Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: 70 Jahre Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard

WÜRZBURG

70 Jahre Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard

    • |
    • |
    Keine weibliche Domäne mehr: Im Fach Werkpädagogik lernen außer Theresa Loschert auch die männlichen Schüler Michael Schubertrügmer (links) und Aleksandar Milinkovic, gemeinsam mit Kindern kreativ zu sein.
    Keine weibliche Domäne mehr: Im Fach Werkpädagogik lernen außer Theresa Loschert auch die männlichen Schüler Michael Schubertrügmer (links) und Aleksandar Milinkovic, gemeinsam mit Kindern kreativ zu sein. Foto: Fotos: Pat Christ

    Wohin der Vogel wohl fliegen mag? Keine Ahnung! So würde wohl ein Erwachsener antworten. Anders ein Kind. Das wüsste bestimmt eine Antwort. Vielleicht eine ziemlich verrückte. Auf die kein Erwachsener käme. Eben das liebt Aleksandar Milinkovic an Kindern. „Man kann wunderbar mit ihnen philosophieren“, sagt der 20-Jährige, der sich an der 1945 gegründeten Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard (FAKS) in Würzburg zum Erzieher ausbilden lässt.

    Als „Kindergärtnerinnen und Hortnerinnenseminar“ entstand die FAKS vor genau 70 Jahren im Kloster Oberzell. Der Name sagt schon: Männer waren damals tabu. So blieb es auch eine lange Zeit. Erst Anfang der 1970er Jahre wurden die ersten Männer aufgenommen. „Heute schwankt ihr Anteil über alle fünf Ausbildungsjahre hinweg stets zwischen sieben und zwölf Prozent“, sagt Schulleiter Thomas Steigerwald.

    Die Öffnung für Männer war eines von vielen Ereignissen, auf die in den vergangenen 70 Jahren reagiert werden musste. Auch neue Gesetze, etwa das Bayerische Kinderbildungs- und Bereuungsgesetz sorgten für Umwälzungen. 2011 kam es schließlich durch einen Großbrand zu einem dramatischen Ereignis, das Millionenschäden verursachte und die Schule gehörig beutelte. Drei Jahre lang musste im ehemaligen Technikum auf dem Heuchelhof unterrichtet werden, bis 2014 die Rückkehr ins renovierte Schulgebäude möglich war.

    „Mir ist es wichtig, einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht.“

    Michael Schubertrügmer Schüler der Fachakademie

    Aleksandar Milinkovic ist einer von derzeit rund 30 jungen Männern, die den Erzieherberuf ergreifen wollen. Insgesamt besuchen 373 Schüler die Fachakademie. In den ersten beiden Jahren sind sie Erzieherpraktikanten, danach für zwei Jahre Studierende, schließlich Berufspraktikanten.

    An seine eigene Kindergartenzeit erinnert sich Aleksandar Milinkovic noch gut: „Unser Leiter war ein Mann.“ Gespielt, gestaltet und gebaut wurde aber sowohl mit ihm als auch mit den Erzieherinnen. Dass er selbst mit Kindern und Jugendlichen gut umgehen kann, erfuhr der Kampfsportler, als er Trainer in einem Verein wurde.

    „Ich machte in der Schule verschiedene technische und handwerkliche Praktika, aber die gefielen mir nicht“, erzählt Michael Schubertrügmer aus Karbach in Main-Spessart. Bei einem Praktikum in einer Kita fing der 23-Jährige Feuer. Dass Erzieherinnen und Erzieher, obwohl sie nach ihrer Ausbildung „Meisterrang“ haben, viel weniger verdienen als Handwerksmeister, weiß er. Doch das schreckt ihn nicht: „Mir ist es wichtiger, einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht.“

    Auch Schubertrügmer, der gerade sein viertes Ausbildungsjahr absolviert, ist fasziniert von Kindern: „Jeder Tag mit ihnen ist anders.“ Alles, was sie bewegt, möchten sie gleich mitteilen. Und in einem Kinderleben ist immer eine Menge los.

    Anlässlich des Jubiläums wird es am Samstag einen Tag der offenen Tür geben, bei dem auch in Unterricht hineingeschnuppert werden kann (siehe Infokasten). „Es geht um das Thema ,Lernen am Modell?“, erläutert Theresa Loschert, die eine Unterrichtsstunde halten wird. Auch die junge Frau aus Steinfeld in Main-Spessart leistet gerade ihr viertes Ausbildungsjahr ab. Ebenso wie ihre beiden männlichen Kommilitonen hat sie sich für einen Beruf entschieden, der ihr viel Glücklichsein verspricht – auch wenn die Rahmenbedingungen schwierig sind. Besonders reizvoll findet die junge Frau die Arbeit mit Krippenkindern. Gerade hier sei der Beziehungsaufbau von großer Bedeutung: „Das ist wesentlich wichtiger als gutes Material oder teures Spielzeug.“

    Der Tag der offenen Tür ist für die Studierenden nicht bloß ein „Event“ mit originellen Aktionen, sagt Fachlehrer Michael Wolf. Das „Offene“ dieses Tages spiegele das „offene Konzept“ wider, das in den vergangenen Jahren in immer mehr Kitas Einzug gehalten habe. Dahinter steckt die Idee, dass Kinder Konstrukteure ihrer eigenen Welt sind: „Erzieherinnen und Erzieher sind ihre Ko-Konstrukteure.“

    Wobei die jungen Leute, die in der von der Caritas getragenen Fachakademie ausgebildet werden, später keineswegs alle in eine Kita gehen. Das tun zwar um die 60 Prozent. Viele finden aber auch einen Job in der Jugendhilfe, sie arbeiten etwa in einer stationären Einrichtung für Kinder, die aus verschiedenen Gründen nicht in ihrer Familie leben.

    Erzieherinnen und Erzieher, so Wolf, müssen mit Menschen jeden Alters umgehen können. Dies wird auch die Unterrichtsstunde verdeutlichen, die Theresa Loschert hält. Denn nicht nur Kinder lernen an einem Modell: „Sondern auch Erwachsene.“ Was für Erzieherinnen und Erzieher bedeutet, dass sie in jeder Situation um ihre Vorbildfunktion wissen müssen. In der Kita zum Beispiel kommt der Arbeit mit Müttern und Vätern immer größere Bedeutung zu. Was ist etwa zu tun, wenn eine Mutter es zwar für sinnvoll hält, dass ihr Kind in die Kita geht, sie sich aber nicht lösen kann?

    Auch hier funktioniert das Lernen am Modell. Die Erzieherin kann ihr während des Aufnahmeprozesses behutsam beibringen, loszulassen. Und so neue Bildungs- und Lernchancen für ihr Kind zu eröffnen.

    Tag der offenen Tür am Samstag

    Doppelten Grund zum Feiern hat die Fachakademie für Sozialpädagogik St. Hildegard (FAKS). Nach der Rückkehr ins frisch renovierte Schulgebäude, das 2011 einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen war, feiert die Fachakademie in der Peterpfarrgasse 5 ihr 70-jähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür im Rahmen einer Festwoche.

    Eingeladen sind Interessierte, Freunde und Ehemalige; sie können sich am Samstag, 21. März, von 10 bis 14 Uhr bei Vorträgen und Hausführungen über die Ausbildung an der FAKS informieren oder auch den direkten Kontakt zu den Studierenden suchen. „Wer Einblicke in unseren Schulalltag bekommen möchte, kann sich sogar aktiv an einer Unterrichtsstunde beteiligen“, sagt Thomas Steigerwald, seit 2007 Schulleiter der Fachakademie.

    Allen Ehemaligen bietet der Tag der offenen Tür Gelegenheit, auf alte Bekannte zu treffen und gleichzeitig zu sehen, wie sich die Fachakademie und das Berufsbild des Erziehers gewandelt haben.

    Weitere Informationen unter Tel. (09 31) 35 27 40 oder www.faks-wuerzburg.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden