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SCHWEINFURT: Zille im MGS: Zwischen Rinnstein und Akademie

SCHWEINFURT

Zille im MGS: Zwischen Rinnstein und Akademie

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    Die neue Sonderausstellung im Museum Georg Schäfer ist ab 13. November Heinrich Zille gewidmet. Titel: „Heinrich Zille (1858–1929). Zwischen Rinnstein und Akademie“.1902 schrieb Zille auf eine von ihm gezeichnete Straßenszene im Arbeiterviertel das Wort „Rinnsteinkunst“. Er bezog sich damit auf das Urteil Kaiser Wilhelms II., dass die Kunst den Menschen zum Idealen erheben und nicht in den Rinnstein steigen lassen solle. Zille selbst begab sich immer wieder in denselben. Er fühlte sich den untersten Schichten verbunden und verpflichtet, selbst wenn er nur in kurzen Phasen seiner Jugend ein Teil von ihnen gewesen war. Noch während seiner Tätigkeit als Lithograph und Reproduktionstechniker begann er, den „fünften Stand“ zu zeichnen, die Verlierer der Industrialisierung, Arbeiter, Obdachlose, Kleinkriminelle, die Kinder der Hinterhöfe.

    Seine frühen Werke, die sich in kritischer und oft brüskierender Weise mit Themen wie Alkoholismus, Selbstmord, überbelegten Wohnungen und Kindertod befassten, erregten die Gemüter der Betrachter und brachten Zille zunächst den Vorwurf ein, dass er Berlin verunglimpfen wolle. Stattdessen schleuderte er dem damaligen Salonidealismus die Schattenseiten des Fortschritts entgegen und prangerte Missstände an. Schon früh machte er sich hierfür Humor, Satire und das Groteske zunutze. Max Liebermann schrieb hierzu: „Das große Mitleid regt sich in ihm und er beeilt sich, darüber zu lachen, um nicht gezwungen zu sein, darüber zu weinen.“

    Zilles Berliner Typen und ihre Aussprüche sind bis heute weit bekannt, und auch der Künstler selbst wurde durch seine Publikationen, durch Anekdoten und millionenfach verbreiteten Bilder zu einer Berühmtheit. Bereits zu seinen Lebzeiten feierte man sein Werk in Zille-Bällen, Revuen und Filmen. Heute gibt es Zille'sche Milieu-Spaziergänge, Zille-Fassbrause, CDs und Theaterstücke. Dabei geht manchmal der Blick für sein Kunstschaffen verloren. Zudem erscheint er in der Regel als Außenseiter der deutschen Kunst. Er selbst beförderte teilweise diese Ausgrenzung, indem er seine Werke als „Stricheleien“ und „Gekritzel“ bezeichnete und sich auch noch nach seiner Aufnahme in die Preußische Akademie der Künste 1924 als „Pinselheinrich“ neben den „hochgeehrten Professoren“ sah.

    Obwohl er sich erst 1907, nach seiner Entlassung aus der Photographischen Gesellschaft, als freischaffender Künstler etablierte, hatte Zille sich von Anfang an um eine ernsthafte künstlerische Ausbildung bemüht. Während seiner Lithographen-Lehre besuchte er als Abendschüler den Unterricht des anerkannten Berliner Genremalers und Illustrators Theodor Hosemann, der ihn vor allem dazu anregte, zum Zeichnen auf die Straße zu gehen und so die Tradition von Chodowiecki und Menzel weiterzuführen.

    Letzteren bewunderte Zille zutiefst. Ebenso verehrte er William Hogarth und Max Klinger. Als Lithograph stand er in regem Kontakt zur Berliner Kunstszene und einigen ihrer herausragenden Vertreter. Durch seine Arbeit als Reproduktionstechniker lernte er die zeitgenössische Kunst kennen und neben anderen ihrer Vertreter auch Max Liebermann, der zu seinem wichtigsten Fürsprecher wurde. Eine enge Freundschaft verband ihn mit den Bildhauern August Gaul und August Kraus. 1901 zeigte er seine Arbeiten erstmals auf der Ausstellung der Berliner Sezession, 1903 wurde er deren Mitglied. Als weitere einflussreiche Persönlichkeiten seines Umfeldes sind Hans Baluschek, Franz Jüttner und Franz Skarbina zu nennen. Von diesen Kontakten und wechselseitigen Beziehungen ausgehend, zeigt die Ausstellung im Museum Georg Schäfer Zeichnungen und Druckgraphiken Heinrich Zilles aus allen Phasen seines Schaffens sowie Arbeiten seiner Lehrer, Vorbilder und Kollegen. Direkte Gegenüberstellungen erlauben spannungsvolle motivische, inhaltliche und stilistische Vergleiche, stellen Nähen und Gegensätze vor Augen. Photographien und Dokumente geben weitere Einblicke in Zilles Kunst und Künstlerleben.

    Großzügige Unterstützung fand die Ausstellung in Berlin; zu den Leihgebern gehören die Stiftung Stadtmuseum Berlin, der Axel Springer Verlag, die Staatlichen Museen zu Berlin, die Berlinische Galerie und private Sammler.

    Die Ausstellung (bis 6. Februar) eröffnet am 13. November um 15 Uhr. Begleitend erscheint ein Katalog. Am selben Tag findet ab 19 Uhr die MuseumsNacht statt (siehe Infokasten rechts). Die regulären Öffnungszeiten: Di–So 10–17, Do bis 21 Uhr – www.museumgeorgschaefer.de

    Nachts im Museum

    Die MuseumsNacht 2010 des Museums Georg Schäfer findet am Samstag, 13. November, von 19 bis 24 Uhr statt – im Jahr des zehnjährigen Bestehens des Hauses und als Nachklang der Jubiläumsausstellung „Meisterwerke der Portraitkunst“ steht die sechste Nacht diesmal unter dem Motto „Maskenball“.

    Programm: 18.30 Uhr: Einlass, 19 Uhr: Tanzvorführung des Renaissance-Tanzensembles „Scaramouche“ 19.30 Uhr: Kabarett mit Lizzy Aumeier: „Best of Lizzy“; 20.30 Uhr: Renaissance-Tanzensemble „Scaramouche“; ab 21 Uhr: „Polatzky“ mit Swing & Jazz Intermezzi: 15-minütige Kurzführungen durch die Sonderausstellung „Heinrich Zille (1858-1929). Zwischen Rinnstein und Akademie“. Das Haus ist an diesem Tag von 10 bis 24 Uhr geöffnet.

    Karten für 12 Euro, Schüler und Studenten 10 Euro, an der Kasse des Museums. Für Jahreskartenbesitzer ist der Eintritt frei. Besucher, die am Abend vollkostümiert erscheinen, haben ebenfalls freien Eintritt. FOTO: L. ruppert

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