„Laut der Post machen wir zu wenig Umsatz; die Forderungen werden somit nicht erfüllt“, sagt Helga Bulheller. „Der Gebietsbetreuer der Post war doch mit unserer Leistung immer zufrieden.“ Die Agentur habe sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren, die sie in Wettringen besteht, etabliert, berichtet Schneider. Und die Umsatzzahlen gingen nach oben.
Alles wegen der Statistik?
„Wir haben von Anfang an gesagt: Wenn es klappt, ist es gut. Ansonsten müssen wir die Konsequenzen ziehen“, sagt Gottfried Schneider. Dass dies nach so kurzer Zeit soweit ist, damit hat er nicht gerechnet. „Wir erbringen hier eine Leistung, die entsprechend honoriert werden muss. Umsonst arbeiten wir nicht.“ Schneider wird deutlich: „Die Post geht nur nach Statistiken und Zahlen und meint, sie müsse unsere Vergütung so kürzen, dass die Statistiken wieder stimmen.“ Die Schließung sieht er als unfair gegenüber der Bevölkerung an.
Postkunde Werner Wietschorke aus Fuchsstadt versucht die Schließung mit Humor zu nehmen. „Dann machen wir eine Flaschenpoststelle am Ellertshäuser See auf“, witzelt er. Doch eigentlich ist ihm nicht zum Spaßen zumute. „Die nächste Poststelle befindet sich im zehn Kilometer entfernten Madenhausen. Besonders die älteren Leute sind da arm dran. Wie sollen sie dahin kommen, wenn sie ein Päckchen aufgeben oder abholen wollen?“ Auch Michael Müller aus Wettringen bedauert es, dass die Poststelle schließt, selbst wenn er bei dem Unternehmen nur ein Sparbuch hat. „Ich komme fast täglich nach Schweinfurt und kann dann dort auf die Post.“ Doch hätte er ein Konto bei der Postbank, sähe es ein bisschen anders aus.
Die Reaktion der Kunden ist negativ. „Wo sollen wir dann zurückgelegte Pakete abholen“, wird Helga Bulheller immer wieder gefragt. Paketversand, Briefmarkenkauf und die Beratung – in Wettringen bald Vergangenheit. Ebenso wie der kurze Plausch.
Immerhin: Helga Bulheller hat bei Gottfried Schneider, der auch einen Raumausstattungsbetrieb unterhält, Arbeit gefunden. „Sonst säße ich auf der Straße.“
Eingeschaltet hat sich inzwischen auch Bürgermeister Friedel Heckenlauer. Einbußen der Lebensqualität und damit erhebliche Standortnachteile für ländliche Regionen, führt er angesichts der Schließung stationärer Posteinrichtungen ins Feld. Und er sucht Verbündete. Etwa in Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. Bereits 2005 habe Glos' Unterstützung dazu beigetragen, dass die Vertreter der Post „in Bewegung“ kamen und die Postagentur in Wettringen eingerichtet wurde. Eine weitere Postservicedienststelle in Stadtlauringen konnte sich nur kurze Zeit halten.
Nun hat Heckenlauer erneut Glos geschrieben. Darin steht auch, dass ein Vertreter der Post bei einem von Heckenlauer initiierten Gespräch das Bemühen signalisiert habe, im Zentralort Stadtlauringen eine neue Agentur einzurichten. Bewerber würde es geben, Namen seien dem Bürgermeister auf Nachfrage jedoch nicht mitgeteilt.
Heckenlauers Bitte an Glos: Die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen auch weiterhin sicherzustellen. Nach Heckenlauers Erachten muss die Postuniversaldienstleistung geändert und im Zuge einer solchen Änderung auch über die Vergütungen geredet werden. Zug um Zug habe die Post innerhalb der vergangenen Jahre unter Berufung auf ihre Mindestverpflichtung nach der vorgenannten Verordnung beständig Filialen geschlossen und ihr Dienstleistungsspektrum deutlich beschnitten.
Grundversorgung in Gefahr
Während Ende 1997 noch 15 000 stationäre Posteinrichtungen bestanden, reduzierte sich deren Zahl bis Jahresende 2004 auf 13 000, rechnet der Rathauschef vor. Betroffen seien in aller Regel Gemeinden aus ländlich geprägten Gebieten gewesen – wie Stadtlauringen. Zwischenzeitlich habe die Post mehr als 1000 weitere stationäre Einrichtungen geschlossen und die nach der Verordnung vorgeschriebene Mindestanzahl von 12 000 wohl erreicht. Heckenlauer schließt sich ausdrücklich der Ansicht nicht an, damit ließe sich die Grundversorgung mit Postdienstleistungen sicherstellen.
Der örtliche Beauftragte der Deutschen Post habe ihn über die Absicht des Unternehmens informiert, im Markt Stadtlauringen lediglich einen so genannten Post-Point einzurichten. Damit würden in Zukunft weitere Leistungen der Post wegfallen. Friedel Heckenlauer bittet Glos um Unterstützung: „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mithelfen, dieser Entwicklung gegenzusteuern.“ Jetzt wartet er auf Antwort . . .
Das Stichwort
Postagenturen und Post-Points Mit der Postreform Mitte der 90er Jahre lagerte die Deutsche Post Dienstleistungen aus und richtete Postagenturen, meistens in bestehende Geschäfte, ein. Anders als vollwertige Postagenturen bilden so genannte Post-Points, die für Ortschaften unter 2000 Einwohnern geplant worden sind, eine sehr vereinfachte Form der Post. Dort bekommt man ein Basissortiment an Wertzeichen und Paketmarken und kann bereits freigemachte Briefe und Pakete abgeben.