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REGION WÜRZBURG: 111 Tipps aus der Wein-Oberliga

REGION WÜRZBURG

111 Tipps aus der Wein-Oberliga

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    Lesenswert: Cover des Weinratgebers.
    Lesenswert: Cover des Weinratgebers. Foto: Foto: Emons-Verlag

    Der Wein gehört zu den nicht gerade selten bearbeiteten Themen auf dem Buchmarkt. Wer schon mal die deutschen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig besucht hat, dem dürfte die Vielfalt der Neuerscheinungen zu Rebsorten, Lagen und Winzern kaum entgangen sein.

    Da stellt sich schon die Frage, ob es unbedingt noch einen Ratgeber braucht, der einem „111 deutsche Weine, die man getrunken haben muss“ ans Herz legt. So lautet der Titel eines Weinführers, der jetzt im Kölner Emons-Verlag erschienen ist.

    Um es gleich vorweg zu nehmen: Eine kluge Antwort darauf gibt es nicht. Denn dass es neben den 111 besprochen Weinen in Deutschland sicher noch wenigstens weitere 111 durchaus probierenswerte Tropfen gibt, liegt ebenso auf der Hand wie die Tatsache, dass Weinratgeber am Ende eben doch nur eine höchst subjektive Wahrnehmung widerspiegeln – die des Autoren nämlich.

    Wenn man nun die Lektüre von Carsten Henns Buch dennoch empfehlen kann, liegt das am Lese-Vergnügen, das die einheitlich kurzen Artikel des Buches bereiten. Der 1973 geborene Henn, den der Verlag zu den „führendsten Weinexperten Deutschlands“ zählt, kann über Wein schreiben, ohne dass Stil und Wortwahl an mühevoll erstellte Facharbeiten erinnern. Der Leser wird also nicht mit Nasen, Tanninen und Oechsle-Graden traktiert. Stattdessen macht Henn einem lieber von Seite zu Seite den Mund wässrig – nicht nur auf den besprochenen Wein, sondern auf die Weinberge und die Gegend, aus denen der jeweilige Tropfen stammt, gleich mit.

    Wobei wir beim zweiten Vorzug des Büchleins wären: Henn behandelt die deutschen Weinanbaugebiete gerecht. Diese Einschätzung sei aus fränkischer Sicht schon deshalb erlaubt, weil der Frankenwein in vergleichbaren Publikationen regelmäßig einer stiefmütterlichen Behandlung ausgesetzt war, was den teils sehr erfolgreichen Anstrengungen der fränkischen Winzer, Spitzenweine zu produzieren, längst nicht mehr entsprach. Henn stellt 13 Weingüter aus Franken vor, gerade einmal zwei weniger als von der Mosel und auch nur sechs weniger als aus der Pfalz – das ist doch schon was!

    „Das ist modernes Franken mit viel Trinkspaß.“

    Autor Carsten Henn über die getesteten Weine

    Von zwei „Ausflügen“ in den Landkreis Haßberge (Weingut Dr. Heigel, Zeil am Main, und Weingut A. u. E. Rippstein, Sand am Main) und einem Abstecher nach Bürgstadt im Landkreis Miltenberg (Weingut Rudolf Fürst) abgesehen, konzentriert sich Henn auf das mainfränkische Kernland – und wartet dabei auch mit kuriosem Hintergrundwissen auf. Der besprochene „Tauberschwarz“, ein Barrique aus dem Weingut Hofmann (Röttingen), ist demnach – rein historisch natürlich – auch ein gutes Mittel für Darmkranke. Die seltene Rebsorte, die im Taubergrund angebaut wird, galt einst nämlich als wirksame Medizin gegen allerlei Zipperlein in der nämlichen Körperregion. „Gott sei Dank ist das nicht alles, was für den Tauberschwarz spricht“, schreibt Henn erleichtert und lobt die „köstliche Medizin“.

    Vom Würzburger Juliusspital hebt der Autor den Silvaner „Großes Gewächs“ hervor: „Der Wein ist wie das pralle Leben.“ Um dann bei einem Fläschchen aus dem Weingut Schloss Sommerhausen ins Grübeln zu geraten: Einen Wein „Dinarazade ST 5“ zu nennen, darauf muss man erst mal kommen. Man solle sich vom Etikett bloß nicht abschrecken lassen, beruhigt der Autor, der 2009er „Muskatsilvaner & Muskateller“ mit seinem orientalischen Flair sei alles andere als einschüchternd.

    Als Herz des fränkischen Weinbaues darf sich in dem Buch aber einmal mehr der Landkreis Kitzingen fühlen: Sieben der 13 Frankenweine im Buch stammen aus dem Gebiet zwischen Mainschleife und Maindreieck. Mit von der Partie ist zum Beispiel das Weingut Brennfleck aus Sulzfeld mit seinem Silvaner-Sekt, den Henn als gelungenen Gegenentwurf zur gängigen Riesling-Variante feiert. Lob gibt es auch für Johann Ruck (Iphofen), wenngleich die Kapitelüberschrift „Ein Wein zum Vergessen“ auf den ersten Blick etwas irritieren mag. Doch Henn meint's natürlich andersherum: Rucks Silvaner-Spezialität „Myophorium“ braucht „Zeit, um sich zu finden“ – deshalb möge man ihn einfach ein paar Jahre im Keller „vergessen“, empfiehlt der Experte. Danach werde der auf fossilem Boden gewachsene Wein „groß und unvergleichlich“ den Gaumen hinabrieseln.

    Mit Anerkennung bedacht werden außerdem Egon Schäffer (Escherndorf) mit seinem Blanc-de-noir-Sekt, der „Alte Satz trocken“ von Otmar Zang aus Sommerach und Theo Luckerts „Terrassen“ – eine Weißburgunder Spätlese vom Sulzfelder Cyriakusberg.

    Fehlt da nicht noch was? Keine Sorge, an den Escherndorfer Silvaner-Künstlern ist Carsten Henn natürlich nicht vorbeigerauscht. Dem bereits mit vielen Preisen bedachten Horst Sauer wird im Buch bescheinigt, seine edelsüßen Silvaner seien schlichtweg unerreicht. Und von Nachbar Rainer Sauer heißt es: „Silvaner reloaded“ – Silvaner neu erfunden. „Das ist modernes Franken mit viel Trinkspaß“, jauchzt der Autor, und der Leser von „111 deutsche Weine“ schaut nach der Lektüre doch gleich mal im Keller nach, ob da nicht noch ein gutes Tröpfchen zu finden ist.

    Das Buch: Carsten Henn: 111 deutsche Weine, die man getrunken haben muss. Emons Verlag Köln. 270 Seiten, farbige Abbildungen, Preis 12,90 Euro. ISBN: 978-3-89705-849-1.

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