65 000 Tonnen auf dem 6,3 Hektar großen Betriebsgelände in Gochsheim.
„Die Herausforderung ist, dass der wetterabhängige natürliche Rohstoff variiert, der Kunde aber ein standardisiertes Produkt erwartet“, erläutert Grünewald. Ein heißer Sommer wie in diesem Jahr ließ die Früchte süßer werden, mit weniger Säure. Das auszugleichen, sei möglich, weil das Unternehmen in vielen verschiedenen Regionen sein Obst und Gemüse beziehe und daher die unterschiedlichen Kundenanforderungen erfüllen könne.
Von A wie Apfel über F wie Feige bis zu S wie Sauerkirsche und Z wie Zitrone werden bei der „Mainfrucht“ regionale, deutsche, europäische sowie exotische Früchte verarbeitet. Auf Bio- und Vertragsanbau wird Wert gelegt.
„Bei der Gemüseverarbeitung, beispielsweise der Karotte, arbeiten wir ausschließlich mit deutschen Rohstoffen“, erklärt Mainfrucht-Werkleiter Bernd Thielmann. Vor allem Landwirte aus der Region würden vom Vertragsanbau profitieren; ihnen wird spezielles Saatgut zur Verfügung gestellt.
Rote-Beete-Konzentrat als Farbstoff für den Himbeerjoghurt
Konzentrate aus Karottensaft, Holundersaft oder Rote Beete-Saft werden von der Lebensmittelindustrie als natürliche Farbe benötigt. „Das Karotin gibt zum Beispiel dem Vanilleeis den hellen Beige-Ton“, erklärt Grünewald. Und Rote Beete-Saftkonzentrat ist in den roten Joghurt-Sorten enthalten. Es seien aber keine chemischen, sondern ausschließlich natürliche Zusätze, die die Grünewald-Betriebe in Richtung Lebensmittel-Weltkonzerne verlassen, betont der Firmenchef.
In entsprechend große oder kleine Behälter werden die Produkte verpackt: von der Bag-in-Box mit 20 Litern über den Edelstahlcontainer für 200 Liter bis zum Tankzug mit 25 000 Liter. Und das nicht nur in Gochsheim, sondern in allen sechs Werken. „Wir sind überall breit aufgestellt.“
Aktuell in der Produktion: Karotten, Äpfel und Johannisbeeren
Derzeit werden bei „Mainfrucht“ Karottensaftkonzentrat, Apfelpüree und schwarze Johannisbeer-Zubereitung produziert, informiert Produktionsleiter Wolfgang Ludwig, der vor 36 Jahren in der Firma begann. Dass die Produktion in großen Dimensionen geschieht, dass dafür mächtige Anlagen nötig und komplexe Vorgänge zu bewältigen sind, zeigt ein Rundgang durch die Hallen.
Oberste Anweisung für Besucher und die 120 Mitarbeiter: absolute Hygiene, angefangen vom Haarnetz über den Verzicht auf Schmuck bis zum Hände waschen und desinfizieren. „Es geht hier ja um Lebensmittel“, unterstreicht Grünewald. Auch wenn das bei den stählernen Maschinen und blitzblanken Edelstahltanks kaum sichtbar wird.
Hier und da begegnet man doch dem Obst und Gemüse: Auf einem Laufband werden tiefgefrorene Schwarze Johannisbeeren aus einem Partnerbetrieb ausgebreitet und von Mitarbeitern kontrolliert. Die Beeren müssen durch einen Metalldetektor hindurch kullern, bevor sie in einen riesigen Kochtopf fallen.
Dort werden sie schonend aufgetaut und eingekocht und mit weiteren Zutaten versehen. „Das hier ist für Johannisbeereis“, verrät Ludwig.
Dampfschäler statt Sparschäler
Berge von heimischen Karotten, quasi frisch vom Acker, lagern in einer anderen Halle. „Wir können hier 300 Tonnen am Tag entgegen nehmen“, sagt der Produktionsleiter. Saft und Konzentrat wird aus den Gelben Rüben gefertigt. Behaftet mit Erde und Steine müssen sie zunächst gereinigt werden. Das geschieht auf dem Weg über Rollenbänder und in der großen Waschtrommel.
Dann gelangen die Karotten in ein Sprudelbad und schwimmen in den Dampfschäler. Dort erhält die äußere Haut durch den Dampfstoß Risse, so dass in einer weiteren Maschine schonend abgebürstet werden kann.
„Zwölf bis 15 Tonnen pro Stunde können hier verarbeitet werden“, macht Ludwig die Dimensionen deutlich. Eine Mühle zerkleinert dann die Karotten, bevor sie erhitzt und in die Produktion gepumpt werden.
Das Unternehmen investiert kontinuierlich in die Technik, derzeit wird eine Halle für eine optimierte Abfüllanlage gebaut. Dass diese industrielle Lebensmittelherstellung im Bewusstsein der Bevölkerung kaum angekommen ist, weiß der Unternehmer. Dabei nehme tagtäglich fast jeder Mensch irgendein Produkt aus dieser Art der Zubereitung zu sich.
Den Standort in Gochsheim bezeichnet Grünewald trotz des harten Wettbewerbs in der weltweiten Agrarproduktion als sehr gut. „Das Know How, das Fachwissen der Mitarbeiter und unsere Firmenphilosophie sind attraktiv für unser breites Kundenspektrum in Deutschland. Und: Wir sind hier nah am Kunden.“
Das ist die „Mainfrucht“ auch durch das daneben liegende Kühlhaus und Logistikzentrum „Mainfranken“ mit über 10 000 Tiefkühlplätzen. Es ergänzt die Lagerungskapazität und garantiert kontinuierliche Arbeitsprozesse. „Bei uns ist immer Saison“, sagt Produktionsleiter Ludwig.