Jetzt ist die ganze radsportbegeisterte Gerolzhöfer Familie Brand der Faszination des Mont Ventoux erlegen. Als Bezwinger aller drei berüchtigten Anstiege des 1912 Meter hohen Gipfels in den Provenzalischen Alpen innerhalb von 24 Stunden hatte 2011 Sohn Joachim Eingang als Mitglied in den erlauchten „Club der Verrückten des Mont Ventoux“ gefunden. Anstatt den 73. Geburtstag gemütlich zu Hause bei Sahnetorte, Kuchen und frisch gebrühtem Kaffee zu verbringen, bevorzugte es nun Mutter Hanna Brand mit ihrem Mountainbike zusammen mit ihrem Mann Horst ebenfalls den Radsportberg im Herzen der Provence zu bezwingen.
Seit Jahren lagen Hanna Brand ihr heute in Hettstadt lebender Sohn und Schwiegertochter Barbara in den Ohren, wie toll es sei, den auch als „weißen Giganten der Provence“ bezeichneten Berg in dieser traumhaften Landschaft zu befahren. Seitdem trug sie die Idee mit sich herum. 2014 reifte nun der Entschluss, den Plan in die Tat umzusetzen.
Der Mont Ventoux ist vor allem durch die zahlreichen Bergankünfte der Tour de France bekannt geworden, bei denen sich die Profis vor allem auf den letzten sechs Kilometern in der mondähnlichen, baumlosen Steinwüste mit den meist heftigen Windböen abplagen müssen.
Der Mythos Ventoux wird auch verstärkt durch den Tod von Tom Simpson, einem englischen Radprofi, der rund 1000 Meter vor dem Gipfel im Jahre 1967 aufgrund von Drogen- und Alkoholmissbrauch vom Rad stürzte und starb.
All das konnte Hanna Brand nicht von ihrem Vorhaben abschrecken. Bereits im Winter absolvierte sie fast täglich morgendliche Einheiten auf dem Hometrainer und radelte ab dem Frühjahr drei- bis viermal wöchentlich mit ihrem Mann Horst fleißig durch den Steigerwald, um für die im Spätsommer auf sie wartende Aufgabe und Herausforderung gerüstet zu sein.
Einradeln auf Traumtouren
Jetzt im September ging es für insgesamt 14 Tage in die Provence nach Villes-sur-Auzon am Fuße des Ventoux. Dort radelten sich die Gerolzhöfer die ersten Tage auf Traumrouten rund um den Berg ein, sodass schließlich die Erklimmung des weißen Giganten starten konnte.
Sohn Joachim, selbst begeisterter Radsportler und als Lehrer und Konrektor an der Verbandsschule Waldaschaff seit Jahren Förderer des Mountainbikens als Schulsport, und seine Frau waren vor Ort. Sie begleiteten Hanna und Horst Brand mit dem Auto, reichten Trinkflaschen, feuerten die beiden an und schossen natürlich zahlreiche Fotos entlang der Strecke.
Der Berg ist, wie erwähnt, von drei Seiten aus befahrbar. Von Bedoin (21 Kilometer, 1610 Höhenmeter, 7,8 Prozent Steigung), von Malaucene (21 Kilometer, 1570 Höhenmeter, 7,6 Prozent Steigung) und von Sault (26 Kilometer, 1180 Höhenmeter, 5,1 Prozent Steigung).
Die Anstiege führen durch Wälder, Weinberge, Lavendelfelder und die oben wartende Mondlandschaft auf den letzten Metern zum Militärturm am Gipfel.
Hanna Brand hatte sich vernünftigerweise für die Südvariante ab Sault entschieden. Dennoch müssen auch in diesem Fall vor allem auf den letzten der sechs Kilometern mit der Tour de France-Strecke identische Steigungen von bis zu 13 Prozent bewältigt werden.
Hanna Brand bewältigte die ersten 20 Kilometer bis zum Chalet Reynard in unter zwei Stunden. Für die steile Schlusspassage in der kahlen Steinwüste benötigte sie nochmals eine knappe Stunde, so dass sie den Gipfel inklusive kurzer Trinkpausen mit ihrem voll gefederten Mountainbike nach einer Gesamtzeit von zwei Stunden und 57 Minuten erreichte. Ihr Mann Horst kam 30 Minuten früher nach 2:27 Stunden an.
Gedenken an den Bruder
Beide freuten sich über das von ihrem Service-Team überreichte Ventoux-Trikot und eine Flasche Ventoux-Wein und waren von der gigantischen Aussicht in die Alpen begeistert, die sie für die Strapazen entlohnte.
Hanna Brand absolvierte ihre Auffahrt im Gedenken an ihren radsportbegeisterten, bereits verstorbenen Bruder. Ihm widmete sie auch ihre Energieleistung auf den Mont Ventoux.
Den eingangs erwähnten Geburtstagskuchen mit frisch gebrühtem Kaffee gab es dann standesgemäß auch noch, und zwar im Anschluss an die sportliche Aktion in der Ferienwohnung in Villes-sur-Auzon.