Dieser Blick, diese Weite und gleichzeitige Nähe zum Dorf: Einfach umwerfend! Nicht nur mit der großen Dachterrasse haben Simone und Johannes Rupprecht ihren Wohntraum verwirklicht. Sie haben ein normales 70er-Jahre-Gebäude in ein modernes, offenes und lichtdurchflutetes Wohnhaus verwandelt, unter dessen Dach drei Generationen sehr viel Platz haben.
Kaum mehr erahnen kann man an diesem weiß-grauen Haus am Hang über dem Altort von Schraudenbach das Baujahr 1972. Es wirkt nicht mehr so wuchtig und klotzig wie andere Gebäude aus dieser Zeit. Das typische 40-Grad-Satteldach wurde abgenommen, ein Vollgeschoss mit flachem Satteldach stattdessen errichtet, in gleicher Firsthöhe wie die benachbarten Häuser in dieser ersten Schraudenbacher Siedlung der 70er Jahre.
Dieses Dachgeschoss ist allerdings von der Talseite her zurückgesetzt und nimmt nicht die ganze Tiefe des Hauses ein. Stattdessen ergänzt eine 65 Quadratmeter große Dachterrasse über die Breite des Hauses die Wohn- und Essräume, die sich in diesem Obergeschoss befinden. Ein offenes, weitblickendes Wohnen und Leben, zumal auch große, raumhohe Fenster für Lichtdurchflutung sorgen.
„Hier ist die Sonnenseite“, erklären die Bauherren Simone und Johannes Rupprecht beim Blick über die Dächer hinüber zur barocken Pfarrkirche St. Jakobus. Auf der anderen Hausseite, am Hang, wäre weniger Licht und weniger Platz. Denn in den Hang hinein baute das Ehepaar einen Anbau, einen Kubus, der zwei große Kinderzimmer enthält. Diese Etage befindet sich auf einem Zwischenstockwerk, das über einen zentralen Lichtflur an die Wohnung im Dach- und Obergeschoss angebunden.
Der Anbau lässt, gemeinsam mit dem zurückgesetzten Dachgeschoss, das Haus auch viel sanfter in den Hang eingebettet erscheinen.
Die ungewöhnliche Raumaufteilung – im Dach die Wohnräume, darunter im Obergeschoss die Schlafräume, Bad, Büro – entwickelten die beiden heute 39-Jährigen in etwa einjähriger Planung gemeinsam mit ihrem Architekten Benedikt Gerber (Mühlhausen). Was der Bauherrin Simone außerdem wichtig war: die Raumaufteilung sollte anders sein, als sie es aus dem vorherigen Elternhaus kannte: „Ich wollte nicht in meinem früheren Kinderzimmer schlafen.“
Dass sie in Schraudenbach bleiben und das Elternhaus übernehmen würden, stand für Simone und Johannes Rupprecht bald fest: Kindergarten, Schwimmbad, gute Verkehrsanbindung waren Argumente, vor allem aber Freunde und Verwandte am Ort und eine gute Nachbarschaft in ihrer Finkenstraße, eingegrünt und ruhig.
Das Paar hatte bereits 2005 das Erdgeschoss für sich zu einer 90-Quadratmeter-Einliegerwohnung ausgebaut: inklusive Kellerräumen im Hang, mit großer Terrasse zur Talseite Richtung Dorf. Mit der Ankündigung des zweiten Kindes wurde der Platz allerdings knapp.
Vor allem aber wollten die Rupprechts mit Simones verwitweter Mutter Maria Hofmann unter einem Dach leben. „Wir verstehen uns sehr gut“, bekunden beide Seiten. Und beide sehen nur Vorteile: Die Jüngeren vor allem bei der Betreuung der kleinen Töchter Charlotte und Maike, die Ältere, dass sie nicht alleine wohnen muss. Allerdings: Es sollten getrennte Wohnungen sein, waren sie sich einig: Für die Mutter in der Einliegerwohnung, für die Tochter mit Mann und zwei Kindern im Ober- und Dachgeschoss.
Für die Umbauzeit vom April bis Dezember 2013 zog die Mutter in eine zufällig frei gewordene Mietwohnung im Nachbarhaus. Denn das von ihr bewohnte erste Stockwerk wurde Baustelle: das von den beiden Wohnungen separierte Treppenhaus, Zwischenwände, Verkleidungen oder Fenster wurden entfernt, wobei die jungen Bauherren kräftig mithalfen. Das nicht ausgebaute Satteldach wurde abgenommen und als neues Dachgeschoss mit flachem Satteldach wieder errichtet. Ein großer Raum für Kochen, Essen, Wohnen entstand hier oben.
Glas und Holz bestimmen die Wohnung. Aus 1,10 Meter hohem Sicherheitsglas ist zunächst die Brüstung rund um die Dachterrasse. Auch die Galerie zum Treppenhaus und die Treppengeländer sind gläsern: Garant für viel Helligkeit. Apropos: Die Treppe zieht sofort die Blicke auf sich: Ein Handwerks-Unikat, die Tritte aus alten Eichenbalken, aber in modernem Design.
Gerade von ihren Handwerkern können die Rupprechts nur schwärmen: Kompetent, zuverlässig und sauber hätten sie gearbeitet, unterstreicht das Paar. „Wir haben nur gute Erfahrungen gemacht“.
Um ein energetisch modernes KfW-85-Haus zu erhalten, wurden die Außenwände und Decken gedämmt, dreifach verglaste Fenster überall neu eingebaut. Die untere Wohnung erhielt eine Lüftungsanlage. Eine Pellets-Heizung versorgt das Haus mit Wärme, die Tanks wurden im Hang hinterm Haus eingegraben.
Bei den Kosten für den Umbau nähern sich die Bauherren zwar denen eines Neubaues. Aber „hätten wir woanders neu gebaut, dann hätte das nicht die Qualität, die wir jetzt hier haben“, unterstreicht Johannes Rupprecht. Der Bestand sei ihnen zugute gekommen. Und 200 Quadratmeter hochwertige Wohnfläche plus 90 Quadratmeter Einliegerwohnung hätten sie an anderer Stelle nicht verwirklichen können.
„Es ist doch schön, Altes wieder neu zu beleben“, sagt Simone Rupprecht. Und ihr Mann ergänzt: „Man braucht Mut und Phantasie. Man muss sich trauen, nicht den einfachen Weg zu gehen“.
Tag der Innenentwicklung im Oberen Werntal: Am Samstag und Sonntag, 20. und 21. September, ist das Haus Rupprecht in Schraudenbach, Finkenstraße 26, von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Neben den Bauherren ist auch Architekt Benedikt Gerber vor Ort.
„„Man braucht Mut und Phantasie. Man muss sich trauen, nicht den einfachen Weg zu gehen“.
Johannes Rupprecht