Die Freundschaft zwischen Gerbrunn und der Gemeinde Molsheim im Elsass war im Jahr 1995 offiziell noch nicht besiegelt, doch hatten beide Kommunen die ersten sanften Bande geknüpft. Stefan Wolfshörndl hatte noch beste Erinnerungen an jenen Besuch vor 27 Jahren, damals noch als Mitglied des Spielmannszuges. Nicht nur wegen der "tollen Zeit", sagte Gerbrunns Bürgermeister beim Festakt zur nunmehr 20-jährigen Partnerschaft mit Molsheim und deren Verlängerung. Die Gerbrunner Delegation musste damals noch auf Feldbetten in der Rathaus-Garage übernachten. "Mittlerweile wohnen wir bei Besuchen aber in Hotels", fügte Wolfshörndl augenzwinkernd hinzu. Diese kleine Anekdote, die Wolfshörndl in seine Grußworte zum Festakt eingebaut hatte, ließ die rund 70 Zuhörer der Delegationen aus beiden Ortschaften schmunzeln.
Der Partnerschaft, besiegelt im Jahr 2002, waren eine rund zehnjährige offizielle Freundschaft und noch längere Jahre der lockeren Beziehung vorausgegangen. Das stellten sowohl Wolfshörndl als auch sein französischer Amtskollege Laurent Furst deutlich heraus.
Tiefe Freundschaft
Deren Ansprachen ähnelten sich sehr stark: Die Zeit der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, besiegelt mit dem Elysee-Vertrag im Januar 1963, sei schon längst vorbei und in eine tiefe Freundschaft übergegangen. Gerade am aktuellen Krieg in der Ukraine seien Freundschaften die bessere Lösung, und sowohl in Gerbrunn als auch in Molsheim könne diese Partnerschaft nur weiterleben, wenn sie auch außerhalb der offiziellen Treffen auf privater, sportlicher und kultureller Ebene weitergeführt werde.

Beide Reden waren erfreulich launig und nicht so staubtrocken wie so manch andere Ansprachen bei Festakten. Sie waren auch für all diejenigen verständlich, die der jeweils anderen Sprache nicht mächtig waren. Dafür sorgte Danielle Malitzki. Sie ist gebürtige Französin und lebt seit 38 Jahren in Gerbrunn. Vielbeachtet war auch der offizielle Akt der Bekräftigung der Partnerschaftsurkunde samt Gegenzeichnen der beiden Bürgermeister.
Beide Orte wechselten öfter die Seiten
Das Sahnehäubchen des Festaktes in der Mehrzweckhalle Gerbrunn war die Rede von Prof. Dr. Peter Hoeres, Lehrstuhlinhaber für Neuere Geschichte der Uni Würzburg. Er vollbrachte das Kunststück, die Beziehungs- oder besser gesagt Verflechtungsgeschichte zwischen Frankreich und Deutschland in weniger als 25 Minuten abzuhandeln. Molsheim, so der Professor, sei 820 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnt und somit 300 Jahre älter als Gerbrunn. Beide Ortschaften hatten in ihrer langen Geschichte öfter die Seiten gewechselt, manchmal freiwillig, manchmal nicht. Molsheim war mal deutsch, dann wieder französisch (pardon: elsässisch), Gerbrunn gehörte mal zum Hochstift Würzburg im fränkischen Reichskreis, dann zu Bayern, dann zum Großherzogtum Würzburg und seit 1814 endgültig zu Bayern – als "Beute-Bayern", wie sich die Unterfranken seit jeher fühlen und es der Professor schmunzelnd anmerkte.

Die Schokostreusel auf dem Sahnehäubchen waren vier junge Leute: ein Blechbläserquartett der Hochschule für Musik in Würzburg. Tamara Kleinhenz, Bernadette Wolf, Andreas Seifert und Felix Linzmeier. Musikalisch nahmen sie ihre Zuhörer mit in die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven ("Freude schöner Götterfunke"), zum modern aufgepeppten Radetzky-Marsch oder auch zu Goerge Gershwins "I got Rhythm". Alles die ideale Basis für das folgende Mittagessen und das gemütliche Beisammensein, das nach einigen Jahren Corona-Pause umso herzlicher verlief.
