(hh) Kürzlich sah sich am Landgericht ein Mann dem Vorwurf ausgesetzt, eine schwer alkoholisierte Frau, die er kurz zuvor am Roßmarkt kennengelernt hatte, mit nur einer Absicht zu sich nach Hause gelotst zu haben: Er wollte Sex mit ihr. Der Angeklagte argumentierte, dass sie freiwillig mitging. Das Opfer sah das anders. Die Tat war nicht zu beweisen, und es gab nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ einen Freispruch.
Vor der Ersten Großen Jugendkammer geht es seit Montag um einen ähnlich gelagerten Fall einer angeblichen Vergewaltigung. Angeklagt ist wiederum „sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen“. Verantworten müssen sich dieses Mal zwei Männer aus Schweinfurt, 28 und 20 Jahre alt. Ihnen wird vorgeworfen, eine stark alkoholisierte US-Amerikanerin, die sie in einer Schweinfurter Diskothek schon geraume Zeit beobachtet hatten, beim Verlassen der Disco mit diesem Ziel gezielt „abgeschleppt“ zu haben.
Kondome gekauft
Kurz vor Beginn der Putzstunde an jenem Novembersonntag verlassen die Gäste die Disco. Die Amerikanerin, Mitte 20, will zahlen, hat aber kein Geld. Ein Bruder eines der Angeklagten zahlt die Zeche. Er überredet die Frau auch, nicht mit dem Taxi zu fahren. Er, sein Bruder und der Kumpel würden sie in die Kaserne fahren. Die Frau willigt ein.
Laut Anklage sollen die drei Männer genau das vorher abgesprochen haben: betrunkene Frau, leichte Beute. Sie fahren zur Peterstirn, halten unterwegs, kaufen an einer Tankstelle Kondome. Auf dem abgelegenen Parkplatz kommt es zum Geschlechtsverkehr mit den beiden Angeklagten. Der Dritte, der die Zeche zahlte, wollte zwar auch, die Kondome waren aber ausgegangen.
Beide Angeklagte räumen den Verkehr mit der Frau ein. Sie sei aber nicht nur freiwillig mitgegangen, sondern sogar die Initiatorin gewesen, behaupten beide. Schon in der Disco habe sie angebaggert. „Wir haben sie nicht gezwungen, erpresst oder geschlagen, die hat alles freiwillig mitgemacht“, sagt der 28-Jährige.
Video gelöscht
Er berichtet, dass sein nicht angeklagter Bruder einige Sex-Sequenzen mit seinem Handy aufgenommen habe. Während er ihn damals zusammenstauchte, dass er das wieder löschen solle, bedauert der 28-Jährige diesen Befehl heute: „Wenn es das Video noch gäbe, hätten Sie sehen können, dass alles einvernehmlich war“, sagt er zur Vorsitzenden.
Wochen später habe er die Frau wieder in einer anderen Disco gesehen. Sie habe erneut, dieses Mal andere Männer, angemacht. Ans Tageslicht kam das Ganze, weil sich die Frau Dritten gegenüber outete. Es folgte eine Anzeige. Den Angeklagten kam man so auf die Spur: Sie lieferten die Frau nach der Sex-Tour am Kasernentor ab, ein Sicherheitsbeamter notierte sich das Autokennzeichen. Der Prozess wird am Mittwoch (23. Februar) fortgesetzt.