„Eine fehlende Wohnung und eine fehlende Arbeit sind nicht deren dringlichstes Problem. Es ist das Selbstwertgefühl und die Hygiene“, sagt Sina Trinkwalder. Die Augsburger Unternehmerin hatte schon immer ein besonderes Interesse für Menschen ohne festen Wohnsitz.
So war die Begegnung mit einem Obdachlosen an einem Bahnhof ausschlaggebend für ihr erstes Unternehmen „manomama“ und die Idee, schmutzabweisende und wasserfeste Rucksäcke herzustellen. 30 der sogenannten Brichbags werde die Main-Post von der Unternehmerin kaufen, kündigte Geschäftsführer David Brandstätter beim Neujahrsempfang der Main-Post an. Er hielt sein Versprechen: Nun wurden sie an Vertreter der Bahnhofsmission Würzburg und Schweinfurt übergeben.
„Brichbags“ heißen die helfenden Rucksäcke. Der Name kommt nicht von ungefähr: „Brich“ steht für das englische Wort Bridge (gesprochen Bridsch), also Brücke. Trinkwalder will auf diese Weise eine Brücke zwischen Arm und Reich bilden und den Obdachlosen ein Stück Würde zurückgeben – nicht mehr mit Plastiktüten rumlaufen zu müssen, sich nicht mehr schämen zu müssen, nicht mehr unangenehm zu riechen.
Denn die Rucksäcke, genäht aus Textilresten, die der Sonnenschutz-Hersteller Warema aus Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) zur Verfügung stellt, sollen nicht nur schick aussehen, sie sind gefüllt mit allerlei Hygieneartikeln, ob Mundwasser, Seife oder Desinfektionsspray. Aber auch haltbare Nahrungsmittel wie Studentenfutter und Pulverkaffee finden dort Platz.
Trinkwalder: Es geht nicht um den monetären Wert
„Obdachlosigkeit ist ein Thema was uns alle angeht, wir wollen Aufmerksamkeit schaffen mit den Brichbags“, sagt die Unternehmerin. Es gehe nicht darum, was der monetäre Wert der Rucksäcke ist, sondern was sie für die Obdachlosen bedeuten. Dies wurde besonders deutlich, als die Augsburgerin mit den Obdachlosen in der Bahnhofsmission Würzburg lange Gespräche führte. „Mein Koffer ist erst kaputt gegangen, da kommt der Rucksack genau richtig“, freut sich Andi, dem Trinkwalder stolz einen leuchtend blauen Rucksack übergab, „die Begegnung heute mit Sina ist unbezahlbar.“

Die Main-Post hatte Sina Trinkwalder als Talkgast beim jährlichen Neujahrsempfang im Januar gewinnen können. Dort stellte sie ihr soziales Projekt rund um die „Brichbags“ vor. „Wir haben uns dann spontan dazu entschlossen, 30 Rucksäcke zu erwerben“, erzählt Main-Post Geschäftsführer David Brandstätter bei der Übergabe. Trinkwalder fällte dann die Entscheidung, diese Zahl zu verdoppeln. „So werden wir für die Bahnhofsmission in Würzburg und in Schweinfurt jeweils 30 Rucksäcke haben“, freut sich Brandstätter, „eine tolle Aktion von der wir sehr begeistert sind, dass wir hier in der Region etwas Gutes tun können – vor allem mit einer so charmanten Partnerin wie Sina Trinkwalder.“
Rucksäcke kommen gerade richtig
Auch bei der Bahnhofsmission kommt das Projekt zugunsten der Obdachlosen gut an. „Wir waren sehr überrascht, als wir die Nachricht bekommen haben, dass eine Sozialunternehmerin komme und uns mit 'Brichbags' segnen möchte“, erinnert sich Helmut Fries, Vorsitzender des Fördervereins Bahnhofsmission Würzburg. Er konnte sich zuerst gar nichts unter dem Begriff vorstellen, freue sich nun aber umso mehr darüber: „Wir haben genug Menschen bei uns, die Bedarf haben. Da kommen die Rucksäcke gerade richtig.“
Nach und nach werden die Rucksäcke nun an wohnungslose Bedürftige in Würzburg und Schweinfurt verteilt. So konnten sich deutschlandweit schon über 1500 Obdachlose über eine der „Brichbags“ freuen. „Cool, das ist jetzt mein neuer kleiner Lebensretter“, sagt ein älterer Mann lächelnd und läuft stolz mit seinem neuen neon-orangenen Begleiter in Richtung Bahnhof.