Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: Ärzte-Streit um eine Operation

WÜRZBURG

Ärzte-Streit um eine Operation

    • |
    • |

    Die zehn Monate alte Samina kann wieder lächeln. Die Narbe am Hinterkopf verheilt gut, ist von dichtem schwarzen Haar bedeckt. Vor fünf Monaten wucherte an dieser Stelle ein gutartiger Tumor, ein sogenanntes Hämangiom. Vor Schmerzen schrie das Zwillingsmädchen jede Nacht. An Schlaf war für die vierköpfige Familie aus Aserbaidschan kaum mehr zu denken. Wie in der GU an der Veitshöchheimer Straße üblich, lebt sie zusammengepfercht in einem einzigen Zimmer.

    Doch trotz der Schmerzen, trotz Anraten der Kinderärztin und der Uni-Kinderchirurgie verweigerte Medizinaldirektor Dr. Konrad Kläß als Chef des Gesundheitsamtes eine Operation. Er ging in seiner Diagnose von einem oberflächlich sitzenden Tumor aus. Dieser könne sich verwachsen, ein Eingriff sei nicht erforderlich. Laut Asylbewerber-Leistungsgesetz erfolgt eine Behandlung nur bei „akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen“. Für den Freistaat achtet Kläß auf die Einhaltung der Vorschriften – und damit aufs Geld.

    Kritik an Amtsarzt

    Doch das Hämangiom der kleinen Samina wuchs weiter, bot einen schrecklichen Anblick. Eines Abends schließlich landete das Mädchen als Notfall in der Uniklinik. Dort wurde der Tumor sofort herausgeschnitten. Anders als Kläß sah Oberarzt Dr. Volker Rauh dringenden Handlungsbedarf, weil der Tumor tiefer gesessen habe als vom Amtsarzt diagnostiziert. Dies, so Rauh, habe dann auch die Operation gezeigt. Am Tag nach der OP konnten die Eltern ihr Töchterlein wieder mitnehmen.

    Dennoch beschuldigt Kläß den Oberarzt einer falschen Diagnose – und umgekehrt. Ein bisher einmaliger Vorgang. Sogar über die genaue Lage des Tumors streitet man. Der Amtsarzt spricht vom verlängerten Hals, die Uniklinik vom Hinterkopf (wo die Narbe zu sehen ist). Und das Sozialamt der Stadt weigert sich, die OP-Rechnung – rund 700 Euro – zu bezahlen. Aus Angst, sie nicht wie üblich vom Freistaat erstattet zu bekommen. Man stützt sich dabei auf das Kläß-Gutachten. Entweder bleibt die Klinik nun auf den Kosten sitzen, oder sie geht ins Widerspruchsverfahren. Dann müsste sich ein unabhängiger Gutachter den Fall anschauen.

    „Es geht nicht um die Gesundheit der Menschen, sondern ums Geld“

    Antonino Pecoraro Vorsitzender des Ausländerbeirats

    Das Verhalten des Amtsarztes sorgt nicht nur an der Uniklinik für Unmut. Auch die Caritas hatte sich um das Mädchen und die Familie gekümmert, rannte bei Kläß aber offenbar gegen eine Wand: „Zweimal hat er einfach den Hörer aufgelegt. Das ist mir in 17 Jahren noch nicht passiert“, berichtet Flüchtlingsberater Rainer Jäckel, über den sich Kläß seinerseits bei der Caritas beschwert hat. Deutliche Kritik übt auch der Würzburger Ausländerbeirat an der Gesundheitsversorgung der Asylbewerber und am Amtsarzt. Er bewillige Behandlungen zu restriktiv und folge nicht den Gutachten von Fachärzten. „Es geht nicht um die Gesundheit der Menschen, sondern ums Geld“, schimpft Antonino Pecoraro als Vorsitzender des Beirates.

    Konrad Kläß hingegen bestreitet alle Vorwürfe. Fachlich habe er sich in Saminas Fall nicht geirrt. Ruppige Umgangsformen pflege er nicht. Und notwendige Behandlungen würden selbstverständlich bewilligt. Auch bei Leistenbrüchen zum Beispiel. „Da wird immer operiert“, sagt Kläß. „Die Mehrzahl wird abgelehnt“, ist dagegen im Sozialamt zu hören. Was also nun? Es gibt viel Widersprüchliches im Miteinander und Gegeneinander von Behörden und Kliniken. Ausbaden müssen es die betroffenen Patienten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden