Mit einem großen Sommerfest feierte die Außenwohngruppe AWG 1 des Blindeninstituts jetzt ihren 40. Geburtstag nach. Eigentlich wäre es schon im vergangenen Jahr soweit gewesen, aber Corona-Schutzmaßnahmen hatten dies nicht möglich gemacht. In diesem Jahr konnte die große Gartenfeier nachgeholt werden. Darüber informiert das Blindeninstitut in einer Pressemitteilung, der folgender Text entnommen ist.
Sieben Erwachsene wohnen seit über vier Jahrzehnten im Stadtteil Lengfeld zusammen, fünf von ihnen sind Bewohner der ersten Stunde. Zahlreiche Gäste, darunter Familienangehörige der Bewohner, ehemalige Mitarbeitende und Leitungskräfte sowie Stiftungsdirektor a. D. Hans Neugebauer waren zur Feier des runden Geburtstags in das Haus am Mühlenhang in Lengfeld gekom-men, um der inklusiven Wohngruppe zu gratulieren.
Beginn in einem gemieteten Reihenhaus
Begonnen hatte die Wohngruppe 1981 mit den damals noch Jugendlichen in einem gemieteten Reihenhaus in Würzburg. Das Konzept der neuen Wohnform sah vor, die jungen Menschen mit Blindheit oder Seh- und Mehrfachbeeinträchtigung in einem familienähnlichen Umfeld, weg von der zentralen Einrichtung und inkludiert in den Stadtteil Lengfeld, zu betreuen. Selbstständigkeit und Selbstversorgung hatten oberste Priorität. Die Initiative kam vom damaligen Leiter Wohnen, der selbst schon Kinder mit Sehbehinderung oder Blindheit in seiner Familie aufgenommen hatte. „Das war ein Ansatz, der seiner Zeit weit voraus war und den wir zum Wohle unserer Klientinnen und Klienten natürlich unterstützt haben“, so der damalige Direktor Hans Neugebauer.
Die Gründungs-Mitarbeitenden gingen mit viel Engagement, Idealismus und Kreativität an das Projekt. Das Einkaufen wurde mit Rollenspielen eingeübt, der Weg zum Supermarkt erlernt sowie das Kochen, Tischdecken, Waschen und Putzen trainiert. Ein Nutzgarten wurde angelegt und gepflegt. Da die Jugendlichen noch zur Schule gingen, blieb anfangs viel Raum für die Freizeitgestaltung. Auf dem Programm standen Wandertouren, Tandemfahren und Ausflüge mit Einkehrschwung.
Umzug in das Haus am Mühlenhang
Zehn Jahre später erfolgte der Umzug in das jetzige Wohnhaus am Mühlenhang, nur rund 500 Meter vom ersten Domizil entfernt. Die Stiftung hatte das große Wohnhaus von einer Würzburger Taxiunternehmerin erworben und es den Bedürfnissen der neuen Bewohner entsprechend umgebaut. Jeder junge Erwachsene bekam nun sein eigenes Zimmer.
„Wir sind hier in Lengfeld von Anfang an gut angekommen und aufgenommen worden“, unterstreicht Michael Schlör, Gruppenleiter der AWG 1, in seiner Geburtstagsansprache. Zusammen mit fünf Erwachsenen mit Blindheit oder Seh- und weiteren Beeinträchtigungen warf er einen kurzen Blick zurück in den Alltag der Anfangsjahre. Matthias B., heute 57 Jahre alt, spielte mit den Nachbarskindern immer Fußball, Silvia V. (59 Jahre) ist viel Tandem gefahren. Karin B. (57 Jahre), ist alleine im Kupsch einkaufen gegangen und war zweimal die Woche schwimmen. Und Dietmar U. (59 Jahre) hat gelernt, Hammond-Orgel zu spielen. Einer der aktivsten und von Anfang an dabei, ist Winfried „Wini“ K. (57 Jahre). Er war Ministrant im Ökumenischen Zentrum und viel draußen unterwegs. Mittlerweile ist er in Lengfeld sehr bekannt. „Wie ein bunter Hund“, sagt er und lacht.
Glückwünsche gab es auch von Stiftungsvorstand Johannes Spielmann, der leider nicht persönlich teilnehmen konnte. In seiner Grußbotschaft gratulierte er den Bewohnern der AWG 1 zu ihrer Vorreiterrolle: „Ihr habt Inklusion schon gelebt, als man den Begriff in Deutschland noch gar nicht kannte.“