In den Archiven findet sich auch der Name der Kirche, die im zehnten Jahrhundert nach Christus am heutigen Paradeplatz errichtet wurde: Mariae Verkündigung, später auch Allerheiligenkirche genannt.
Joachim Fuchs, Leiter des staatlichen Bauamtes, war sichtlich begeistert über den Fund. Eigentlich ging es, so Fuchs, nur darum, undichte und marode Kanalleitungen im Schatten des Domes zu erneuern. Mit Kameras im Untergrund waren die Experten auf viele Mängel aufmerksam geworden. Daher hatte der Bayerische Staat, der die Baulast des Kiliansdomes zu tragen hat, ein Sanierungskonzept über 260 000 Euro für die Jahre 2009 und 2010 beschlossen.
Und als die Arbeiter das alte Kanalsystem aus den 60er Jahren am Paradeplatz vorsichtig freilegten, entdeckten sie die frühmittelalterlichen Grundmauern. Das staatliche Bauamt war sich seiner Verantwortung bei einem solchen Fund bewusst und vergab die Sicherungs- und Grabungsarbeiten an den erfahrenen Archäologen Dieter Heyse und dessen Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen. Heyse wird nun die Funde weiter freilegen und akribisch in Zusammenarbeit mit Dr. Michael Hoppe vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege einordnen und sichern.
Und auch hier unterstützen Fuchs und sein Bauamt die Grabungen. Um zu verhindern, dass bei den Sanierungsarbeiten etwas verschwindet oder gar zerstört wird, bohren die Arbeiter Löcher in den massiven Fels unter den Überresten der Allerheiligenkirche, um die neuen Kanäle darin zu verlegen.
Existenz nur in den Archiven
Bislang war die Existenz der Kirche Mariä Verkündigung nur aus historischen Quellen bekannt. Lediglich im Zweiten Weltkrieg, als man hinter dem Dom einem Löschwasserteich aushob, stießen Arbeiter schon einmal auf alte Mauern, erläuterte Hoppe. Wenn die Experten alles gesichtet und zeitlich bestimmt haben, werden die Überreste der Allerheiligenkirche wieder versiegelt und es kommt Pflaster auf die Ausgrabungsstätte. Sonst, so Heyse, würden Mauerreste austrocknen und kaputt gehen. Besichtigt werden können die alten Mauern also nicht.
„Wer weiß, ob es in 50 oder 100 Jahren nicht ganz andere naturwissenschaftliche Methoden gibt, mit denen sich der Fund viel genauer untersuchen lässt“, blickte der Archäologe in die Zukunft. Die Mauern jedenfalls werden noch intakt vorhanden sein.