Gerd Spitzner ist Sennfelder und lebt in Gochsheim. „Deswegen durfte ich früher nicht in Gochsheim als Planbursch auf der Kärm tanzen“, sagte er einmal vor Jahren anlässlich einer Ehrung mit gespielter Traurigkeit. Die Zeiten sind vorbei. Denn Spitzner ist im Plantanzverein einer der treibenden Motoren für die jährliche Ausrichtung der Gochsheimer „Kärm“.
Das Dorfleben wird in den ersten beiden Septemberwochen jedes Jahr vom Treiben um den Plan bestimmt. Tradition, die sich nicht nur, wie Spitzner sagt, „der Gegenwart stellt“, sondern sie vielmehr gestaltet. So erfolgreich, dass die „Gochsumer Kärm“ genauso wie ihr Gegenpart in Sennfeld in das „Verzeichnis des Immaterielle Kulturerbes Bayerns und der Bundesrepublik Deutschland“ aufgenommen wurde. Am 29. Mai holte Hans-Jürgen Schwartling, der Vorsitzende des Plantanzvereins Gochsheim, die Urkunde höchstpersönlich in Berlin ab.
Kirchweih feiern die Leute in der ehemals freien Reichsgemeinde schon seit 1511. Durch den 30-jährigen Krieg verlor Gochsheim die Reichsfreiheit. 1649 erlangte es diese wieder – so festgelegt im Westfälischen Frieden. Gefeiert wurde mit einem Friedensfest am 12. Sonntag nach Trinitatis. Die Kirchweih verlegten die Gochsheimer fortan vom Mai auf den Montag und Dienstag nach dem Friedensfest. Erst im 18. Jahrhundert hat sich das Doppelfest als die „Kärm“ im Bewusstsein der Menschen verankert.
Am Samstag bringen die Burschen mit einem Pferdefuhrwerk den Baum zum Plan, Gochsheims zentralen Platz. Ihre Mädchen begrüßen sie mit vielen Jauchzern. Stolz schmücken die Planmädchen die Krone mit bunten Bändern. Wenn der Baum mit Muskelkraft fest im Boden verankert ist, steigt einer der Burschen hinauf und löst die Seile. Mit laut über den Platz schallenden Jauchzern gibt er den Startschuss für die beiden Festwochenenden.
Vor der Kulisse des historischen Rathauses ist am Kirchweihsonntag ein genauer Ablauf von Bräuchen zu beachten. Machen die Planburschen den Kirchgang am Vormittag noch alleine, dürfen sie ihre Mädchen zum Mittagessen aber mitnehmen. Nach dem Einholen des Plankuchens und dem „Austreten der Gennsdreckli“, das ist der Tanz mit den kleinen Mädchen, holen sie die Planmädchen ab. Angeführt vom „Plaahüpfer“ ziehen die Paare mit Musik auf den Plan. Die Zeremonie vor den Eröffnungstänzen begleitet der „Plaaschenk“.
Die Gochsheimer werden heuer zwei neue Gesichter sehen. Philipp Wagner und Marius Rückel lösen die langjährigen Planhüpfer Stefan Hegler und Planschenk Klaus Wörner ab. Nach dreimaligem Ehrentrunk mit jeweiligem Tusch und der Ansprache des Planältesten Moritz Unteidig, eröffnen die Planpaare traditionell mit Walzer, Rheinländer mit eingesprungenen Drei-Schritt-Dreher, Hüpfer (Schottisch) und abschließenden Drei-Schritt-Dreher den Plantanz. Erst dann ist der Plan für die Öffentlichkeit freigegeben.
Kirchweih ist aber nicht nur Plantanz. In den angrenzenden Straßen sorgen Schausteller und Standbetreiber dafür, dass Spaß und leibliches Wohl nicht zu kurz kommen. Gerd Spitzner hätte heutzutage als Planbursch in Gochsheim eine Chance. Die vermeintliche Rivalität der beiden ehemals freien Reichsdörfer ist Geschichte. Längst sind sich Gochsheim und Sennfeld in inniger Freundschaft zugetan. So sehr, dass sie nicht nur die Kirchweihen parallel feiern, sondern sich am Mittwoch zwischen den beiden Kirchweihwochenenden – genau auf der Gemarkungsgrenze – zu einem gemeinsamen Grenzsteinfest zusammenfinden.
Festprogramm Kirchweihsamstag, 2. September: 14.30 Uhr: Aufstellen des Planbaumes, anschließend Schmücken des Plans; 16 Uhr: Fränkische Volksmusik mit dem Musikverein Gochsheim; 19 Uhr: Abmarsch mit Musik zu den Bürgermeistern, dem Pfarrer und der Gaststätte Rose. Kirchweihsonntag, 3. September: 9.30 Uhr: Festgottesdienst Kirche St. Michael; 13 Uhr: Eintreffen am Plan mit dem Plankuchen, danach „Gennsdreckli austraten“; 14.30 Uhr: Aufzug der Planpaare, anschließend Festbetrieb mit Plantanz; Kirchweihmontag, 4. September: 13.15 Uhr: Eintreffen am Plan mit dem Plankuchen; 14.15 Uhr: Aufzug der Planpaare, anschließend Festbetrieb mit Plantanz; 17.30 Uhr: Ehrung ehemaliger Planpaare, Ehrentänze. Mittwoch, 6. September: 15 Uhr: Gemeinsames Grenzsteinfest mit der Gemeinde Sennfeld; Nachkirchweih-Samstag, 9. September: 14 Uhr: Familientag der Schausteller; 17 Uhr: Musikalische Unterhaltung mit „Cräcker“ und Bocksbeutelbar; Nachkirchweih-Sonntag, 10. September. 9.30 Uhr: Kirchgang, 13.15 Uhr: Eintreffen am Plan mit dem Plankuchen, 14.15 Uhr: Aufzug der Planpaare, anschließend Festbetrieb mit Plantanz und Bocksbeutelbar: