Sie sprechen laut oder leise, stehen aufrecht oder haben die Arme unter dem Pulli versteckt, ihr Blick ist fest oder verlegen auf den Boden gerichtet – die Kinder in den Workshops von Angela Sey und ihrer Tochter Anna sind ganz unterschiedlich. „Aber egal ob die Jugendlichen scheu sind oder Rampensäue, am Ende werden alle eine Gruppe und spielen zusammen. Und das ist wunderbar zu sehen“, so Sey.
Eine Woche oder manchmal auch nur zwei Tage dauern die Theater-Workshops, die in den Oster-, Pfingst- und Sommerferien stattfinden. Bis zu 20 Kinder nehmen teil und machen alles selbst. Am ersten Tag denken sie sich gemeinsam ein Stück aus. „Dabei kommen manchmal auch sehr schräge Wünsche, die wir dann in die Geschichte integrieren müssen“, sagt Sey. In dieser Woche spielen sie ein eher klassisch märchenhaftes Stück. „Wir hatten aber auch schon sehr politische Themen, zum Beispiel etwas über Donald Trump. Es kommt immer darauf an, welche Ideen die Kinder mitbringen“, so Sey.
Alles wird selbst gemacht
Wenn die Geschichte steht, basteln sie zusammen die Kostüme und das Bühnenbild. Jeden Tag wird gemeinsam gefrühstückt und mittags zusammen gekocht. Und dann wird natürlich geprobt. Auch hier wird den Kindern fast alles selbst überlassen. „Überlegt mal ganz spontan, wie fangen wir an?“, leitet Sey das Geschehen, hält sich aber im Hintergrund. Am Ende des Workshops kommen dann Eltern und Freunde, um sich die Aufführung anzusehen.
Der neunjährige Sebastian ist schon zum dritten Mal dabei. Diesmal hat er auch seine Schwester Pauline mitgebracht. „Mein Bruder hat immer erzählt, wie viel Spaß es macht und jetzt wollte ich auch mal mitmachen“, erzählt sie. Viele Kinder kommen jedes Jahr wieder und kennen sich schon von den Workshops. „Manche kommen am Anfang zu uns und umarmen uns zur Begrüßung, das ist einfach schön“, sagt Anna Sey. Die erfahreneren Kinder ziehen dann die Neuen ganz schnell mit ins Geschehen hinein.
Inklusive Workshops seit 15 Jahren
Vor 15 Jahren bot Angela Sey das erste Ferien-Theatercamp an, im Kulturstüble in Höchberg. Über einen Freund gelangte sie an das Theater Augenblick in Lengfeld, in dem Mitarbeiter der Mainfränkischen Werkstätten schauspielern. Dort und im Gramschatzer Wald finden in den Ferien Workshops statt.
Ihre Tochter Anna war von Anfang an dabei, zu Beginn noch selbst als kleine Schauspielerin. Mittlerweile ist sie fest als Juniorchefin eingestiegen und teilt sich die Arbeit mit ihrer Mutter. Außerdem ist sie Fachkraft für Inklusionsassistenz und arbeitet am Gehörlosenzentrum in Würzburg. „Das ist besonders hilfreich, da wir oft Kinder mit Behinderung dabei haben. Auch für ihre Eltern ist es beruhigend, wenn jemand da ist, der sich gut auskennt“, erzählt Anna Sey.
Immer wieder sind Jugendliche dabei, die es weit bringen. Der 16-jährige Jonas zum Beispiel hat bei Angela Sey mit dem Schauspielern vor vielen Jahren begonnen, letztes Jahr hat er in einer lokalen Kinofilmproduktion mitgespielt. „Doch mindestens genauso toll ist es zu sehen, wie schüchterne Kinder aufblühen und ungeduldige lernen, in der Gruppe zu arbeiten“, so Sey.
Bei allen Kindern verbessere sich die Stimmbildung, die Körperhaltung und oft verschwinde auch das Stottern.
Jubiläumsfeier am Freitag
Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Jugendlicher ist ein großes Anliegen von Angela Sey. Kinder mit Behinderung sind ebenso willkommen wie Flüchtlingskinder. „Schon seit letztem Jahr haben wir viele Kinder aus Flüchtlingsfamilien, da findet dann sozusagen eine doppelseitige Integration statt“, so Sey. Die deutschen Kinder sind neugierig auf die Neuen und freunden sich schnell mit ihnen an. „Und afghanische Jungs lernen bei uns, dass Kochen auch ihnen Spaß macht“, erzählt Sey. Der Spaß steht im Vordergrund und hält alle zusammen.
Am Freitag steht die große Jubiläumsfeier an. Dazu präsentieren die Kinder ihr Stück, an dem sie eine Woche lang gearbeitet haben, und es gibt noch eine kleine Überraschungsaufführung. Dass die Arbeit auch in Zukunft von ihrer Tochter fortgeführt wird, freut Angela Sey sehr: „Es ist einfach schön zu wissen, dass alles weitergehen wird und Anna die Arbeit mit genauso viel Leidenschaft macht wie ich.“