Alle Kommunalpolitiker, die aufhören wollen oder müssen, zu würdigen, würde den Rahmen eines Artikels sprengen. Daher sind die Scheidenden alle in der Grafik mit Foto verewigt. Fünf Politiker, die besonders lange dabei waren, hat sich die Redaktion herausgepickt.
Gerhard Franke ist einer der dienstältesten Stadträte überhaupt. 1972 wurde er als SPD-Mitglied in den Stadtrat gewählt und dort saß er ohne Unterbrechung bis zum Jahr 2008. Von 1990 bis 2002 vertrat er die Stadt als Bürgermeister. Es war nicht immer leicht für ihn, erinnert sich der 66-Jährige. Er wurde nämlich aus der Partei ausgeschlossen. Heute sieht er den Vorgang als Mobbing an. „Die wollten mich loswerden“.
Bitter war für ihn, als seine Partei im Jahr 1996 Rainer Boutter als OB-Stellvertreter aufstellte, um ihn abzulösen. Mit einer bewegenden Rede schaffte er es, den Stadtrat zu überzeugen und wurde gegen den Willen der SPD wiedergewählt. Dann wechselte er zu den Unabhängigen Wählern und von dort zur Würzburger Liste. Enttäuscht ist Franke nicht, dass er kein Mandat mehr im Stadtrat hat. „Ich hätte eigentlich nicht mehr kandidieren sollen.“
Einer, der freiwillig Platz macht, ist Dr. Werner Fischer von der Freien Wähler Gemeinschaft. 1978 betrat er die Stadtratsbühne als CSU-Mann, doch schon vier Jahre später wechselte wegen parteiinterner Probleme zu den Freien Wählern. Und dort blieb der pensionierte Studiendirektor die übrigen 26 Jahre. „Ich bin glücklich über meine Stadtratszeit“, sagt Fischer, der seine Schwerpunkte im Sozialen und in der Kultur sieht.
Fasziniert hat ihn, mit wieviel unterschiedlichen Leuten man als Politiker zu tun hat: von Yehudi Menuhin, über gekrönte Häupter bis zum einfachen Mann auf der Straße. Sein Herz hing in der ganzen Stadtratszeit an Grombühl, dort war er im Vereinsring stark engagiert. Er hat viel diskutiert und mit beschlossen in den 30 Jahren: Neubau des Ratssaales, Brücke der Deutschen Einheit, Congress Centrum. Besonders hart war es für ihn, als das Mozart-Gymnasium den Schulbetrieb einstellen musste. Sein Wunsch an seine nachfolgenden Stadträte: „Lasst es nicht zu Polarisierungen kommen.“
Er verzichtete auf vordere Listenplätze, um den Nachwuchs ranzulassen und verpasste damit sein Stadtratsmandat: Hans-Otto von Truchseß. Es ärgert ihn ein wenig, dass die Wähler auch den Nachwuchsleuten keine Chance gaben. Truchseß ist genauso wie sein Fraktionskollege Fischer 30 Jahre im Stadtrat. Er machte von 1978 bis 1984 als SPD-Mann Stadtpolitik. Dann kam das Zerwürfnis, denn Truchseß wandte sich mit einem Leserbrief an die Zeitung und sprach sich gegen eine politische Besetzung der WVV-Chef-Posten aus. Die Fraktionschefs von CSU und SPD sollten die begehrten Jobs bekommen. Damit attackierte er auch seinen eigenen Fraktionsvorsitzenden Herbert Wolf.
„Wenn Zeitvergeudung im Stadtrat strafbar wäre, gäbe es viele Freiheitsstrafen.“
Reinhart Stumpf WL-Stadtrat
„Die Lage wurde unerträglich und ich wechselte zu den Freien Wählern“, erinnert sich Truchseß. Sein Hauptaugenmerk galt dem Stadtbild und so wundert seine Antwort auf die Frage nach dem Tiefpunkt des Stadtrates nicht: „Die Entscheidung, den Hotelturm zu bauen.“
Reinhart Stumpf schmiedete zusammen mit anderen politisch Interessierten 1989 die Würzburger Liste, um Jürgen Weber ins OB-Amt zu hieven. Gemeinsam mit ihm zog Stumpf 1990 in den Rat ein. „Eigentlich wollte ich nur zwei Wahlperioden bleiben, aber als Fraktionschef der WL nicht mehr anzutreten, hätte der Kandidatur von Weber im Jahr 2002 geschadet.“ Weber wurde allerdings trotzdem abgewählt. Die 18 Jahre waren erfolgreich, sagt Stumpf und nennt Projekte, an denen er maßgeblich beteiligt war: Das Cinemaxx mit Hotel und der Kulturspeicher. Ganz schlimm findet er, dass es nie eine Mehrheit für eine Beschränkung der Redezeit im Stadtrat gab. „Wenn Zeitvergeudung im Stadtrat strafbar wäre, gäbe es viele mehrjährige Freiheitsstrafen.“
CSU-Mann Wolfgang Zirkelbach tritt freiwillig von der Stadtratsbühne ab. Er will Jüngeren Platz machen und das hat die CSU im neuen Stadtrat auch verwirklicht. Er „politisierte“ seit 1972 mit einer kurzen Unterbrechung. Der engagierte Pädagoge erinnert sich an einige Kuriositäten aus früheren Zeiten. Es war ziemlich eng, wenn der Stadtrat im Wappensaal tagte, denn der große Ratssaal wurde erst 1987 fertig. Und den Räten qualmten öfters die Köpfe, denn es durfte sogar bei den Sitzungen geraucht werden. Zirkelbach: „Kollege Truchseß ließ das dann gerichtlich untersagen.“ Oder die Haushaltsberatungen, die im Schullandheim Aschau im Chiemgau stattfanden. Um den Räten zu ersparen, mit dem Jugendherbergsbesteck essen zu müssen, wurde eigens das Tafelsilber aus dem Ratskeller mitgenommen.